Liebe ahoi
er nur deshalb nicht aussah wie ein Serienkiller, weil er ständig lachte.
»Ja, du hast recht«, gab Sarah zu. »Dabei wird es sicher toll. Sonne und Meer, und das Schiff muss auch umwerfend sein. Ich sollte mich glücklich schätzen.«
»Wow, du bist unglaublich.« Callum pfiff leise durch die Zähne. »Wie kann man sprechen und dabei gleichzeitig auf der Unterlippe herumkauen?«
»O nein, hab ich das schon wieder getan?« Sarah kramte in ihrer Schreibtischschublade nach der Vaseline und schmierte sich eine dicke Schicht auf die Lippen. »Ich schwöre bei Gott, bei jedem aufregenden Event, auf dem ich jemals war, sahen meine Lippen aus, als wäre ich mit dem Mund in eine Küchenmaschine geraten. Auf meiner eigenen Hochzeit habe ich ausgesehen wie Angelina Jolie. Und das meine ich nicht positiv.«
Callum lachte. Schon wieder. Dieses Maß an guter Stimmung war nicht normal. Er war die personifizierte gute Laune, von den Göttern entsandt, um ein Büro zu einem glücklicheren Ort zu machen. Oder er hatte weit hinten in einer seiner Schreibtischschubladen eine Flasche versteckt, aus der er heimlich trank. Das wäre nicht schlecht – sie könnte jetzt gut einen Schluck vertragen.
Natürlich hätte Sarah einfach mit dem Fuß aufstampfen und sich weigern können mitzufahren, aber wie spießig hätte das ausgesehen? Schließlich wurde David fünfzig, und er wollte seine Familie um sich haben. War das nicht eigentlich fantastisch? Und hatte sie nicht genau das von Anfang an fasziniert an ihm?
Um sich ein bisschen aufzumuntern, bejahte Sarah diese Frage mental und ignorierte die Wahrheit einfach: Was sie in Wirklichkeit von Anfang an zu ihm hingezogen hatte, war die Tatsache, dass er der charismatischste, selbstbewussteste, intelligenteste und witzigste Mann war, dem sie je begegnet war. In ihrem letzten Studienjahr war er Dozent an ihrem College gewesen und hatte einen Vortrag über die Zukunft der Zeitungsverlage gehalten. Trotz seiner schonungslosen These, dass es sich wegen der Konkurrenz mit Internet und vierundzwanzigstündig sendenden Nachrichtenkanälen um eine sterbende Branche handle, erwogen zweihundert Studenten am Ende seiner Rede, vom Hauptfach Marketing zu Journalismus zu wechseln. Nicht nur sein braunes Haar mit den grauen Schläfen oder die breiten, durchtrainierten Schultern und die funkelnden grünen Augen gaben ihm etwas Verwegenes, nein, David Gold besaß Ausstrahlung. Autorität. Und ein sensationelles fotografisches Gedächtnis.
Sie war jedenfalls völlig verblüfft gewesen, als sie ihm bei einer Wohltätigkeitsgala einige Jahre später wieder begegnet war. Er hatte einfach ignoriert, dass sie eigentlich als Bedienung arbeitete, und sie wie eine Prinzessin behandelt. Erst viel später begriff Sarah, dass er dieses Talent im Laufe der Jahre durch seine vielen Interviews und seinen Kontakt zu den Reichen und Mächtigen im Lande kultiviert hatte.
Nachdem sie sich an jenem Abend mit David unterhalten hatte, wusste Sarah schon, dass er ganz besonders war. Der Altersunterschied war ihr völlig gleichgültig. Genau wie ihr Fünf-Pfund-Job, den sie zusätzlich angenommen hatte, um von ihrem bescheidenen Praktikumsgehalt bei einer der angesagtesten Marketingagenturen Glasgows leben zu können. Er hatte sie eingeladen, mit ihm auszugehen, und sie hatte ihr Serviertablett an Ort und Stelle fallen lassen. Die folgenden acht Stunden hatten sie in einem Nachtcafé verbracht, sechs Wochen später waren sie verheiratet.
Die große Familie war wie ein Hochzeitsgeschenk gewesen. Bekam nicht jede Braut einen Toaster, ein silbernes Salatbesteck, zwei Exfrauen und eine Instantfamilie?
»Also, was wirst du tun?« Mit Appetit biss Callum in das Hefegebäck, das er soeben aus einer braunen Papiertüte gezaubert hatte.
Behutsam zupfte Sarah einen Krümel ab, der auf seinem Oberschenkel gelandet war, während sie ihre Antwort überdachte. Manchmal fragte sie sich, wie es wohl wäre, wenn sie eine ganz normale Beziehung hätte. Junger Mann begegnet junger Frau. Sie gehen zusammen aus. Verloben sich. Heiraten. Bekommen Kinder. Mist, blödes Thema.
Geübt, wie sie im Finden spontaner Antworten war, antwortete sie: »Keine Ahnung. Was würde deine eins achtzig große amazonenhafte kluge Anwaltsfreundin an meiner Stelle tun?«
Callum zuckte mit den Schultern. »Sie hat mich verlassen.«
»Nein!«
»Leider doch. Sie sagte, ich sei ihr nicht fokussiert genug. Sie brauche jemanden, der einen Plan habe, am Ball bleibe
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