Liebe ahoi
„Gehen Sie voraus, Sir."
Marc verzog keine Miene und wandte sich um. „Sie sollten mir noch sagen, wo Sie Ihre Sachen haben. Ich lasse sie dann morgen abholen."
Sie hatte zuletzt auf dem Sofa einer älteren Witwe geschlafen, die die Freundin einer Bekannten war und streunende Katzen sammelte. Einmal nicht mit sechs oder acht Tierchen das Lager teilen zu müssen war eine verlockende Vorstellung. „Okay, ich
werde Ihnen die Adresse aufschreiben", erwiderte Maxine, als sie ihm von der Küche in einen Flur folgte.
„Gut." Er öffnete eine Tür und schaltete das Licht ein. „Das ist Ihr Zimmer." Es war ein kleiner, einfach eingerichteter Raum, dessen altmodisches Mobiliar eine gemütliche Atmosphäre schuf. „Das Bad liegt am Ende des Flurs, und hier nebenan befindet sich mein Zimmer."
„Ihr Zimmer?" fragte sie entsetzt.
Marc betrachtete sie mit noch verschlossenerer Miene. „Dies ist mein Cottage, Miss
Baptiste. Ich dachte, es wäre Ihnen klar."
Maxine spürte, wie sie in Panik geriet, wusste allerdings nicht, warum. „Wohnen Sie
nicht oben auf dem Hügel?"
„Nein." Er lehnte sich gegen seine Zimmertür. „Das habe ich einmal, aber nun bin ich hier zu Hause."
Sie war überrascht. Susan und er hatten auf sie nicht wie ein getrenntes Ehepaar
gewirkt. Lässig zuckte sie die Schultern. „Das ist wirklich schade."
„Ach ja?"
Maxine blickte weg, um ihre Gefühle in den Griff zu bekommen. „Sie leben also
getrennt?"
„Wie bitte?"
„Sie leben also getrennt von Ihrer Frau und Ihrem Kind." Sie konnte nicht anders, sie musste ihn wieder ansehen.
Marc verschränkte die Arme vor der Brust. „Von meiner Frau und meinem Kind?"
„Hören Sie nicht gut, Doc? Ich rede von Susan, also Mrs. Merit, und Ihrem Baby Kyle. Die beiden wohnen auf dem Hügel und Sie hier unten?"
Er ist zweifellos eine blendende Erscheinung, allerdings auch ein ausgesprochener
Griesgram, überlegte sie und runzelte die Stirn. Doch eben bei Susan hatte er sich sehr charmant gezeigt. Vermutlich hatte er sich irgendetwas zu Schulden kommen lassen und versuchte momentan, sie zurückzugewinnen.
„Was hat Sie beide auseinander gebracht?" fragte Maxine und wunderte sich, warum sie das überhaupt von ihm wissen wollte. „Lag es vielleicht an der langen Arbeitszeit oder an zu vielen verliebten Arzthelferinnen?"
Marc betrachtete sie mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck. „Wie bitte?"
Maxine seufzte ungeduldig. Wie konnte ein studierter Mann nur so begriffsstutzig sein?
„Warum leben Sie und Susan nicht zusammen?"
„Warum wir ...? Oh."
„Oh?" Was sollte denn das für eine Antwort sein. „Wollen Sie mir damit sagen, dass es allein Ihre Sache ist?" Eigentlich war es das auch. Ja, sie war vielleicht manchmal zu direkt, was wahrscheinlich damit zusammenhing, dass sie von klein auf mit ihren Eltern die Welt bereist hatte und etwas unkonventionell aufgewachsen war.
„Sie haben Recht, Miss Baptiste, es geht Sie nichts an. Da es allerdings kein Geheimnis ist, warum Susan und ich nicht zusammenleben, werden Sie es ohnehin bald herausgefunden haben." Schalkhaft sah er sie an. „Ich vermute einmal, dass ihr Ehemann etwas dagegen hätte."
„Ihr Ehemann?" wiederholte sie verwirrt. „Aber sie ist doch Mrs. Merit?"
„Ja, das ist sie. Sie ist mit Jake Merit verheiratet und meine Schwägerin."
Nun war Maxine völlig durcheinander und auch leicht entsetzt. „Warum hat sie sich
dann bei Ihnen für das Baby bedankt?" Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, bereute sie sie. „Nein, nicht!" Abwehrend hob sie die Hände. „Manches will ich nicht zu meiner Sache machen."
Spöttisch verzog er den Mund. „Nicht oft genug, wie mir scheint." Er stieß sich von der Zimmertür ab. „Aber damit Ihr Zartgefühl nicht zu sehr leidet ... Susan hat sich bei mir bedankt, weil ich ihnen bei der Adoption des Babys geholfen habe."
So dumm war sie sich noch nie vorgekommen. Warum hatte sie nur den Mund nicht
halten können! „Das ergibt einen Sinn", erwiderte sie leise.
„Wie schön, dass Sie das finden! Jetzt werde ich heute Nacht gleich besser schlafen", erklärte er sarkastisch und ging an ihr vorbei auf die Küche zu. „Was würden Sie gern essen?"
Maxine blieb noch einen Moment stehen, denn sie musste erst einmal seine spitze
Bemerkung verdauen. Außerdem hatte sie das ungute Gefühl, dass er sie zum Narren
gehalten hatte. Er hatte nur den Begriffsstutzigen gespielt und sich köstlich amüsiert, als sie einen falschen Schluss nach
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