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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schlinge sein?
    Es waren immer die gleichen Fragen, die Tumow mit harter, lauter, manchmal spitzer Stimme gegen Kolzow abschoß wie eiserne Pfeile. Die alte Taktik, den Gegner zu zermürben, um ihn einmal, nur ein einziges Mal bei einem Widerspruch zu ertappen. Das würde dann die Wunde sein, von der aus man den ganzen Kerl aufriß. Aber Tumow irrte sich. Kolzow antwortete immer das gleiche, so geschickt Tumow auch seine Fragen mischte und sie schließlich wie ein Maschinengewehrfeuer auf Kolzow herunterprasseln ließ, hin und her springend in den Themen, fünfmal hintereinander die gleiche Frage, bis einem das Gehirn kochte … aber Kolzow hielt stand.
    Der Kerl ist hart wie ein Deckenbalken, dachte Tumow. Man kann mit der Axt in ihn hineinschlagen – er verdaut es! Aber er kennt mich nicht, das ist es. Er würde sonst wissen, daß es vergeudete Zeit ist, sich mir gegenüber als der Stärkere zu benehmen.
    »Jelena Antonowna war also hier?« fragte er zum dreißigstenmal. Kolzow nickte kurz.
    »Ja.«
    » Sie wohnte bei dir?«
    »Ja.«
    »Und sie sagte, daß sie mit dem Deutschen flüchten will.«
    »Nein.«
    »Wann fuhren sie ab?«
    »Vor sechs Tagen, am Morgen.«
    »Liebten sie sich?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Wie benahmen sie sich?«
    »Wie sich Reisende benehmen.«
    »Hatten sie Pläne?«
    »Der Deutsche wollte nach Wolgograd.«
    »Was taten sie die Tage über, als sie bei dir waren?«
    »Sie fuhren herum und sahen sich die Gegend an. Oft saßen sie stundenlang am Don.«
    »Sie wollten in den Westen –«
    »Nein.«
    Tumow stand auf und trat ans Fenster. Draußen hatte sich halb Perjekopsskaja versammelt und umlagerte die vier Autos aus Wolgograd. Die Milizsoldaten hatten das Parteihaus umstellt und die Maschinenpistolen schußbereit vor die Brust gehängt. Es sah aus wie bei einer Revolution, und im Grunde genommen war es auch eine. Tumow lehnte die Stirn an die Scheibe und betrachtete die Menschenmenge. Meist waren es junge Burschen und Weiber … die Älteren hielten sich zurück, standen im zweiten Glied und bildeten eine düster blickende Mauer. Nur ein Uralter – wer konnte es anders sein als Väterchen Babukin – tat sich hervor, sprang in einer alten Kosakenuniform hin und her und beschimpfte die Milizer aus Wolgograd.
    »Ihr krummen Kesselflicker!« schrie er. »Gibt es im Land nicht wichtigere Dinge, als hier herumzustehen? Was hat Kolzow euch getan? Ein guter Mensch ist er, ein aufrechter Kommunist, ein ausgezeichneter Kosak! Aber was gilt das noch? Da kommen diese jungen Rüden her und spielen Autorität. Nur weil sie ein Pistölchen haben und eine Mütze mit rotem Stern auf dem hohlen Schädel! Ist das hier ein Räubernest, he? Sind wir Massenmörder? Platz da … ich will ins Haus! Ich bin Mitglied der Partei! Niemand kann mich hindern, in das Haus meiner Partei zu gehen! Ha!« Der alte Babukin tat einen Sprung hoch in die Luft, als zwei Milizsoldaten ihn festhielten. »Seht euch das an, Genossen! Sie greifen mich an! Diese Rotznasen legen Hand an mich! Zu Hilfe, Freunde! Zu Hilfe!«
    Er hüpfte um die Milizsoldaten herum wie ein Feuertänzer und spuckte gegen ihre Uniformen. Tumow trat vom Fenster zurück. Kolzow stand noch immer so da wie vor fünf Stunden, festgerammt in den Fußboden.
    »Sie wissen alle etwas!« schrie Tumow plötzlich und riß Kolzow an der Schulter herum. »Auch du! Jelena Antonowna ist nicht nach Wolgograd gefahren. Du weißt es genau!«
    »Nein.«
    »Und wenn ich es dir beweise?«
    »Das wäre ein Wunder, Genosse Major.«
    »Ein Wunder wäre es, wenn du an mir nicht zerbrichst.« Tumow riß die Tür auf, sprach mit einem davorstehenden Milizer und kam ins Zimmer zurück. »Noch bin ich höflich … aber es gibt auch andere Methoden.«
    »Das ist mir klar«, sagte Kolzow ruhig. »Aber auch Sie müssen einsehen, Genosse, daß aus einer Maschine, die Federn stanzt, keine Pappschachteln herauskommen können –«
    Tumow winkte lässig ab. Er hatte keinen Sinn für Parabeln … er spürte, daß das Geheimnis Jelena Antonownas hier in diesem Dorf am Don verborgen lag, daß alle, die da draußen herumstanden und die Miliz beschimpften, mehr wußten, als Tumow ahnte. In Perjekopsskaja endete die Spur … später hatte niemand mehr den Wagen und die beiden Reisenden gesehen. Tumow hatte sich eingehend erkundigt, er hatte in allen Dörfern auf der Straße nach Wolgograd fragen lassen. Nein, hieß es. Einen Wagen aus Moskau mit einer schönen Frau und einem Mann? Das wäre uns

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