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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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… er kommt wirklich … er ist nicht irgendwo entgleist …«
    »Väterchen –« Njuscha legte den Arm um ihn. »Wir werden wiederkommen –«
    »Du versprichst es mir, mein Seelchen?«
    »Ich verspreche es dir, Väterchen.«
    Sie küßten sich, während der Zug einlief und fauchend stehenblieb. Genau vor ihnen war eine Abteiltür, und vier Menschen, ein Mann und drei dicke Frauen, saßen bereits im Abteil und sahen mißtrauisch auf den Berg aus Säcken, Körben und Kisten.
    »Steigt ein!« stammelte Kolzow und riß die Tür auf. »Bei Gott, steigt schnell ein … das Gepäck folgt dann …«
    Evtimia fiel Njuscha weinend um den Hals. Sie küßte sogar Bodmar, und Vater Ifan hob sein Kreuz, sang die Strophe irgendeines Chorals und segnete die Abfahrt. Es war ein großer Augenblick. Im Abteil sanken die drei Frauchen sofort auf die Knie und sangen mit, sehr zur Verblüffung des anderen Gastes, anscheinend eines Herrn aus der Stadt, denn er war anders gekleidet als die Menschen vom Don.
    Vater Ifan segnete die drei Weiber mit, und dann schob man Njuscha und Bodmar in das Abteil. Was nun folgte, war das Niederbrechen einer Lawine. Kalinew, Babukin, Kolzow und Tutscharin begannen die Kisten und Bündel in das Abteil zu werfen. Die drei Weiber kreischten und wehrten sich mit Händen und Füßen gegen das Gepäck, traten um sich, warfen es Kolzow zurück an den Kopf und schrien dabei, als ginge es um ihr Leben.
    »Holt sie heraus!« brüllte der alte Babukin. »Schafft Platz, Genossen!«
    Selbst Vater Ifan, der sie vorher noch gesegnet hatte, schrie sie an: »Unheiliges Volk! Siehst du nicht, daß eine höhere Notwendigkeit waltet?«
    Die drei Weiber – sie kamen aus Rogoshino und wollten in Wolgograd eine gute Stellung in einer Großwäscherei antreten – waren uneinsichtig. Zehn Minuten lang flogen die Gepäckstücke hin und her, drückten Babukin und Kalinew die Kisten ins Abteil und bekamen sie wieder vor die Füße geworfen, bis Alanow dem Kampf ein Ende bereitete und das Signal zur Abfahrt blies. »Njuscha, mein Töchterchen!« schrie Evtimia auf, als die Wagen anruckten und sich langsam in Bewegung setzten. »Ich bete für dich … ich bete für dich …«
    »Mütterchen!« Njuscha beugte sich aus dem Fenster. Sie streckte die Arme weit aus, und jetzt, als es unwiderruflich war, daß sie alles verließ, was einmal ihre schöne Welt gewesen war, als sie Kolzow am Schienenrand stehen sah, kerzengerade, ein unerschütterlicher Kosak, aber die Tränen liefen ihm in Bächen über die Backen, und der Schuster Kalinew war da, klein, krummbeinig, und er weinte auch, und der uralte Babukin salutierte mit seinem Kosakensäbel, der Sargmacher Tutscharin winkte mit einem dreckigen Taschentuch, und Vater Ifan hob das goldene Kreuz hoch in die Luft, und die Abendsonne ließ es aufleuchten als sei es in Blut getaucht, und die Berge des zurückbleibenden Gepäcks türmten sich, und die Pferdchen wurden unruhig und wieherten hell … als das alles langsam zurückblieb, als es versank in die Unendlichkeit von Steppe und Himmel, da schrie Njuscha auf, klammerte sich an den Rahmen des Fensters und schrie: »Vater! Mütterchen! Verzeiht mir! Verzeiht mir! Ich liebe euch alle … alle …«
    Aber der Abschied war noch nicht zu Ende.
    Auf dem Bahnsteig entstand eine große Bewegung, als der Zug das Stationsgebäude passiert hatte. Die Männer von Perjekopsskaja sprangen auf ihre Pferde, Kolzow rannte zu seiner Troika und setzte sich mit einem Sprung hinter die Zügel.
    »Hoi!« brüllte er, ergriff die Peitsche und hieb auf die Kruppen der Pferde. »Hoi! Ihr lahmen Hunde! Ihr hinkenden Frösche! Wollt ihr wohl laufen? Streckt euch … fliegt … soll ich euch Pfeffer in die Ärsche blasen? Hoi –«
    Hinter ihm galoppierten die Pferde heran. In breiter Reihe, so wie sie als Kosaken ihre Angriffe geritten hatten, jagten die Männer über die Steppe, neben dem Schienenstrang her, holten den fauchenden Zug ein und schrien jauchzend über ihren Triumph. Vornweg raste Kolzow mit seiner Troika, die Gäule hatten den Hals vorgestreckt, die Mähnen flogen, die Glöckchen bimmelten wie toll, kaum berührten die Beine die Steppe, wirklich zu fliegen schienen die Pferdchen … und Kolzow stand in der Troika, breitbeinig, wie aus Eisen gegossen, hieb auf die Gäule ein schrie ihnen zu und winkte hinüber zu Njuscha, deren Fenster er sich näherte.
    »Er holt den Zug ein!« jubelte Njuscha und beugte sich aus dem Abteil. »Sascha … sieh nur,

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