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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie vor Gericht stellte und verurteilte. Tumow trat zurück ins Zimmer. Noch immer saß Kolzow in strammer Haltung hinter dem Tisch.
    »Ich habe Respekt vor Ihnen, Dimitri Grigorjewitsch«, sagte Tumow und legte die Hände auf den Rücken. »Sie sind ein Held. Aber an der verkehrten Stelle. Es gibt keinen Menschen, der mein Verhör übersteht.«
    »Das glaube ich Ihnen, Genosse Major.« Kolzows Augen verdunkelten sich. »Aber ein Toter hat keine Angst mehr.«
    »Noch leben Sie.«
    »Körperlich. Innerlich bin ich bereits gestorben. Das ist ein wunderlicher Zustand: Die Welt wird einem so gleichgültig. Auch Sie, Major …«
    Tumow drehte sich wieder um. Die Augen Kolzows irritierten ihn. Sie machten es ihm unmöglich zu brüllen. So sieht ein Tier aus, das verblutet, dachte er. Ein Hirsch, der auf dem Waldboden liegt und zum letztenmal das Rauschen der Bäume und das Singen der Vögel hört. »Kolzow –«, sagte er heiser. »Zum letztenmal: Kommen Sie heraus mit der Wahrheit.«
    »Ich müßte lügen, wenn ich etwas anderes sagen würde als bisher«, antwortete Kolzow.
    Tumow drehte sich langsam um. In seinem Blick stand Kolzows Ende. »Wir würden den Don umleiten, wenn es nötig wäre«, sagte er ruhig. »Wir würden die Steppe in einen See verwandeln, wenn es uns nützlich erschiene. Es gibt nichts, Kolzow, was wir in Moskau nicht können! Wir schießen Astronauten ins Weltall und lassen den Mond umkreisen … glauben Sie, daß ich ausgerechnet einen alten Kosaken vom Don nicht zum Reden bringen könnte? Ich habe meine eigenen Methoden, die zwar nicht ganz legal, aber dafür um so wirksamer sind. Und wer fragt schon nach Recht, wenn man Erfolge vorweisen kann?«
    »Gewiß. Aber ein Kosak wird immer nur sagen, was er weiß.«
    »Dann gehen wir –«
    Kolzow erhob sich. Als er jetzt zur Tür ging, war sein Schritt schleppend und schwer. Es gehört Kraft dazu, erhobenen Hauptes und mit straffem Rücken in das ewige Dunkel zu gehen, um so mehr Kraft, wenn man die Sonne so liebte wie Dimitri Grigorjewitsch. Aber er zögerte nicht … er schleifte zwar die Füße über den Boden, denn wie Zentner waren seine Sohlen, doch er blickte sich nicht um nach Tumow, der im Zimmer stehenblieb, noch lauschte er nach hinten, voll Hoffnung, das Wunder könne geschehen, daß Tumow sagte: »Kolzow, fahren Sie zurück nach Perjekopsskaja, ich glaube Ihnen.«
    Bei Tumow gab es weder Wunder noch Glauben.
    Auf dem Flur empfingen Kolzow zwei Milizer. Sie nahmen ihn zwischen sich, gingen mit ihm zum Fahrstuhl und fuhren hinunter in den Keller Nr. III. Hier, drei Stockwerke unter der Erde, stießen sie Kolzow in eine große Zelle. Sie war leer, eine Gruft aus Beton, bis auf einen Gegenstand, der mitten in diesem Grab stand. Es war eine Art Bock, mit Lederriemen und Schnallen.
    Kolzow setzte sich auf den Bock, legte die Hände auf seine Knie und starrte hinauf zur weißgetünchten Betondecke.
    Lebt wohl, dachte er. Alle grüße ich. Dich, Evtimia … immer warst du ein braves, treues Weib. Es war schwer mit mir, ich weiß es. Ich habe oft gebrüllt und auf den Tisch geschlagen, ich habe dich sogar verprügelt, wenn der große Zorn über mich kam, ungerecht war ich oft, launisch, ein Vieh von einem Kerl … aber du warst immer geduldig und verzeihend, du warst immer eine gute Frau, auch wenn du ein paarmal mit dem Schöpflöffel oder dem Fleischklopfer auf meinen Schädel schlugst. Das Leben ist nun einmal so, Evtimiuschka … hart, wild und schwer, wenn man am Don wohnt. Aber schön war es doch, nicht wahr? Verzeih mir, Evtimia, daß ich so gelebt habe, wie es mir paßte … du warst ein einmaliges Weib, denn du hast mich trotz allem geliebt.
    Und du, Njuscha, mein Töchterchen? Irgendwo in dieser Stadt bist du jetzt. Werde glücklich mit Sascha. Liebe ihn, wie deine Mutter mich geliebt hat. Ich segne dich, mein Engelchen.
    Er senkte den Kopf, schloß die Augen und dachte an sein vergangenes Leben. Wenn man es jetzt an der Schwelle zum großen Nichts betrachtete: Es hatte sich gelohnt. Es war das Leben eines echten Kosaken gewesen, verwegen wie ein junger Hengst, überschäumend wie der Don im Frühjahr, frei und nur dem Himmel verantwortlich wie die Steppe. Wer so gelebt hat, kann mit ruhigem Gewissen sterben, dachte Kolzow. Ein wenig früh ist es zwar, man hätte noch zehn Jahre am Ufer des Flusses sitzen können, vielleicht auch zwanzig Jahre, denn die Kerle am Don sind ein Menschenschlag, vor dem selbst die Krankheiten Angst haben. Man

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