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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Geschöpf Gottes«, sagte er zu den Männern von Perjekopsskaja. Dann wandte er sich ab und ging majestätisch zu seiner Kirche zurück. In der Dunkelheit brachte ihm der alte Babukin das Gesetzespergament des Atamanen Koljopin.
    Granja Nikolajewitsch Warwarink trieb vierzehn Tage auf dem Don. Wo das Floß ans Ufer gespült wurde, fragte man nicht lange, sondern gab ihm einen neuen Stoß zur Mitte des Flusses. Niemand holte Granja vom Pfahl, zog die einsam treibende Gestalt ans Land und begrub sie in der gütigen Erde. Niemand fragte auch, woher der Tote kommen konnte. Selbst die Fischer im Don fuhren mit ihren flachen Booten an ihm vorbei, ruderten einen Bogen um das Floß und ließen es weitertreiben.
    Erst in Rostow, am Asowschen Meer, nahm eine Patrouille der Flußpolizei das Floß in Schlepp und brachte es in den Hafen. Aber da war Granja Nikolajewitsch schon nicht mehr zu erkennen … Krähen und Elstern hatten seinen verwesenden Körper zerhackt, und das erste, das bis auf die Knochen zerfiel, war sein Gesicht –
    *
    Kolzow war in Wolgograd in eine kleine, enge, niedrige Zelle im Keller des neuen Gerichtsgefängnisses eingeschlossen worden. Wenn er stand, konnte er mit der Schädeldecke die rohe Betondecke berühren, und wenn er die Arme ausstreckte, ganz gleich, nach welcher Seite, berührte er die nackten, feuchten Wände. Es gab kein Licht in dieser Zelle, und Kolzow vermißte es auch nicht. In einem Sarg brennt keine Lampe, sagte er sich. Und das hier ist ein Sarg. Sogar ein besserer, als ihn Tutscharin machen kann.
    Er setzte sich auf einen Schemel, das einzige Möbelstück in diesem Raum, lehnte den Kopf und den Rücken an die Wand und wartete. Die Finsternis war wie ein Trost … wenn man sich an sie gewöhnte, war die ewige Nacht gar kein Schrecken mehr.
    Aber Tumow dachte nicht daran, Kolzow so ruhig sterben zu lassen. Er arbeitete alle Aussagen durch, las noch einmal Jelenas mysteriöses Telegramm aus Wolgograd, brütete über die Worte Granjas und nahm sich vor, Perjekopsskaja in den nächsten Tagen gründlich zu durchsuchen und mit Hilfe einer Kompanie Soldaten das Schweigen dieses Dorfes aufzubrechen. Vor allem Granja wollte er noch einmal befragen, im Beisein der anderen Männer. Er wußte, wie diese Verhöre verlaufen würden und daß es nötig war, die ganze Härte einzusetzen, die Gnadenlosigkeit des Jägers, der einem Wolf auf der Fährte ist.
    Am Abend wurde Kolzow aus seiner Zelle geholt und nach oben geführt. Tumow saß bequem in einem Sessel, deutete auf einen zweiten Sessel, winkte der Wache, abzutreten, und schob Kolzow eine Schachtel Papyrossa und ein Glas mit Rotwein zu. Kolzow setzte sich zögernd. Die Freundlichkeit Tumows war wie ein Kuß des Teufels.
    »Dimitri Grigorjewitsch«, sagte Tumow mit der gütigen Stimme eines Priesters, der für seinen Opferstock wirbt, »warum sollen wir uns zerfleischen? Ich habe mir Ihre Akten kommen lassen … Sie waren ein tapferer Soldat, wurden mehrmals ausgezeichnet und bis auf die dumme Sache nach dem Krieg, wo Sie sich der Bewegung anschlossen, die eine selbständige Kosakenrepublik am Don verlangte und wofür man Sie in Woronesch einsperrte, gelten Sie als ein guter Kommunist. Warum wollen Sie jetzt, im Alter, ein Starrkopf sein? Erzählen Sie mir, was in Perjekopsskaja mit Jelena Antonowna geschehen ist und wo sich Ihre Tochter Njuscha versteckt. Die Klärung dieser Fragen führt mir den Deutschen von selbst in die Hände. Also, mein Freund … berichten Sie.«
    Kolzow trank einen Schluck Wein, er rauschte durch seinen leeren Magen wie Feuer, und steckte sich eine Papyrossa an.
    »Ich habe nichts zu erzählen, Genosse Major«, sagte er. »Sie wissen genau soviel wie ich.«
    »Kolzow, Sie sind der erste Mann, vor dem ich gestehe, daß ich nichts weiß.« Tumow öffnete eine auf dem Tisch liegende Akte. »Das macht mich zu einem Raubtier, verstehen Sie das? Vor einer Wand stehe ich, hinter der das Geheimnis aller Fragen offenliegt … und ich werde diese Wand einreißen, mit Meißel, Hacken oder Granaten … denn diese Wand sind Sie, Kolzow.« Tumow hielt ein schmales Blatt Papier hoch. Kolzow erkannte es sofort, es war ein Formular der Post. »Dieses Telegramm wurde aus Wolgograd nach Moskau geschickt. Von Jelena Antonowna. Aber sie hat es nicht aufgegeben. Wer war in Wolgograd auf dem Postamt I?« Tumow beugte sich vor und hielt das Telegrammformular Kolzow vors Gesicht. »Wer?« schrie er dabei. »Wer? Sie wissen es, Kolzow –«
    *
    Drei

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