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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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    Um acht Uhr klingelte das Telefon beim deutschen Botschafter in Moskau. Er saß am Kaffeetisch und las den mit der gestrigen Post eingetroffenen neuen SPIEGEL. Die Stimme des Presseattachés war erregt und hilfesuchend.
    »Herr Botschafter, haben Sie schon die PRAWDA gelesen?«
    »Nein. Etwas Besonderes?«
    »Ein unerhörter Vorfall. Darf ich Ihnen die Überschrift des betreffenden Artikels vorlesen? Auf der ersten Seite, und nicht nur in der PRAWDA, in allen Zeitungen Moskaus: Deutscher Journalist als Doppelmörder! Gastfreundschaft der Sowjetunion wurde mit Mord belohnt …« Der Attaché verschnaufte etwas. »Der Artikel ist ungeheuerlich …«
    Um zehn Uhr fand in der Deutschen Botschaft eine Konferenz statt. Um elf Uhr meldete sich ein hoher Beamter des sowjetischen Außenministeriums an. Er brachte eine Protestnote und überreichte sie steif, mit verschlossener Miene, dem Leiter der politischen Abteilung, einem Botschaftsrat. Die Einladung, Platz zu nehmen und den Vorfall zu besprechen, nahm er mit sichtlichem Widerwillen an. Seine Instruktionen waren klar: Kein Entgegenkommen in dieser skandalösen Angelegenheit. Keine Kommentare.
    »Das ist uns allen unverständlich«, sagte der Botschaftsrat betreten, nachdem er die Protestnote gelesen hatte. Auf dem Tisch lagen die Moskauer Morgenblätter, in der Telefonzentrale der Botschaft summten die Leitungen. Das Außenministerium in Bonn, die Redaktion der Kölner Zeitung, für die Eberhard Bodmar nach Rußland gefahren war, das Innenministerium als vorgesetzte Behörde des Amtes für Verfassungsschutz telefonierten pausenlos mit Moskau und den Abteilungsleitern der Botschaft. Die großen, internationalen Presseagenturen fragten in Bonn an … ihnen war am frühen Morgen die TASS-Meldung durch die Fernschreiber gelaufen. Die große Frage war überall die gleiche: Kann so etwas wahr sein? Ist Bodmar so etwas zuzutrauen? Was für ein Mensch ist er?
    »Bodmar ist ein völlig unbescholtener Mann«, sagte der Botschaftsrat und blätterte in den Notizen der bisherigen Telefongespräche. »Er ist ruhig, besonnen, intelligent, einer der jungen Journalisten, die global denken, den Krieg verabscheuen, die Freundschaft besonders mit der Sowjetunion befürworten …«
    »Aber er hat zwei Menschen getötet.« Der Beamte des sowjetischen Außenministeriums sah an dem Deutschen vorbei. »Warum soll ein Mörder nicht unbescholten, intelligent, besonnen und ruhig sein bis zu dem Zeitpunkt, wo er eben Mörder wird?«
    »Wir halten das bei Bodmar für völlig ausgeschlossen.«
    »Vergessen Sie nicht, daß eine – nein zwei Frauen im Spiel sind.« Der Russe lächelte mokant. »Menschliche Charaktere verwandeln sich, wenn ein hormonaler Überdruck eintritt.«
    Der Botschaftsrat blickte verzweifelt in seine Papiere. Gegen diese Argumentation gab es keinen Widerspruch. Die Fälle waren zu häufig, wo vernünftige Männer einer Frau wegen zu Idioten wurden. »Bodmar ist flüchtig«, sagte der Diplomat nervös. »Seine Schuld ist nicht sicher. Man hat noch nicht einmal die Toten gefunden. Ich weiß nicht, warum Ihre Regierung diesen völlig ungeklärten Fall so hochspielt und zu einer politischen Waffe werden läßt.« Er tippte mit dem Zeigefinger auf die Note. Der Russe blickte an ihm vorbei mit dem unbeweglichen Gesicht eines asiatischen Schattenspielers. »Wir werden den Protest sofort nach Bonn weitergeben, auch wenn er uns unverständlich ist. Sollte Bodmar wirklich ein Mörder sein, so ist das immer noch eine private Tragödie, aber kein politischer Fall. Es ist doch absurd, das Verhalten eines einzelnen Journalisten zum Verhalten des ganzen deutschen Volkes zu erklären.«
    »Des westdeutschen Volkes!« berichtigte der Russe höflich. »Herr Bodmar kam in die Sowjetunion, angeblich um eine Reportage der Versöhnung zu schreiben. Was tut er wirklich? Er mordet! Wenn das nicht symptomatisch für die gesamte westdeutsche Geisteshaltung ist! Wir haben Herrn Bodmar die größten Freiheiten gewährt, die je ein Journalist in unserem Land hatte. Wir haben damit unsere Gutwilligkeit betont, mit allen Völkern in Frieden zu leben. Was geschieht? Er mordet! Er verschwindet im Land. Wir sind überzeugt: Er wird im Auftrag des deutschen Geheimdienstes militärisches Geheimmaterial über die Grenze zu bringen versuchen. Das war sein

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