Liebe am Don
das Formular sinken und blickte über die Leute von Perjekopsskaja. Alle senkten die Köpfe, bekreuzigten sich wie zur Osternacht und schwiegen. Nur der Don rauschte durch das Schilf, und die Pferde scharrten mit den Hufen. »Unser Bruder wurde von uns genommen!« rief Ifan mit donnernder Stimme. »Wie ein Held starb er, das wissen wir! Nur ahnen können wir, was er gelitten hat. Leute, wir haben die Pflicht, Dimitri Grigorjewitsch unsterblich zu machen. Bis ein Denkmal für ihn entworfen ist wollen wir ihm eine Gedenkstätte bauen. Hier am Ufer des Don. Spuckt in die Hände, Freunde … aus den Steinen im Fluß errichten wir ihm eine Pyramide.«
Es begann ein Arbeiten wie beim Turmbau zu Babel. Die Weiber standen im Fluß und holten die schönsten Steine vom Grund, warfen sie in langer Kette von Hand zu Hand ans Land und gaben sie weiter an die Männer, die auf einer breiten Grundfläche aus den Steinen des Don das Denkmal für Kolzow zu schichten begann.
Babukin und Tutscharin gerieten dabei in Streit und bespuckten sich wie Straßenjungen. »Eine Spitze kommt drauf!« schrie Babukin. »Was ist eine Pyramide ohne Spitze?«
»Wir lassen oben eine Plattform!« schrie Tutscharin zurück. »Wir wollen eine Fahne auf ihr hissen! Tag und Nacht soll sie wehen. Und Weihnachten und Ostern und an Dimitris Geburtstag und an seinem Todestag werden wir dort oben Salut blasen.«
Sie kamen zu keiner Einigung und gingen wie die Kollektensammler von einem zum anderen und holten die Meinungen ein wie Bienen den Honig. Am Abend schnitten die Bewohner von Perjekopsskaja Fackeln aus getrockneten Hölzern, umwickelten die Stangen mit Werg und tauchten sie in Öl, zündeten die Fackeln an, formierten sich zu einem langen, stummen, flammenden Trauerzug und marschierten vom Don herauf über die Straße zum Hause Kolzows.
Evtimia erwartete sie. Sie saß in einem alten Korbsessel vor der Tür, die Hände gefaltet, über dem Gesicht den Witwenschleier. Großmutter Klitschuka hatte ihr schonend beigebracht, daß Dimitri Grigorjewitsch nicht zurückkehren würde, etwas, was Evtimia schon lange ahnte. »Noch weiß man nicht, was mit ihm in Wolgograd geschehen ist«, sagte die Klitschuka zartfühlend. »Es bleibt sich auch gleich: Er lebt nicht mehr. Evtimia Wladimirowna, mein armes Weib.« Sie küßte die erstarrte Evtimia auf beide Wangen, setzte sich in die ›schöne Ecke‹ und begann laut zu jammern, wie es üblich war unter guten Nachbarn und Freunden.
Ab und zu kamen an diesem Tag andere Weiber ins Haus und berichteten vom Pyramidenbau am Don-Ufer. Ein regelrechter Pendelverkehr entwickelte sich, der Evtimia auf dem laufenden hielt. »Babukin, der schielende Teufel, und Tutscharin bespucken sich«, war eine der Meldungen, die die Weiber um Evtimia in Erregung versetzte. »Es gibt bereits zwei Lager … die einen wollen eine Spitze auf dem Denkmal, die anderen eine Plattform, wo man Trompete blasen kann. Sie schlagen sich noch die Schädel ein, die tollen Hunde.«
Aber nun, beim feierlichen Fackelzug zu Ehren des toten Kolzow, war aller Streit vergessen. Babukin und Tutscharin ritten friedlich nebeneinander, ihre lodernde Fackel in der Faust, und da auf der Sowchose die Arbeit auch beendet war, fuhren die Arbeiter unter Führung des Brigadiers Sadowjew in vier Lastwagen nach Perjekopsskaja, ergriffen flammende Holzscheite und reihten sich schweigend in den Zug ein. Ein Flammenmeer war's was da vom Don zum Hause Kolzows anrollte, die Glocke der Kirche läutete – dort hing der Vorsänger Luka Nikolajewitsch Muschkar am Glockenseil, ein verwachsenes Männlein mit einem Buckel wie ein Mehlsack, aber mit einer hellen Stimme begabt, von Gott geschenkt, Gott damit zu loben –, die Pferde wieherten und tänzelten, die Weiber und Kinder weinten leise, die Flammen prasselten aus dem Holz, und nur die Großmutter des Kosaken Blenischew, ein stocktaubes Weib, neben der man Kanonen abschießen konnte und sie hätten dabei noch gesagt »herein«, als klopfte es an der Tür … also diese Blenischewa allein vollführte einen großen Lärm, weil ihre Enkel sie mitschleppten und keiner ihr verständlich machen konnte, worum es eigentlich bei dieser Feier ging.
Evtimia saß vor dem Haus wie eine Königin. Ihr bleiches Gesicht, von neuen Runzeln zerfurcht, blickte starr über die Menge. »Ich habe nicht gewußt, wie sehr Dimitri Grigorjewitsch von euch allen geliebt wurde«, sagte sie, als Kalinew zu ihr trat, sie auf die Wangen küßte und mit
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