Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
drei Stunden lang geweint, einen herrlichen, festen Sarg mit viel Verzierungen gekauft, hatten mit Blumen nicht gespart, und Borja genoß jetzt den Duft von Rosen und Nelken und schlief herrlich. Man hörte es … er schnarchte wie ein Eber im Winter.
    Es dauerte lange, bis Bodmar und Njuscha durch Schütteln und Rufen Aljexin aus seinem tiefen Schlaf herausholten. Verwirrt saß er dann auf der Erde hinter dem Sarg, und das Geheimnis, warum ihn die Gegenwart der Toten nicht störte, war allein vom Geruch her schon gelöst: Jeden Abend, wenn alle den Friedhof verlassen hatten und Borja allein war mit seinen Toten, soff er eine Flasche Wodka aus und ertränkte damit den tiefsitzenden Kummer über sein Leben.
    »Wir werden Väterchen Dimitri Grigorjewitsch würdig begraben«, sagte Borja, nachdem ihm Bodmar alles erklärt hatte. »Macht euch keine Sorgen, er wird den besten Platz bekommen. Los gehen wir gleich, ihn zu besichtigen.«
    Es war wirklich ein schöner Flecken Erde, in dem Kolzow für ewig ruhen sollte: Nahe der Friedhofsmauer, unter einer hohen Birke, wie sie auch in Perjekopsskaja wuchsen, ein Platz, über dem von morgens bis abends die Sonne stand und über den der Wind rauschte, als blase er in das Steppengras. Ein Platz voller Melancholie, denn er lag außerhalb der Gräberreihen im neuen, noch nicht eröffneten Teil des Friedhofs, im Reservequadrat V, um es amtlich auszudrücken. Nach Schätzungen der Verwaltung würde dieses Stück erst im Jahre 1980 belegt werden, wenn die Sterblichkeit in Wolgograd sich nicht bis dahin geradezu katastrophal vergrößern sollte. Aber damit war nicht zu rechnen … die Menschen wurden immer gesünder und damit älter.
    »Es wird mindestens fünfzig Rubel kosten, um den Inspektor zu bestechen«, sagte Borja, als Njuscha mit dem Platz einverstanden war. »Und wir müssen Väterchen heute nacht noch begraben. Es ist unmöglich, ihn hier zu verstecken mit der Würde, die ihm zukommt. Oder soll er im Geräteschuppen unter alten Säcken warten?«
    »Nein«, sagte Njuscha. »Aber wo bekommen wir einen Sarg für Väterchen her, mitten in der Nacht?«
    »Erst müssen wir die Leiche holen.« Borja blickte in den fahlen Nachthimmel, seufzte und trottete zurück zum Hauptgebäude. Dort steckte er den Kopf unter einen Wasserstrahl, schüttelte sich wie ein nasser Hund und zeigte zu einem flachen Handkarren, der an der Wand stand. »Wir können ihn nicht mit vier schwarzen Pferdchen hereinholen und die Glocken läuten lassen«, sagte er, als er Njuschas Blick begegnete. »Es ist eine Schande, aber bis zum Sarg muß er in einem Sack reisen.«
    In dieser Nacht geschah etwas in Wolgograd, was sich so schnell nicht wiederholen würde:
    Der ehrbare Greis Sifkow, dessen Herz einen überfahrenen Hund nicht ausgehalten hatte, wurde aus seinem Sarg in der Leichenhalle des Friedhofes geholt, in einem billigen Sack auf einem Handkarren quer durch die Stadt zum Krankenhaus Nr. 1 geschoben und dort in den Leichenkeller gebracht. Dabei zeigte es sich daß man die Verwandten betrogen hatte, denn das teure Seidenhemd des Alten war nur ein Lappen, der hinten mit Bändern zugebunden war, ein großer Latz also, weiter nichts. »Gauner und Diebe alle!« schimpfte Borja. »So machen sie aus einem Hemd zwei. Wer dreht auch einen lieben Toten im Sarg um und guckt nach, ob er hinten bekleidet ist?«
    Mit Glawiras Universalschlüssel kamen sie ungehindert in den Keller des Krankenhauses Nr. 1, klebten den Leukoplaststreifen mit dem Namen Kolzow dem alten Sifkow an den dicken Zeh, banden Dimitri Grigorjewitsch das Betrugshemd um den nackten Körper und deckten Sifkow mit dem Laken zu. Dann trugen Bodmar und Borja den schweren Kolzow hinauf zu dem Flachkarren, der im Hof des Krankenhauses im Schatten der Wand stand, dort, wo sonst die Wagen der Sarglieferanten parkten. Borja schob Kolzow in den Sack, deckte ein paar Ziegelsteine darüber, als transportiere er Baumaterial, und rieb sich die Hände.
    Um sie herum war vollkommene Stille. Hinter den langen Fensterreihen brannte nur ab und zu ein trübes Licht. Dort lag ein Schwerkranker oder warteten die Nachtschwestern auf den Morgen. Nur im Operationstrakt der Unfallstation leuchteten die Fenster in gleißender Helle … hier war immer Betrieb, denn eine Großstadt wie Wolgograd spie die Verletzten zu jeder Stunde aus.
    »Ein Totengräber ist der einzige Beruf, der zukunftssicher ist«, sagte Borja, spannte sich in die Deichsel des Karrens und rannte los. Bodmar

Weitere Kostenlose Bücher