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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der Njuscha darauf erkannte, denn Nacktheit ohne Kopf ist das blankste Rätsel überhaupt … aber daß dieses Foto in den Händen des KGB war, bedeutete äußerste Gefahr.
    Borja genoß das Bild bis zum Abend, dann wurde er ein Lüstling auf seine Art. Er drehte sich aus der Zeitung die Zigaretten für die besinnlichen Stunden des Feierabends neben seinen Särgen. Das Foto reichte für drei Zigaretten – eine rollte er mit den Brüsten, die zweite mit dem Nabel, die dritte mit dem Unterleib. »Ich werde das Körperchen inhalieren, Söhnchen«, sagte er breit grinsend zu Bodmar und rieb sich die Hände. »Sie wird ganz in mir verschwinden. Gönn einem alten Mann dieses Vergnügen –«
    Am Abend gab es bei der Familie Volkow einen großen Krach. Es gelang der Volkowa zwar, Arkadijs Zeitung zu erobern und zu verbrennen, aber an Großvaters Zeitung kam sie nicht heran.
    »Du Teufelin!« kreischte der Alte und rannte durch die Wohnung. »Du Satan! Mißgönnt mir ein Bildchen! Hättest du nur ein Zehntel von ihr …« Er schwenkte die Zeitung und schoß dann in sein Zimmer, bevor seine Schwiegertochter das Blatt erhaschen konnte. Er kam erst wieder heraus, als das Essen auf dem Tisch stand und sich die Familie gesittet benehmen mußte, weil Njuscha und Bodmar bei ihnen saßen und für die Rubel, die sie täglich ablieferten, das Recht auf ein trautes Familienleben gekauft hatten.
    Großväterchen Iwan Feodorowitsch aber konnte nicht an sich halten. Er blinzelte Bodmar zu, stieß ihm unter dem Tisch gegen das Schienbein, rülpste und mummelte und benahm sich wie ein alter Bock unter jungen Ziegen.
    »Liest du die Zeitung, Sascha?« fragte er endlich.
    Die Volkows starrten den Alten an, als wollten sie ihn ermorden.
    »Ja«, sagte Bodmar. Er ahnte, worum es ging.
    »Immer aktuell, immer der Zeit voraus.« Der Alte rollte mit den Augen. »Und Fotos bringen sie –«
    »Heute war die Zeitung besonders schön.«
    »Du sagst es. Söhnchen, mit dir kann man reden.« Der Alte warf seiner Familie einen vernichtenden Blick zu und schob seinen Stuhl an Bodmar heran. »Man muß die Sache politisch sehen. Wir reifen heran. Wir schießen Astronauten in den Weltraum und ziehen die Frauen aus. Eine große Zeit beginnt –«
    Es wurde ein zerrissener Abend. Der Alte war kaum zu beruhigen, ging früh ins Bett und legte die Zeitung neben sich unter die Decke. Vorher aber hatte er etwas Alarmierendes losgelassen. Mit schelmischem Zwinkern meinte er:
    »So ein Körperchen könnte Njuscha haben. In der Tat. Nur ahnen kann man's allerdings, nur ahnen …« Dabei wackelte er mit der Nase, schnalzte mit den Fingern und dachte an Njuschas morgendliche Waschungen.
    »Wenn sie den Fotografen Brutjew ausfindig machen, kann es gefährlich werden«, sagte Bodmar später, als sie in dem engen Badezimmer auf ihrer Matratze lagen. Njuscha schmiegte sich an ihn, und es war herrlich, ihren nackten, glatten, warmen Körper unter den Händen zu spüren.
    »Ich habe keinen Namen genannt.«
    »Aber er kann dich beschreiben.«
    »So wie ich sehen viele Mädchen aus.«
    »Das ist nicht wahr.« Er küßte sie und versank in ihrer Umarmung. »Es gibt nur eine Njuscha …«
    »Und einen Sascha –«
    Wie weise ist es eingerichtet, daß die Liebe selbst die Gefahr verzaubert –
    *
    Die Bildaktion Rossoskijs verfehlte ihre Wirkung, wenn man davon absieht, daß in Wolgograd an diesem Tag in einigen hundert Familien der häusliche Friede einen Riß bekam. Es meldete sich kein Fotograf, die Haussuchungen verliefen ergebnislos, auch trafen keine Hinweise von Kennern ein, die anhand dieses Körpers das Mädchen hätten genauer bezeichnen können. Das war Rossoskijs stille Hoffnung gewesen, denn wer sich so fotografieren ließ und derartige Bilder verschenkte, zählte häufig zu einem Personenkreis, für den weitverzweigte Bekanntschaften zum Geschäft gehörten.
    »Tumow war ein Mann, der nicht gerade wählerisch war«, sagte Rossoskij zu den Wolgograder KGB-Offizieren, die zur Besprechung angetreten waren. »In Moskau schlief er mit Kollegenfrauen und Huren, mit Marktweibern und Mannequins. Man sollte alle in Wolgograd bekannten Huren verhören.« Er betrachtete wieder das Foto und schüttelte den Kopf. »Nein. Aus diesen Kreisen stammt sie nicht. Ich kann meine Ansicht nicht begründen … ich spüre es einfach.« Er legte das Foto auf den Tisch und stützte den Kopf auf die gefalteten Hände. »Neue Ergebnisse in Richtung Tumow?«
    »Nichts, Genosse

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