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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bulganin, der Posthalter von Perjekopsskaja, der zum engeren Dorfsowjet gehörte, begleiteten ihn. Sie hatten finstere Gesichter, aber atmeten auf, als sie den alten Babukin in der ›schönen Ecke‹ sitzen und eine selbstgedrehte Papyrossa rauchen sahen.
    Bedächtig blickte sich Rossoskij um. Ein schönes Haus für die Verhältnisse am Don, dachte er. Muß ein fleißiger Mann gewesen sein, der Kolzow, und eine gute Frau mag Evtimia sein. Nun sind sie zermahlen worden zwischen den Mühlsteinen der Politik. Er seufzte leise und sah Evtimia an.
    »Sind Sie die Witwe Kolzowa?« fragte er.
    »Ja«, antwortete Evtimia feindlich.
    »Wo ist Ihre Tochter?«
    »Fortgelaufen wie eine heiße Hündin. Gott verfluche sie!«
    »Sie haben nichts wieder von ihr gehört?«
    »Nein.«
    Rossoskij holte das Aktfoto aus der Tasche und hielt es Evtimia hin. Sofort erkannte sie Njuschas Körper, wurde rot vor Angst, und wenn auch der Kopf dieses Körpers fehlte, welche Mutter weiß nicht, wie ihr einziges Kind aussieht?
    »Welch ein schweinisches Foto«, sagte Evtimia heiser. Der alte Babukin, der nur von weitem hinter der Eckbank das blanke Körperchen leuchten sah, schob sich herum und wollte näher kommen. Kalinew trat ihn vor das Schienbein. Stumm, aber mit schmerzverzerrtem Gesicht, sank Babukin auf die Bank zurück und massierte sein Bein.
    »Ist sie das?« fragte Rossoskij. »Ist das Njuscha?«
    »Das da?« Evtimia beugte sich schnell vor und spuckte auf das Foto. »Mein Kind ist ein anständiges Mädchen! Nie hätte es sich so fotografieren lassen. So schamlos ist nur eine Hure …«
    Rossoskij steckte das Bild wieder ein. »Haben Sie Fotos von Njuscha?« fragte er knapp.
    »Zwei.«
    »Ich möchte sie sehen.«
    Evtimia holte ihren alten hölzernen Kasten und hielt ihn Rossoskij hin. Babukin grinste genüßlich und saugte an seiner Zigarette.
    »Das ist alles?« fragte Rossoskij enttäuscht. Er gab den Kasten zurück.
    »Alles, Genosse. Die Menschen am Don haben Wichtigeres zu tun, als sich fotografieren zu lassen. Soll ich wegen eines Bildes nach Wolgograd fahren? Sagen Sie mir, wo der nächste Fotograf ist. Wir alle sehen uns täglich hundertmal … was brauchen wir da ein Foto?«
    Rossoskij kapitulierte. Er gestand sich ein, daß er hier eine Niederlage erlitten hatte. Aus einem Stein kann man kein Wasser pressen, nicht mit der bloßen Faust. »Ich danke Ihnen, Witwe Kolzowa«, sagte er höflich und deutete sogar eine kleine Verbeugung an. »Sie erinnern mich an die Tigerin Pjeta. Als die Jäger sie umstellt hatten, fraß sie ihre eigenen Jungen, um sie nicht den Fremden zu überlassen. Leben Sie wohl –«
    Er verließ schnell das Haus der Kolzows, ging hinunter zum Don und war nach zehn Minuten wieder in der Luft und auf dem Heimflug nach Wolgograd.
    *
    Am Freitag wurde Großvater Volkow begraben.
    Es war ein großartiges Begräbnis. Die Volkowa weinte sich als brave Schwiegertochter die Augen aus und schrie dreimal kurz auf, als der Sarg in die Grube gelassen wurde, die drei Kinder standen als Junge Pioniere stramm um das Grab, eine rote Fahne wehte, denn Iwan Feodorowitsch war ein Veteran der Revolution gewesen, wie sich erst jetzt herausstellte, Arkadij nagte an seiner Unterlippe, als sei er ein Meerschweinchen, und benahm sich tapfer, selbst Njuscha weinte, denn sie hatte den Alten gern gemocht, und daß er einen Herzschlag erlitten hatte beim Betrachten ihres nackten Körpers, erfüllte sie mit einem gewissen Schuldgefühl. Bodmar stand neben Borja am Grab und trug seine neue grüne Uniform mit Würde. Er regelte gewandt den Kondulationsverkehr am Grab, denn es war eine ganze Menge Leute gekommen, die den alten Volkow gekannt hatten und nun an seinem Grab vorbeimarschierten, Arkadij und seiner Frau die Hand drückten und den Kindern Küsse auf die Backen schmatzten.
    Dann zog man mit neunzehn guten Bekannten und Freunden, meistens Nachbarn des Wohnblocks, in das Speiselokal ›Majak‹ und aß und trank auf Volkows Kosten. Hierbei verlor die Volkowa ihre tiefe Trauer. Mit verschleiertem Blick und giftig zusammengepreßtem Mund zählte sie jeden Bissen, der verschlungen wurde, und jedes Gläschen, das die Trauergemeinde mit »Heio!« in die Kehle kippte. »Sie fressen und saufen uns arm!« zischte sie Arkadij zu. »Wie kann man nur einen solchen Satan als Vater haben?«
    Man muß zum besseren Verständnis wissen, daß die Gäste nicht eingeladen worden waren, sondern allesamt mit einem Zettelchen zu den Volkows an das Grab

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