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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Kragen hochnimmt. »Einmal muß der Mensch ausspannen, Genosse Oberstleutnant. Ich habe faul am Strand gelegen, habe geangelt und Wellen fotografiert. Sie glauben nicht, wie fotografisch interessant eine Welle ist –«
    »Mehr als ein Mädchenkörper?«
    »Das möchte ich nicht beschwören. Eine Welle ist immer schön … bei Mädchenkörpern gibt es himmelweite Unterschiede.«
    »Und dieses hier?« Rossoskij hielt Brutjew das Bild Njuschas hin. Brutjew warf gar keinen Blick darauf … er wußte auch so, daß ihn nur noch die Wahrheit retten konnte.
    »Ein Engel, nicht wahr?« sagte Brutjew heiser.
    »Sie haben das Foto gemacht, Genosse?«
    »Ja. Eine unvergeßliche halbe Stunde war's. Als sie aus den Kleidern stieg …« Brutjew seufzte in der Erinnerung. »Fast wäre ich samt Kamera und Scheinwerfern umgefallen …«
    »Warum haben Sie sich nicht gemeldet?«
    Brutjew sah Rossoskij treuherzig an. »Gemeldet? Warum?«
    »Als wir den Aufruf in der Zeitung erließen.«
    »Welchen Aufruf? Bedenken Sie, Genossen … ich war am Asowschen Meer, angelte, fotografierte Wellen und las keine Zeitung.«
    Rossoskij verschwendete keine weitere Zeit mehr an diesen Komplex. Brutjew war verreist – das war eine Entschuldigung, die man gelten lassen mußte. Wichtig war nur, daß man den Fotografen endlich ermittelt hatte.
    »Wie heißt sie?« fragte Rossoskij in seiner knappen Art.
    »Ich weiß nicht. Sie nannte keinen Namen.«
    »Und Sie haben nicht gefragt?«
    »Natürlich, natürlich. Aber sie hat geantwortet: ›Genosse, Sie sollen mich fotografieren und nicht fragen.‹ Dann ließ sie die Kleider fallen und stellte sich nackt vor die weiße Aufnahmewand. Seien Sie ehrlich … hätten Sie da weiter nach dem Namen gefragt?«
    Rossoskij verzichtete darauf, Brutjew über seine völlig andere Lebensauffassung aufzuklären. Er ging in das Atelier, setzte sich zwischen die ausgeschalteten Scheinwerfer, betrachtete die weiße Wand, an der Njuscha gestanden hatte, und winkte Brutjew zu sich.
    »Erzählen Sie alles, Genosse. Vergessen Sie nichts! Ihr Bericht ist von größter Wichtigkeit.«
    Und Timor Antonowitsch erzählte. Er erzählte alles, wie er's gesehen hatte, und die Offiziere machten sich Notizen. Er sah wie durch Wasser gezogen aus, die Angst pappte ihm in den Kniekehlen wie Pudding, sein Kopf summte vor Furcht. Als er mit seinem Bericht fertig war, sank er auf einen Stuhl und schluchzte. Rossoskij blickte ihn nachdenklich an, stand dann auf und klopfte Brutjew auf die Schulter.
    »Es war eine wertvolle Auskunft, Genosse«, sagte er. »Ihre Beschreibung war präzis. Ich glaube zu wissen, wen Sie fotografiert haben. Was würden Sie tun, wenn das Mädchen noch einmal zu Ihnen kommt?«
    »Sie sofort anrufen!« schrie Brutjew, als ertrinke er und rufe um Hilfe.
    »Vergessen Sie das nicht, Genosse.« Rossoskij verließ das Atelier und schickte die sich unterdessen bis zur Haustür angesammelten Brautpaare hinein zum Meister der Fotografie. Obgleich er sehr höflich gewesen war, höflicher als mancher Bauer, der zu Brutjew kam, um sich fotografieren zu lassen … das Grauen blieb unsichtbar zurück. Brutjew spürte es und spülte es notdürftig mit drei Gläsern Wodka weg.
    Rossoskij aber flog mit einem Hubschrauber nach Perjekopsskaja. Schon seine Landung sah gefährlich aus. Noch standen sich in der Steppe die Kompanie Soldaten aus Wolgograd und die Kosaken-Abteilung gegenüber, hatten ihre Lager ausgebaut und belauerten sich wie zwei japanische Ringer. Das Denkmal für Kolzow war fertig … Evtimia hatte es zusammen mit Väterchen Ifan, dem Popen, eingeweiht. Eine ergreifende Feier war's, bei der die Weiber heulten wie die hungrigen Wölfe und die Männer mit den Zähnen knirschten wie geprügelte Hofhunde. Und da man nun ganz genau wußte, daß in Wolgograd ein Mann saß, der zwar kein Teufel wie Tumow, aber ein eleganter Beelzebub war und deshalb doppelt gefährlich, standen immer Wachen im Dorf herum und saß ständig ein Junge in der Kirche, um die Sturmglocke zu läuten, wenn's notwendig werden würde. Im Parteihaus residierte Kalinew, der keine Zeit mehr hatte, seinem ehrlichen Handwerk nachzugehen … ihm oblag es, bei der geringsten feindlichen Bewegung außerhalb Perjekopsskajas die Sirene heulen zu lassen und die Kolchose und die Sowchose telefonisch zu benachrichtigen.
    Rossoskij landete unter Glockengeläut und Sirenengeheul. Der alte Babukin war der erste, der ihm auf seinem klapprigen Gaul entgegenritt und ihm

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