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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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er, und Klitschuk setzte sich schnell in den Sattel. Kolzow las weiter vor.
    »Am linken Griff drücke man den Kupplungshebel, trete mit der Fußspitze den ersten Gang ein und lasse die Kupplung los. Das Fahrzeug läuft …«
    Fjodor Ignatowitsch tat, wie die Vorschrift sagte. Aber irgendwie machte er etwas falsch. Er trat nicht den ersten Gang ein, sondern den dritten, er gab auch kein vorsichtig dosiertes Gas, sondern drehte es voll auf. Die Maschine brüllte wie hundert Ochsen, zitterte in allen Fugen und schoß dann wie eine Rakete aus dem Lager.
    »Heilige Mutter Gottes!« schrie die Klitschuka. Dem Onkelchen wurde vom Luftdruck eine Krücke weggeblasen, und er kugelte über die Erde. Ganz fürchterlich röchelte er und verdrehte die Augen wie ein Hase in der Schlinge. Rebikow erbleichte und rief sofort: »Es ist nicht meine Schuld! Ihr alle seid Zeugen! Ihr alle!« Kolzow warf das Buch mit den Anleitungen weg und rannte hinaus auf die Straße.
    Die Familie Klitschuks folgte ihm jammernd.
    Fjodor Ignatowitsch sauste durch Perjekopsskaja. Nach dem ersten Schrecken machte ihm die Sache Spaß, stolz hockte er im Sattel auf seinem donnernden Gefährt, winkte allen zu, die staunend an den Flechtzäunen standen, und ließ sich bewundern. Er durchraste das Dorf bis zum Ausgang, wo der Schuster Kalinew wohnte, wollte dort den Motor drosseln, einen kleinen Bogen fahren und dann im Triumph zurückrattern. Seine Familie stand bereits vor dem Haus, ihn zu empfangen.
    Aber seine guten Absichten machte das Motorrad nicht mit. Der Handgasgriff ließ sich nicht bewegen, nicht einen Millimeter weit, er blieb auf Vollgas und rückte nicht von der Stelle. Klitschuk arbeitete wie ein Besessener, drehte, daß ihm die Handfläche schmerzte, und als er sah, daß sich nichts rührte, raste er hinter der Dorfstraße über einen Feldweg zurück über die ganze Länge des Dorfes.
    Schweißgebadet bog er unten wieder um die Ecke, beim Don-Fischer Pinowskij, der gerade seine Netze flickte und dem donnernden Ungeheuer mit offenem Mund nachstarrte.
    Als Klitschuk das zweitemal über die Straße rappelte, klatschte alles Beifall. »Ein tolles Ding!« sagte Rebikow und verscheuchte in seiner Stimme alle Angst. »Daß man so etwas erfinden kann! Es gibt noch Genies, Genossen.«
    Klitschuk beugte sich über den Lenker und spuckte den Gasgriff an. »Hurensohn!« brüllte er. »Dreh dich! Dreh dich! Wie soll ich denn zum Stehen kommen?«
    Beim vierten Durchgang durch Perjekopsskaja merkten auch die Dümmsten, daß etwas nicht in Ordnung war. Klitschuks Begeisterung war gut und schön, aber daß er wie ein Verrückter immer um das Dorf drehte, wurde auffällig. Kolzow schrie ihm zu, als er zum fünftenmal vorbei donnerte:
    »Halt an! Es ist genug!«
    »Das Gas klemmt!« heulte Klitschuk, und … war er vorbei.
    Die sechste Runde. Nun standen alle Männer, die im Dorf waren, an der Straße und brüllten gute Ratschläge.
    »Dreh den Zündschlüssel herum!« rief Kalinew, als Klitschuk wieder um seine Hausecke bog, schräg liegend wie ein Rennfahrer.
    »Er bewegt sich nicht!« brüllte Klitschuk zurück. »Nach rechts war's einfach, nach links geht's nicht mehr!«
    Die siebte Runde. Klitschuk hockte im Sattel, und Tränen der Wut rollten über sein Gesicht. Vor seinem Haus stand seine Familie, Onkelchen hob drohend eine Krücke, und die Großmutter betete bereits und segnete Klitschuk bei jedem Vorbeidonnern. Die Kinder weinten und jammerten: »Warum fährt er allein? Er hat versprochen, uns mitzunehmen!«
    Bei der zehnten Runde flüchtete Rebikow in sein Magazin und schloß sich ein. Klitschuk hatte gegen ihn die Faust erhoben und gebrüllt: »Ich drehe dir den Hals um. Bei Gott, du läufst mit dem Hintern nach vorn!« Und dann war auch noch Vater Ifan da, der Pope, kam aus seiner rosa gestrichenen Kirche gelaufen, hielt ein Kreuz hin und schrie: »Der heilige Stephan ist bei dir, Fedja –«
    Klitschuk resignierte. Er gab es auf, an dem Gas zu drehen, auf den Zündschlüssel einzuschlagen … er konzentrierte sich jetzt ganz darauf, im Sattel zu bleiben, die rasende Maschine in der Straßenmitte zu halten, die Kurven weit genug zu nehmen und niemanden zu überfahren. Wie es zu Ende gehen sollte, daran wagte nicht zu denken. Hier kann nur noch ein Wunder helfen.
    Moderne Wunder sind sehr real und mathematisch oft errechenbar. Kolzow übernahm die undankbare Aufgabe. Er saß auf einer umgestülpten Karre, die ihm Evtimia an den Straßenrand geschoben

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