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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hat recht«, stöhnte er und umarmte Evtimia. Das war seit Jahren nicht mehr vorgekommen, aber Leid verschmilzt die Menschen. »Die Hochzeit findet statt. Es gibt jetzt nur noch ein Problem: Wie bekommen wir den Deutschen vom Hals, ohne unhöflich zu sein –«
    *
    Am nächsten Morgen berief Kolzow eine ›außerordentliche Versammlung‹ aller Parteigenossen und Delegierten von Kolchose und Sowchose in das Parteihaus von Perjekopsskaja. Es kamen vierzehn Männer zusammen, meistens alte Kosaken, nur Pechowskij fehlte, der Außenseiter, hol ihn der Teufel.
    »Brüder, Freunde«, sagte Kolzow mit hängenden Lippen. »Es ist etwas Delikates, was wir zu verhandeln haben. Ich habe einen Gast, und der muß weg. Wie läßt sich das unter einen Hut bringen mit unserem Gastrecht? Er ist mir lieb und wert, ich mag ihn leiden, ans Herz ist er mir direkt gewachsen, obgleich er ein Deutscher ist, aber das konnte er sich in der Wiege ja nicht aussuchen, ich habe ihm den Bruderkuß gegeben … alles gut und schön. Aber jetzt muß er aus dem Haus! Wie schaffe ich das, ohne meine Ehre zu verlieren?« Kolzow sah aus trüben Augen im Kreis umher. »Brüder, helft mir. Ich weiß nicht mehr aus noch ein.«
    Die Meinungen waren verschieden, wie immer, wenn mehr als ein Mann zu entscheiden haben. Bei vierzehn Männern gibt das ein Durcheinander. Poliakew, der Führer der 2. Brigade der Sowchose ›2. Februar‹, hielt eine Rede und stellte die Behauptung auf, auch ein Deutscher könne eine Ehre haben, die der eines Kosaken gleiche. Das war sehr gewagt gesprochen, aber da Poliakew ein starker Mann war, der es fertiggebracht hatte, im Suff einen Traktor umzuwerfen, mit den bloßen Händen, nahm man seine Rede mit leisem Knurren hin und unterbrach ihn nicht. Erst am Schluß rief der Schuster Kalinew erregt:
    »Freunde, verlaßt euch nicht darauf. Wer weiß denn genau, wie die Kapitalisten denken, und ein solcher ist der doch. Vertraut lieber auf das gute alte Hausmittel: Sagt ihm: ›Freundchen, du mußt Weiterreisen. Bleibst du hier, bekommst du die Jacke voll! Keiner kann dich schützen. Wie Blitze aus dem Himmel wird es über dich kommen. Davor wollen wir dich schützen. Reise also weiter nach Wolgograd, von mir aus auch nur bis zum nächsten Dorf Lebjaschij … nur verdufte von hier!‹ Wetten, Genossen, daß er das sofort versteht?«
    Kolzow wiegte den Kopf. Er war nicht so überzeugt wie der Schuster Kalinew. »Er hat keine Angst«, sagte er. »Wenn man ihm droht, wird er stur wie ein blinder Ochse. Nein, Genossen, es muß anders gehen. Ich gebe dem Genossen Poliakew recht: Appellieren wir an seine Ehre. Aber da ist noch eine andere Schwierigkeit.«
    »Heraus damit!« rief Ulanow, der Sattelflicker.
    »Das Auto. Pechowskijs Teufelsbiest hat es zu Schrott gemacht. Soll mein Gast bis Wolgograd laufen?«
    »Leihen wir uns ein Auto«, sagte Poliakew, der noch der Vernünftigste von allen war. »Ich kenne in Basskowskij einen Monteur, der fährt einen uralten Wagen. Klappert wie ein Storch … aber er rollt noch. Der kann den Deutschen nach Wolgograd bringen.«
    »Und die Leihgebühr?« fragte Kalinew mit hoher Stimme. Wenn es um Geld ging, bekam er kaum Luft in die Lungen.
    »Die bezahlt die Parteikasse.« Kolzow sah sich im Kreise um. Sein Blick war furchterregend. »Wer ist damit einverstanden? Handzeichen, Genossen!« knurrte er.
    Vierzehn Arme flogen hoch.
    »Einstimmig genehmigt«, sagte Kolzow zufrieden. »Seht ihr, Genossen, so löst man in einer sozialistischen Gemeinschaft die schwersten Probleme.«
    *
    Njuscha ging nicht mehr vor die Tür.
    Wer sie sah, stürzte auf sie zu, umarmte sie, nannte sie ein schönes, glückliches Bräutchen, und je nach Einstellung küßte oder segnete man sie auf offener Straße. Das ganze Dorf nahm regen Anteil an dem Schicksal der Kolzows, denn schließlich war er der Bürgermeister.
    In den Stall schlich Njuscha nur hinten durch den Garten, aber meistens saß sie im Wohnzimmer unter dem Bild Lenins und traktierte Dimitri und Evtimia mit ihrer Drohung: »Ich laufe weg! Ich ertränke mich im Fluß, ehe ich Granja heirate! Nehmt es nicht leicht hin … nur als Tote bringt man mich vor den Standesbeamten.«
    Jelena Antonowna erholte sich nach dem Rundritt Granjas erstaunlich schnell. Nichts war mehr von der lähmenden Schwäche in ihr; sie hüpfte herum wie ein Zicklein, besichtigte den zerstörten Wagen und befreite den vor Glück stammelnden Kolzow von der Aufgabe, die Parteikasse mit einer

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