Liebe auf Arabisch
»Ich habe keine Ahnung von göttlichen Absichten, aber was die der Männer angeht, glaube ich schlicht und einfach, dass sie sich diesen
Kram ausgedacht haben, um untreu sein zu dürfen, das ist alles. (Sie zwinkerte mir zu und behielt das letzte Wort.) »Kein Wunder, dass sie alles daransetzen, dass wir Analphabetinnen bleiben. Sonst würden wir ja sofort die Scheidungspapiere beantragen.«
Ich versuchte die Situation aufzulockern, indem ich sie an den Riesenerfolg der ägyptischen Serie Sayyid Mitwalli erinnerte, doch es half nichts. Trotzdem war die arabische Welt, inklusive meiner Freundinnen, ganz verrückt nach dem Helden, einem Polygamen, der den ganzen Tag damit verbrachte, die Streitigkeiten zwischen seinen Frauen zu schlichten, ihre Kaufsucht zu kurieren, ihre Eifersuchtsattacken abzuwehren und ihre sexuellen Spielchen mitzuspielen.
Ich teilte Sohas Verzweiflung, das Ganze war wirklich eine Tragödie. Wir wussten, dass die Entscheidung ihres Mannes unwiderruflich war und es kein Entrinnen gab. Es war gut möglich, dass Omar schon seit geraumer Zeit mit seiner Ägypterin herumturtelte und nur auf einen geeigneten Moment gewartet hatte, die Bombe platzen zu lassen.
Apropos Polygamie
Durch eine Anschlagswelle auf Personen westlicher Staatsangehörigkeit, herrschte im Juni 2004 im Königreich ein gereiztes Klima. Die Überwachung der Compounds wurde verstärkt und unzählige Polizisten und Wachmänner vervielfachten ihre Kontrollen rund um alle Gebäude, in denen sich Ausländer aufhielten, inklusive meiner. Die Angst wurde zunehmend größer und jeder spürte, dass die Nachwirkungen der Anschläge des 11. September so schnell nicht aufhören würden.
Trotz allem verzichtete ich nicht auf meinen Ausgang und fuhr weiterhin jeden Freitag zu Joumana. Dort erblickte ich einen Neuzugang, der mir sofort vorgestellt wurde. Ich brauchte einen Moment, bis ich sie wiedererkannte: Es war Hind, Farahs Cousine, zu deren Hochzeit wir damals gegangen waren. Was war aus dem jungen Mädchen geworden, das ich damals so wunderbar geschmückt und mit strahlendem Lächeln gesehen hatte, kaum zwei Jahre war das her! Vor mir saß eine traurige Frau, die bereits graue Haare bekam. Ihr Gesicht war engelsgleich geblieben. Ich verstand jedoch die Gründe ihrer Verwandlung, als Farah sie ganz unverblümt fragte:
»Du, die du das Bett deines Ehemannes mit einer anderen teilst, was kannst du uns über die Vorteile der Polygamie berichten?«
»Dein verstorbener Ehemann war doch auch …«, fragte Salma vorsichtig.
»Ja, aber diese Zeit meiner Jugend war so furchtbar, dass ich mich nicht mehr daran erinnere!«, sagte Farah.
Es war also an Hind, unsere Freundin Soha auf diese schwere Probe vorzubereiten.
Die junge Frau erzählte bereitwillig von der zweiten Hochzeit, die acht Monate nach ihrer eigenen stattgefunden hatte und von dem Alptraum, den Schmuck dieser Zweitfrau aussuchen zu müssen. Ihr Ehemann ließ sie unter demselben Dach wohnen, so dass sie der Neuen ständig über den Weg lief und sich tolerant geben musste, den Eindringling zu akzeptieren, um nicht den Zorn ihrer Schwiegereltern auf sich zu ziehen und aus dem Bund der Ehe verstoßen zu werden.
Wir alle waren mit einem solchen Szenario mehr oder weniger vertraut. Soha traute sich als Erste zu fragen:
»Kannst du mir sagen, wie sich das im Bett abspielt?«
»Jede hat ihre Nacht.«
»Sicher? Kein flotter Dreier im trauten Heim?«, provozierte Joumana.
»Nicht bei mir«, versicherte Hind verärgert.
Als wir sahen, wie sich sowohl Sohas Augen als auch die von Hind mit Tränen füllten, schämten wir uns plötzlich, das Ganze so taktlos angegangen zu sein. Von einer frivolen Posse waren wir meilenweit entfernt, zumal Hind noch ein weiteres Problem mit sich herumtrug:
»Seit sie einen Sohn bekommen hat, spielt sie sich zu Hause wie die Hausherrin auf.«
»Ist doch klar«, rief Farah mit dem ihr eigenen Pragmatismus, »du musst es ihr einfach nachmachen.«
»Lass Hind doch mal ausreden«, tadelte Joumana.
Und die Arme erzählte vom Spott und den Andeutungen der Zweitfrau, von ihrer krankhaften Gier, alles, vom Schmuckstück bis zum Blumenstrauß, in doppelter Menge
zu bekommen, indem sie sich auf ihre Jugend und ihren männlichen Nachkommen berief.
»Wenn unser Mann einmal Nein sagt, rennt sie sofort zu seinen Eltern und lässt nicht locker, bis er ihr einen Diamanten oder eine Reise schenkt.«
»Sie ist ganz einfach eine Gaunerin. Solche Frauen sind wie
Weitere Kostenlose Bücher