Liebe auf Arabisch
mal vor, sie zwingt die gesamte Familie zu beten! Sie gibt ihren Cousins nicht mehr die Hand. Ihrem Vater hat sie angedroht, das Haus zu verlassen, sobald sie einen Tropfen Alkohol unter seinem Dach findet. Und du kennst ja deinen Onkel, ohne ein Glas Wein ist er manchmal ungenießbar. Er vernachlässigt sogar seine ehelichen Pflichten!«
Das war das erste Mal, dass meine Tante mir gegenüber auf Sex zu sprechen kam.
Nachdem ich die Szenen berichtet hatte, rümpfte Joumana in der ihr eigenen Art die Nase:
»Da erwartet man von den freien Frauen, dass sie hierherkommen, um uns ein wenig abzulenken und dafür zu sorgen, dass sich die Mentalität in diesem Land verändert, und dann fällt ihnen nichts Besseres ein, als die Männer noch in ihrer Arroganz und ihrer Tyrannei zu bestätigen. Sonst würden sie ihre Freiheit doch nicht gegen angebliche Buße eintauschen. Bald wird deine Cousine schon merken, wie es sich unter der Rute solch eines Bärtigen und unter dem gemeinsamen Dach mit seiner ersten Ehefrau lebt.«
Von diesem Tag an fragte keine meiner Freundinnen mehr nach Neuigkeiten von Nora. Sie war in diese dunkle Welt zurückgekehrt, aus der die Saudierinnen so verzweifelt auszubrechen versuchten.
Meine Mutter hatte noch mehr schlechte Neuigkeiten für mich parat: Meine Schwester Sana steckte in großen Schwierigkeiten. Sie fürchtete um ihr Leben und das ihrer Kinder. Vor einem Monat hatte ihr Ehemann sie mit einem Messer in der Hand bis auf die Straße verfolgt. Beim Versuch, ihre Mutter zu beschützen und dazwischen zu gehen, wurde ihre Tochter am Arm verletzt.
Konsequenz: Sana hatte beschlossen, sich scheiden zu lassen, nur dass mein Schwager davon nichts hören wollte. Er hatte ihr gedroht: »Lass dich scheiden und du wirst zahlen.« Meine Schwester hatte ihn angefleht, sie wusste selbst nur zu gut, dass sie mit ihrem kleinen Lehrerinnengehalt keine Chance hatte, die eheliche Verbindung zu lösen. Er war unerbittlich: »Sie will gehen? Bitte, dann soll sie mir das Haus überlassen, ihre zwei Rotznasen mitnehmen und bezahlen.«
In meinem Land erkaufen sich reiche Frauen bei einer Scheidung ihre Freiheit. Es gibt sogar Männer, die die Töchter aus betuchten Familien allein aus dem Grund verführen und heiraten, um sie später dazu zu bringen, die Scheidung einzureichen und abzukassieren.
Bei meiner Schwester lag der Fall natürlich anders, und mir war klar, was ich zu tun hatte.
Wie man den Ehemann seiner Freundin in Versuchung führt
Da ich die Ehemänner meiner Freundinnen von Fotos oder persönlichen Treffen kannte, wie im Falle von Joumanas Ehemann, konnte ich sie leicht am Flughafen oder im Flugzeug ausmachen und nach Lust und Laune beobachten. Von daher war es absehbar, dass ich immer wieder lebhaft darum gebeten wurde, von ihren winzigsten Gesten zu berichten. Joumana jedoch bat mich nie, ihren Mann zu überwachen – das war für sie eine Frage des Vertrauens und ihr Unwille, sich zu solch unschönen Manövern herabzulassen –, Soha jedoch scheute keine Mühen, um ihren Mann gezielt auf meinen Flügen zu platzieren.
Eines Tages jedoch bat sie mich, noch weiterzugehen.
»Was kann ich für dich tun, Herzchen?«
»Ich will, dass du ihn provozierst.«
Ich zögerte einen Augenblick, bevor ich antwortete:
»Du weißt genau, dass das nicht geht, ich riskiere meinen Job. Was sollen meine Kollegen von mir denken?«
»Komm schon! Wir wissen alle, wozu du fähig bist!«
Sie schien sich ihrer Entgleisung bewusst zu sein und korrigierte sich:
»Ich meine doch nur, dass du eine Ausnahme machen könntest! Joumana hat Erkundigungen über dich eingeholt, bevor sie dich hierher eingeladen hat.«
Ich fiel aus allen Wolken. Zum ersten Mal wurde mir bewusst, was für ein teures Gut die Gastfreundschaft in
diesem Land war. Ich sparte mir einen Kommentar und hörte mir an, was Soha vorschwebte.
»Du lächelst ihm ein wenig zu. Ich weiß auch nicht, du läufst einfach zwanzig Mal vor ihm auf und ab. Oder noch besser: Du steckst ihm deine Nummer zu, bevor er das Flugzeug verlässt.«
»Und wenn er mich anruft?«
»Kannst du mir den Rest überlassen«, sagte sie.
Am nächsten Morgen fand ich einen kleinen, für mich bestimmten Beutel, in dem sich ein brandneues Handy, eine Chipkarte und ein Zettel mit einer Telefonnummer darauf befanden. Ein Geschenk, das viel mehr wert war als der winzige Gefallen, den ich meiner Freundin tat.
Denn ich hatte beschlossen, Soha beim Wort zu nehmen. Das hatte sie nun
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