Liebe auf Dauer
und leicht mutlos. Er läuft ein wenig im Windschatten von Daniela. Da wird bei einer Routine-Untersuchung bei Daniela ein bösartiger Tumor in der Brust festgestellt. Es muss sofort gehandelt werden: Krankenhaus, Operation, Chemotherapie …
Solche Ereignisse sind weder vorhergesehen und vorhersehbar, wir empfinden sie alles andere als »nötig«, wir erleben sie als Unglück und Katastrophe. Sie stellen alles Bisherige in Frage, und was sich zwischen uns als Paar eingespielt hat, wird durcheinandergewirbelt. Bei solchen Krisen haben wir ganz und gar nicht den Eindruck, dass sie dem Leben und der Weiterentwicklung dienen, ganz im Gegenteil. Dennoch müssen wir mit solch unvorhergesehenenkritischen Lebensereignissen umgehen, denn es ist unvermeidlich, dass sie uns in dieser oder jener Form im Laufe unseres Lebens treffen. Darüber wird dieses Kapitel hauptsächlich handeln.
Lebenskrisen – Beziehungskrisen
Solche Lebenskrisen werden leicht auch zu schweren Beziehungskrisen. Das liegt bei einer Außenbeziehung wie der von Ursula auf der Hand. Aber auch kritische Lebensereignisse wie die beiden anderen können sehr leicht zu tiefen Krisen der Paarbeziehung werden: Auch wenn Ulrike die Entscheidung ihres Mannes für die neue Stelle unterstützt und damit den Umzug akzeptiert, wird die neue Situation für sie so schwierig, dass sie den Mut verliert, dass sie nur noch klagt und kritisiert, dass sie Friedrich die Entscheidung dann doch noch sehr übel nimmt und ihm die Schuld an ihrer Misere in die Schuhe schiebt. Und für Ludwig wird die Erkrankung von Daniela so bedrohlich, dass er vollständig den Mut verliert, dass er sich allein gelassen fühlt und nicht mehr imstande ist, sie in ihrer schwierigen Situation zu unterstützen. Ein »Drittes« steht plötzlich zwischen den Partnern : Bei Frank und Ursula ist es der Geliebte, bei Friedrich und Ulrike seine neue Stelle und die fremde Umgebung, und bei Ludwig und Daniela drängt sich der Krebs als unerwünschter Dritter in die Beziehung.
Alle von solchen Krisen Betroffenen neigen dazu, mit diesem »Dritten«, der oder das die Beziehung sosehr stört, zu hadern, sich ihn wegzuwünschen und wieder den Zustand von vorher haben zu wollen. Das ist nur zu verständlich. Allerdings bringt es nichts. Es macht die Situation nur schlimmer. Es lässt, wie man sich an den Beispielen leicht deutlich machen kann, die Partner nur gegeneinander geraten. Wie kann ein konstruktiver Umgang mit diesem»Dritten« aussehen, vielleicht sogar ein Umgang, der für die Beziehung nicht nur nicht Gefahr, sondern sogar Gewinn bedeuten könnte?
Herausforderung zur Entwicklung
Man kann diese unvorhergesehenen kritischen Lebensereignisse ebenfalls ähnlich sehen wie die vorhersehbaren: als Anstoß zur Weiterentwicklung , als Anlass zum Aufbruch aus einer drohenden Erstarrung. Was ich damit meine, möchte ich an meinen drei Szenarien beispielhaft deutlich machen:
Ulrike und Friedrich
Nach einiger Zeit des Haderns und der Anklagen drängt sich Ulrike immer mehr die Frage auf: »Welche Rolle habe ich eigentlich bisher in unserer Beziehung gespielt? Immer habe ich mich nach Friedrich und seinen Zielen gerichtet. Ich bin ihm einfach hinterhergelaufen. Und bisher hat sich dabei alles ganz gut ergeben. Bis jetzt. Jetzt stecke ich im Schlamassel. Es wird Zeit, dass ich mich endlich auf die eigenen Füße stelle und mich auch frage, was ich eigentlich will!« Friedrich seinerseits merkt durch den Einbruch Ulrikes, wie selbstverständlich er bisher Ulrikes Anpassung an seine Interessen und Ziele genommen hat und dass er sie mit dieser letzten Veränderung tatsächlich an den Rand der Überforderung gebracht hat. Er sagt sich: »Ich habe ihr da wirklich zu viel zugemutet! Ich muss sie jetzt besonders unterstützen, damit sie wieder Boden unter die Füße bekommt.« Sie beginnen darü- ber zu reden, und Friedrich kann ihr sagen, wie dankbar er ihr ist, dass sie ihn bisher so bedingungslos unterstützt hat, und dass er das zu wenig geschätzt hat, und dass er bisher seinerseits wenig für sie und ihre Interessen offengewesen sei. Er sagt ihr für jetzt, da sie sich auf die Suche begeben will nach dem, was für sie und die Familie nunmehr das Richtige ist, seine Unterstützung zu. So gehen sie miteinander daran, neue Möglichkeiten für die Kinder und neue berufliche Perspektiven für Ulrike zu erschließen. Die Krise wird damit einerseits zum Anstoß für Ulrike, ihr Leben eigenständiger in die Hand zu nehmen,
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