Liebe auf Dauer
gemeinsamen Ringen auch und gerade um schwierige Lebensfragen erwächst.
Einwände
Die vorgeschlagene Vorgehensweise bei Problemen leistet doch Überverantwortlichkeit und Überfürsorglichkeit Vorschub. Gerade wenn der Partner, der das Problem in die Beziehung gebracht hat, dazu neigt, zu wenig Verantwortung zu übernehmen, ist das eine große Gefahr. Schon viele, vor allem Frauen, haben sich auf diese Weise verausgabt und letztlich doch nichts erreicht!
Das ist richtig, und es kann in der Tat so sein, dass es manchmal nötig ist, sich vom Problem zu distanzieren und die Auseinandersetzung dem Partner damit vollständig zuüberlassen. Insofern kann der Satz »Das ist dein Problem!« auch berechtigt und ein wichtiger Schutz für den sein, der ihn sagt. Ich erinnere mich beipielsweise an ein Paar, bei dem der Mann, ein Selbstständiger, immer viel zu viele Aufträge annahm und sich damit vollständig übernahm. Seine Frau tat alles, um ihn zu entlasten. Aber je mehr sie ihm im Büro und bei der Organisation abnahm, desto mehr schleppte der Mann an Aufträgen heran. Es war kein Land mehr zu sehen. Die Frau musste sagen: »Ich kann gegen deine Überlastung nichts machen. Dass du dich nicht abgrenzen kannst, ist dein Problem!«
Von einem anderen Blickwinkel aus betrachtet, steht der geschilderte Fall allerdings doch nicht im Gegensatz zu dem oben Gesagten: Auch hier gibt es nämlich eine Gemeinsamkeit im Problem. Denn dieses besteht nicht nur darin, dass der Mann nicht Nein sagen kann, sondern auch darin, dass die Frau die Folgen davon – die Überlastung – mit ihrem Einsatz immer wieder auffängt und zu kompensieren sucht. Genau definiert müsste man sagen: »Unser Problem besteht darin, dass du ›nach außen‹ und ich ›nach innen‹ nicht Nein sagen können. So steuern wir uns gemeinsam in eine unerträgliche Situation hinein!« Wenn jeder seinen Teil am Problem und an der Problemlösung zu sich nähme, würde sich das so darstellen: »Ich, der Mann, muss lernen, mich abzugrenzen. Ich muss öfter Nein sagen.« – »Und ich, die Frau, fange die Folgen deines Mangels an Abgrenzung nicht mehr auf. Ich lasse liegen, was zu viel ist!«
In Paarbeziehungen ist es sehr häufig so, dass es auf diese oder eine ähnliche Weise ein »Mitspielen« des Partners am Problem gibt – und zwar gerade auch durch Überengagement und Überverantwortlichkeit. Gerade dieses Verhalten kann ein Teil des Problems und des Scheiterns von Problemlösungen werden. Darum kann es sehr wichtig sein, solche Zusammenhänge zu erkennen und anzuerkennen.
Muss man sich nicht manchmal heraushalten, um sich zu schützen? Die Frau, die für ihren Mann immer ein offenes Ohr hat, wird regelmäßig in seinen nicht enden wollenden Jammer über seine berufliche Misere hineingezogen, mit der sie doch gar nichts zu tun hat, sodass sie danach genau so hilflos und deprimiert ist wie er. Wenn sie sagt: »Ich will mir das nicht mehr anhören!«, ist das nicht viel besser, als immer mitfühlend mitzugehen?
Auch dem ist zuzustimmen. Allerdings wird in diesem Fall das ausschließlich mitfühlende Zuhören und Mitgehen der Frau selbst zu einem Teil des Problems. Dies zu beenden ist sinnvoll und nötig. Aber dies nur zu beenden, ist lediglich eine Distanzierung, um sich selbst zu retten, aber noch kein Beitrag zu einer Problemlösung. Ein Schritt dazu könnte sein, dass sie das ineffektive Jammerverhalten des Mannes konfrontiert (»Ich bin nicht dein Überdruck-Ventil!«) und ihn auffordert, eventuell mit ihrer Unterstützung, sich auf die Suche nach effektiveren Strategien zur Problemlösung zu begeben.
Hinweise
Nützliche Fragen, um Probleme des Einzelnen zu gemeinsamen zu machen, sind folgende:
Bin ich an der Entstehung oder Fortdauer des Problems meines Partners beteiligt? Inwiefern könnte es sein, dass wir das Problem gemeinsam produzieren? Was ist in diesem Fall mein Anteil am Problem, den ich zu mir nehmen muss?
Wenn ich nach ehrlicher Prüfung sagen muss, Nein, an diesem Problem habe ich keinen Anteil: Inwiefern bin ich von diesem Problem betroffen? Und wie wäre unsere Beziehung anders, wenn dies Problem gelöst wäre?
Inwiefern mildere oder verstärke ich durch mein Verhalten das Problem des anderen?
Was kann ich von meiner Seite zur Problemlösung beitragen?
Gibt es in diesem konkreten Fall überhaupt eine »Lösung« des Problems? Oder geht es eher darum, einen Weg zu finden, mit diesem Problem möglichst gut zu leben, und wie könnte so etwas
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