Liebe auf dem Pulverfaß
erschienen und hatte sich mit an den Kaffeetisch gesetzt. »Unsere Leute kamen zu spät. Wir wissen nur eins: Er hat die Nacht bei Amina verbracht.«
»Kehat ist ein netter, temperamentvoller junger Mann«, sagte Yonatan nicht ohne väterlichen Stolz. »Aber was heißt verschwunden? Wo ist das Mädchen?«
»Es arbeitet ganz normal im Büro der El Araab Lines. Leutnant Gholem steht vor einem Rätsel. Wir – ehrlich gesagt – auch! Gemeinsame Flucht, gut – das wäre logisch! Wenn auch keine Lösung, aber es würde die Sachlage normalisieren. Aber Kehat verschwunden und Amina im Büro, das paßt einfach nicht! Der Kommandotrupp der Fedajin ist ebenso ratlos wie wir und irrt in Köln herum, wir beobachten ihn und bleiben an seinen Fersen. Das alles beweist: Ihr Sohn will versuchen, seine Probleme allein zu lösen. In dieser Zeit, bei seinem Namen, bei diesem so wichtigen Vater … ist das nicht dumm?«
Moshe Yonatan trank ohne Hast seinen Morgenkaffee, ließ sich von Rebba neu einschenken, biß in das Brot und kaute genußvoll. Im Inneren aber, hinter der Maske der Gelassenheit, tobte eine unvorstellbare Angst um seinen Sohn. Kehat war sein einziges Kind, sein Stolz, sein Erbe. Er hatte alles versucht, ihn aus der Politik herauszuhalten, er hatte ihn aus Israel weggeschafft und nach Deutschland geschickt zum Studium, heimlich, nur wenige wußten, daß er in Köln war; er hatte ihn nach Deutschland gebracht, in dieses Land, das bis auf Moshe und Rebba die ganze Familie Yonatan umgebracht hatte, und er hatte gesagt: Hier, Kehat, bist du sicher. Aber das war ein Selbstbetrug. Wo in der Welt ist ein Jude sicher?
»Was wollen Sie unternehmen, Herr Oberst?« fragte Moshe Yonatan.
»Uns bleibt nur übrig, Amina nicht aus den Augen zu lassen. Es ist kaum anzunehmen, daß sie nicht weiß, wo sich Kehat verborgen hält. Einmal werden sie zusammentreffen, und dann können wir Ihren Sohn schützen.«
»Und warum müssen sie zusammentreffen?«
Halevi hielt seine Kaffeetasse hoch, und Rebba schüttete ihm ein, ohne daß ihre Hand dabei zitterte. Eine tapfere Frau, dachte er. Sie wird diese Tapferkeit noch brauchen. Safar Murad zum unmittelbaren Gegner zu haben, ist wie ein Weglaufen vor einer fliegenden Kugel.
»Sie lieben sich –«, sagte er nachdrücklich. »Nennen Sie mir Verliebte, die über kurz oder lang nicht den Verstand für Realitäten verlieren …«
Fast mit den gleichen Worten beendete Safar Murad in Köln die Konferenz mit Ghazi Muhamed. Er war über die Eigenmächtigkeiten Ghazis bereits unterrichtet und hatte ihm eine böse Frage gestellt.
»Sie haben mir mißtraut, weil ich Aminas Vater bin? Wie konnte man nur den Fehler machen, einen Idioten an die wichtige Stelle in Köln zu schicken? Ihre Hampelmänner sind jetzt unter Beobachtung der Israelis, sie sind zu unnützen Spaziergängern degradiert! Oder wollen Sie eine Straßenschlacht?«
»Wenn es der Freiheit dient, Safar –«, sagte Ghazi verbissen. »Bei uns wird zu viel gewartet. Gut, Sie sind hier als Gesandter der Organisation und nicht als Vater. Warum verhören Sie Amina nicht?«
»Was käme dabei heraus?«
»Es gibt Methoden, wo ein Stummer singen lernt.«
Safar blickte Ghazi an, und dieser Blick war von einer tödlichen Kälte. »Sie ist meine Tochter«, sagte er langsam. »Selbst in einem Topf voll heißen Öls würde sie nicht sprechen.«
»Soll Kehat Yonatan entwischen?« schrie Ghazi, hochrot im Gesicht.
»Wer sagt das? Es genügt, Amina in Ruhe zu lassen, aber immer in ihrer Nähe zu sein. Sie wird uns zu Kehat führen.«
»So sicher bin ich nicht.«
»Dann hast du nie geliebt, Ghazi! Eine Frau drängt zum Mann – und welch eine Frau ist meine Tochter! Wir müssen warten können.«
Es war nicht Ghazis Stil, aber er schwieg. Er zwang sich zum Gehorsam gegenüber der Zentrale in Damaskus und gegenüber Safar Murad. Fast widerwillig bot er Safar eine Zigarette an und ging dann daran, in seiner elektrischen Kaffeemaschine einen seiner sirupstarken Kaffees zu kochen, den nur ein Araber vertragen kann.
Gegen Mittag kam Safar nach vorn in die Schalterhalle. Amina schien gerade ein Gespräch beendet zu haben und legte den Hörer weg. »Etwas Wichtiges?« fragte Ghazi angriffslustig.
»Nein. Ich habe mit Kehat gesprochen …«
»Safar, ich halte das nicht aus!« schrie Ghazi außer sich. »Sie spielt mit uns wie mit kleinen Eseln!«
»Ich habe einmal in den Bergen eine Felsenplatte gesehen«, sagte Safar. »Millionen Jahre lang fiel
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