Liebe auf den ersten Biss
wie die Haustür unten ging und fuhr auf dem Absatz herum. »William?«
Tommy lauschte den Schritten auf der Treppe und schüttelte den Kopf. »Nein, zu leicht.«
Sie hörten, wie ein Schlüssel ins Schloss geschoben wurde. »Ich dachte, du hast ihr keinen Schlüssel gegeben«, sagte Jody.
»Nicht fürs Schlafzimmer«, sagte Tommy.
»Lord Flood, da liegt ein stinkiger Toter mit einem fetten Kater auf Eurer Treppe«, sagte Abby Normal, als sie zur Tür hereinkam.
DIE CHRONIKEN DER ABBY NORMAL:
Treue Dienerin des Vampirs Flood
Ich war in der Gruft von Flood, dem Vampir. Ich gehöre jetzt zum inneren Zirkel! Mehr oder weniger. Okay, so ungefähr jedenfalls. Ich hab also etwa bis elf Uhr geschlafen, weil ja Weihnachtsferien sind, nur dass sie heutzutage Winterferien heißen, weil Jesus ein REPRESSIVER ZOMBIEARSCH IST UND WIR UNS VOR SEINEM GEBURTSTAG NICHT VERNEIGEN WOLLEN! Zumindest wir an der Allen Ginsberg Highschool nicht. (Zeigt's ihnen, Beatniks!) Aber das geht voll in Ordnung, weil ich mich sowieso ans späte Aufstehen gewöhnen muss, wenn ich ein Geschöpf der Nacht sein will.
Also hab ich mir erst mal einen Toast gemacht, aber der ist mir verkohlt, schwarz wie meine Seele, was mich dermaßen umgehauen hat, dass meine Tränen der Verzweiflung wie kalte Kristalle waren und auf den grausamen Felsen des Jammertals zersplitterten, das dieses Leben für mich ist. Aber dann habe ich gesehen, dass Mom mir einen Zwanziger auf den Küchentresen gelegt hatte, mit einem Zettel:
Allison (Allison ist mein Sklavenname – meine Mom hat mich nach einem Song von irgend so einem Elvistypen benannt, aber ich werde ihn nie im Leben annehmen), hier ist Geld für dein Mittagessen, und geh bitte bei Walgreens vorbei und hol Läuse-Shampoo für Ronnie. (Veronica ist meine Schwester, zwölf Jahre alt und ein fieser Pickel am Arsch meiner Existenz.)
Und ich so: Geil! Starbucks !
Es dauerte ewig, bis ich was zum Anziehen gefunden hatte, aber nicht, weil ich zum ersten Mal eine Wohnung suchen sollte. Die Birne in meinem Schrank ist durchgebrannt, und wir hatten keinen Ersatz, also musste ich alles ins Wohnzimmer schleppen, um es mir bei Licht anzusehen. Genau wie in dem Song: I wear black on the outside to reflect the black I feel on on inside, aber in einem dunklen Schrank kann man unmöglich eins vom anderen unterscheiden. Da es ein Geschäftstermin werden sollte, entschied ich mich für meine gestreifte Strumpfhose mit dem roten Plastik-Mini, dazu mein Kapuzenshirt mit Totenkopf und Knochen und meine lindgrünen Converse All Stars. Ich beließ es bei einem einfachen Stecker in der Nase, einem Barbell in der Augenbraue und einem schlichten Ring in der Unterlippe – unaufdringlich, aber elegant. Und ich hatte meine pinkfarbene Umhängetasche dabei.
Ronnie total so: »Ich will mit, ich will mit!«, aber ich habe sie darauf hingewiesen, dass sie eine Geißel der Menschheit ist, und wenn sie mitkommen würde, müsste ich allen im Bus erzählen, dass sie Läuse hat, also ist sie doch lieber zu Hause geblieben und hat Cartoons geguckt. Da begab es sich nun, dass ich Neuland betrat und die Nummer anrief, die mir Lord Flood gegeben hatte. Und die Frau war die totale Tussi.
Sie so: »Hallo. Blablabla Immobilienbetreuung.«
Und ich so: »Ich möchte eine Wohnung mieten.«
Und sie, echt jetzt: »Wie viele Zimmer brauchen Sie und haben Sie eine bestimmte Gegend im Sinn?«
Und ich gleich: »Was soll die Fragerei, Tussi? Sind wir hier bei der Gedankenpolizei oder was?«
Und sie so: »Ich wollte Ihnen nur eine Hilfe sein.«
»Genau … eine Hilfe. Wie Tuberkulose.«
Und sie so: »Ich bitte um Verzeihung«, wie die beknackte Königin von Frankreich oder so.
Und dann fiel mir ein, dass ich nach jemandem fragen sollte, also ich so: »Oh, ich würde gern Alicia DeVries sprechen. Ist sie da?«
Und die Tussi hat mich durchgestellt.
Stellt sich raus, dass diese Alicia DeVries eine schmuddelige Hippiebraut und so alt wie meine Oma ist, aber total die Weltmutter sein will und so, wogegen ich nichts habe, weil alte Hippies das beste Gras haben und es einem einfach schenken, wenn man so tut, als wären sie nicht alt und schmuddelig. Also holt mich Alicia in ihrem klapperigen Regenbogen-Love&Peace-Jeep ab, und ich sage ihr, was Flood, der Vampir, haben möchte, nämlich ein Schlafzimmer ohne Fenster, aber Waschmaschine und Trockner, einen separaten Eingang mit abschließbarer Haustür und mindestens im ersten Stock, mit Blick auf die
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