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Liebe auf südlichen Straßen

Liebe auf südlichen Straßen

Titel: Liebe auf südlichen Straßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Treuherzigkeit über den alten Anselmo erzählte, aber er bemerkte mit einiger Beklemmung, daß Elisabeth dabeistand, als beobachte sie ihn und Anna aus großer Ferne. Sie übersah die einladende Geste, mit der Anna sie bat, näherzutreten.
    »Anna bietet uns ein Glas Most an«, sagte Lorenz und wiederholte Annas Handbewegung, »selbstgekelterten Traubenmost. Du wirst doch die Einladung nicht ausschlagen, nicht wahr?«
    »Natürlich nicht. Wie käme ich auch dazu? Und laß dich bitte durch mich nicht in der Unterhaltung stören. Es ist wirklich nicht nötig, daß du mir jedes Wort übersetzt, das ihr miteinander sprecht. Du kannst mir ja später erzählen, worüber ihr euch unterhalten habt.«
    »Es ist auch nichts von Bedeutung...«, murmelte er und wischte sich den Schweiß von der Oberlippe.
    »Für mich sicherlich nicht. — Übrigens muß Anna einmal sehr schön gewesen sein, nicht wahr?«
    »Nun ja...«, murmelte er achselzuckend, »damals war sie nicht viel älter, als du heute bist, und auch nicht so verarbeitet wie jetzt. Aber schön... Das kann man wohl kaum sagen...«
    »Du hast sie geliebt, nicht wahr?«
    »Aber, Elisabeth!« rief er und brach in ein nervöses Gelächter aus, »wie kommst du nur auf diese merkwürdige Idee?!«
    Anna ging voraus und lud Elisabeth nochmals ein, ihr zu folgen. Sie band dabei die Schürze ab und zog den alten, zerlöcherten Strohhut vom Kopf. Ein grauer Staubstreifen zog sich unterhalb des Hutrandes über ihre Stirn. Sie hatte ein scharfprofiliertes mageres Gesicht, mit jener gelblichen Marmortönung der Haut, die man weiter im Süden häufig antrifft. Die Jochbögen der Wangen sprangen ein wenig vor und waren straff überspannt. In dem leicht herabgezogenen Mund lag ein tragischer Ausdruck. Die Augen, schwarze Sterne in einem bläulich schimmernden Weiß, verbargen sich hinter einem Vorhang dichter und sehr langer Wimpern. In dem rabenschwarzen Haar zeigten sich die ersten silbernen Fäden. — Sie führte ihre Gäste unter eine Pergola von echtem Wein, die dort angelegt war, wo die Mauern des Hauses und einer Gerätekammer im rechten Winkel aneinanderstießen. Man hatte von diesem Platz auch einen großartigen Rundblick über Gargnano und den nördlichen Zipfel des Sees. Die Sonne war hinter die Berge gesunken und beleuchtete nur noch das östliche Ufer mit den verkarsteten Kuppen des Monte Baldo. Anna fegte mit der zusammengeballten Schürze über den Tisch und die roh gezimmerte Bank, auf der die Hühner ihre Spuren hinterlassen hatten. Sie bat Lorenz, sie für kurze Zeit bei Elisabeth zu entschuldigen und verschwand im Hause.
    »Setzen wir uns«, bat Lorenz und stellte den Lederbeutel mit den Limonen auf der Bank ab. Die schmale Tür, hinter der Anna verschwunden war, blieb offen und gestattete Elisabeth einen Blick in den einzigen Raum, den die grauen, unverputzten Mauern zu umschließen schienen. Es war eine Armut, die sie erschütterte. Der Hund hatte sich neben sie gesetzt, wedelte mit dem buschigen Schwanz und wirbelte dabei vom Boden kleine Staubwölkchen auf. Er ließ sich zwischen den Ohren kraulen, aber seine klugen braunen Augen hingen unentwegt an der Tür, hinter der er seine Herrin wirtschaften hörte.
    »Lieber Himmel, ich glaube, Anna zieht sich wahrhaftig unsertwegen um...«, sagte Lorenz. Er hatte inzwischen schon die zweite Zigarette angezündet und stäubte die Asche nervös auf den Boden. Nach jedem Zug klopfte er sie mit einem raschen Wirbelschlag des Zeigefingers ab.
    »Unsertwegen?« fragte Elisabeth und sah ihn von unten herauf von der Seite an, aber mehr der Unterton in ihrer Frage als der bedeutungsvolle Blick ließen ihn aufmerken.
    »Weswegen denn sonst?« fragte er leicht gereizt.
    »Du hast es nicht erwartet, sie hier anzutreffen, nicht wahr?«
    »Eigentlich nicht...«, antwortete er nach kurzem Zögern.
    »Ich habe dich beobachtet, als sie deinen Namen rief...«
    »So?« fragte er abwehrbereit, »und was hast du bemerkt?«
    »Daß ihr euch geliebt habt!« sagte sie bestimmt, als gäbe es für sie auch nicht den geringsten Zweifel.
    Er fuhr herum: »Kommst du schon wieder damit?! Wie oft soll ich dir noch sagen, daß es zwischen Anna und mir niemals etwas Derartiges gegeben hat!«
    »Dann verstehe ich deine Erregung nicht, mein Lieber...«
    »Entschuldige tausendmal! Wenn ich mich aufrege, dann nur deswegen, weil du jetzt schon zum zweitenmal etwas behauptest, was nicht stimmt! Und außerdem rege ich mich gar nicht auf, sondern ich lache...

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