Liebe auf südlichen Straßen
gehört Signora Donatello. Und diese Cafeteria wollen wir zunächst einmal pachten und später vielleicht kaufen. Signora Donatello ist Witwe. Ihr Mann starb vor zwei Jahren am Schlaganfall, wie das bei den kleinen Dicken häufig zu geschehen pflegt... Mitten im Kartenspiel fiel er über den Tisch und war hin. Er hatte fast dreitausend Lire verloren, und sie streiten sich in Gargnano heute noch darüber, wer das Geld bezahlen soll. Signora Donatello denkt nicht daran, auch nur mit einem Centesimo herauszurücken — und ich an ihrer Stelle täte es auch nicht!«
Lorenz lachte hell auf.
»Habe ich wieder einmal etwas sehr Dummes gesagt?« fragte sie und steckte einen Finger in den Mund. Er schüttelte den Kopf und starrte in den blanken Spiegel seines Glases. Für einen kurzen Augenblick versank die Gegenwart. Für den Bruchteil einer Sekunde wurde alles lebendig, was längst vergangen war. Er spürte das knisternde Maisstrohlager und roch in der Dunkelheit, die ihn umgab, den säuerlichen Geruch der an der Mauer hängenden Arbeitsgewänder. Und er hörte das leise Knarren der Tür, das Annas Kommen ankündigte. Er spürte ihren warmen Leib, der sich über sein Lager beugte, und ihren Frauengeruch, der seine Sinne anstachelte. Und er vernahm an seinem Ohr ihre flüsternde, rauhe Stimme, mit der sie ihm erzählte, was ihr am Tage begegnet war, Ärgerliches und Lustiges durcheinander, das durch die Naivität, mit der sie es vorbrachte, einen unbeschreiblichen Reiz bekam. Durch sie kannte er den Ort, die Leute und ihre Geschichten, als ob er täglich und nächtlich mitten unter ihnen lebte.
»Nein, Anna«, sagte er herzlich und hob das Glas zum Munde, »deine Worte weckten in mir alte Erinnerungen... Und natürlich hast du recht, ich würde an der Stelle von Signora Donatello auch nicht einen Soldo herausrücken! — Aber diese Sorgen wirst du ja auch nie haben, weil dein Pietro nicht spielt.«
»Oh, die Verführung ist groß, wenn er erst einmal Kaffeehauspächter oder gar erst Besitzer ist. Aber verlaß dich darauf, Lorenzo, ich werde dafür sorgen, daß er beschäftigt ist! Da ist Kaffee zu mahlen und Wein aus dem Keller zu holen, da sind die Siphons neu aufzufüllen, und da rufen die Gäste nach Eis... Er wird laufen müssen, daß er herum kommt!«
»Davon bin ich auch überzeugt!«
Er beugte sich zu Elisabeth hinüber, die mit dem Hund spielte und ihm kleine Steine zum Apportieren zuwarf.
»Es ist schade, daß du Anna nicht verstehst, Liebling... Du würdest deinen Spaß an ihrer Art haben...«
»Laß nur«, sagte sie ein wenig frostig, »unterhalte dich nur weiter mit ihr und erzähl mir später, was du an ihr so amüsant findest. Aber dehne — bitte — den Besuch nicht allzu lang aus. Es wird kühl, und es wird auch bald dunkel, und ich möchte mir beim Heimweg nicht die Beine brechen.«
Er verdolmetschte Anna Elisabeths Wunsch, aber er verwandte einen etwas liebenswürdigeren Tonfall, und Anna nickte zustimmend und warf einen Blick auf Elisabeths Schuhe.
»Sie hat kleine zarte Füße, deine Frau... Wirklich, sie hat die kleinsten Füße, die ich je bei einer Donna Tedesca gesehen habe. Und der Weg ist wirklich schlecht. Das Wasser wäscht die Steine von Jahr zu Jahr mehr heraus. Aber das ist zum Glück nicht unsere Sorge. Mag Signor Galotta, der den Ölgarten kaufen will, sich darum kümmern! Er will hier eine Pension für Fremde bauen. Gargnano wächst im Zusehen. Es kommen immer mehr fremde Gäste. Wir werden noch Gardone den Rang ablaufen. Für unser Café kann ich es nur wünschen!« Sie schlug sich mit der Hand leicht auf den Mund: »Aber ich spreche immer nur von mir. Wie geht es dir, Lorenzo? Was machst du, und wo lebst du? Du bist ein reicher Mann geworden, nicht wahr? Ich möchte nicht wissen, was der Rock von deiner Frau gekostet hat! Er glänzt, als sei er wahrhaftig aus reiner Seide. Und das dicke Armband schimmert matt wie echtes Gold...«
»Ich bin Rechtsanwalt, Anna, weißt du, Spezialist für Steuerangelegenheiten...«
»Orsù, das ist ein guter Beruf! Du hilfst den reichen Leuten, den Staat zu betrügen. Das wird gut bezahlt. Aber es ist nicht ungefährlich, Lorenzo! Erst im vergangenen Jahr haben die Karabinieri den Dottore Montagna, einen Anwalt aus Gardone, deswegen ins prigione geführt — so!« Sie kniff ein Auge zu und legte die geballten Fäuste Puls gegen Puls aneinander. »Du verstehst mich hoffentlich!« — »Keine Angst!« rief er lachend, »das wird mir — so Gott
Weitere Kostenlose Bücher