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Liebe auf südlichen Straßen

Liebe auf südlichen Straßen

Titel: Liebe auf südlichen Straßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Jawohl, ich lache! Und das ist doch wohl ein kleiner Unterschied, nicht wahr?«
    »Davon habe ich nichts gemerkt, aber ob du nun lachst oder nicht, ist ja auch gleichgültig. Ich verstehe nicht, weshalb du mir Annas Existenz verschwiegen hast. Du erzähltest mir immer nur vom alten Anselmo...«
    »Das stimmt nicht!« unterbrach er sie, »ich habe dir auch von seiner Schwiegertochter, eben von Anna, erzählt!«
    »Gewiß — aber kein Wort davon, daß sie hier war!«
    »Aber natürlich habe ich davon gesprochen: daß Anna in Livorno lebte und, nachdem ihr Mann bei Tripolis gefallen war, manchmal für kurze Zeit nach Gargnano kam, um dem Alten bei der Bestellung des Gartens zu helfen...«
    »Und die Gartenbestellung fiel gerade in die Zeit deiner Anwesenheit, nicht wahr?«
    »Entschuldige tausendmal!« rief er aufgebracht, »aber ich kann wirklich nichts dafür, daß die Bestellung der Gärten ins Frühjahr fällt.«
    »Was du nicht sagst! Aber du brauchst dich nicht zu entschuldigen.«
    »Ich stelle die Dinge nur gerade, die du verschoben hast!«
    Elisabeth zeichnete mit der Spitze ihrer Sandale Kreise in den Sand. Sie hielt die Hände in ihrem Schoß so fest geschlossen, daß die Knöchel weiß aus dem bräunlichen Handrücken traten.
    »Es gab also nichts zwischen euch?«
    »Was soll es zwischen uns gegeben haben? Anna hat mich gepflegt, sie hat mich gefüttert und sie hat mir zu trinken gegeben, wenn ich Fieber und Durst hatte.«
    »Das sind genau die gleichen Worte, die du vor ein paar Stunden für die Rolle brauchtest, die der alte Anselmo in deinem Leben gespielt haben soll.«
    »Mein Gott! Sie waren eben beide um mich bemüht!«
    »Schon gut...«, murmelte Elisabeth und nickte ihm zu, ohne ihn anzuschauen, »es ist mir auch gleich...«
    »Was ist dir gleich?« fragte er hitzig.
    »Wenn etwas zwischen euch gewesen wäre.«
    Er stöhnte auf, daß der Hund die Ohren spitzte.
    »Elisabeth!« rief er und hob mit einer flehenden Gebärde die Hände empor, »du redest dir etwas ein, was es nie gegeben hat! Jedenfalls von meiner Seite nie gegeben hat!«
    »Also hat sie dich geliebt?« unterbrach sie ihn rasch.
    »Das weiß ich nicht«, antwortete er schweratmend und zertrat die Glut seiner Zigarette mit dem Absatz. Elisabeth starrte stumm in ihren Schoß, und Lorenz scharrte den Zigarettenrest in den Sand ein. Eine Minute lang schwiegen sie. Es war ein unbehagliches Schweigen.
    »Nun, ich finde jedenfalls«, sagte Elisabeth schließlich mit spröder Stimme, »daß es eine Hochzeitsreise mit kleinen Überraschungen ist, nicht wahr?«
    Er drehte sich halb um und sah ihr voll ins Gesicht. Seine Haltung zwang sie, den Kopf zu heben, und ihre Blicke begegneten sich und hielten einander für Sekunden fest.
    »Ich fürchte fast«, sagte er gepreßt, »wir stehen am Anfang einer ernsthaften Auseinandersetzung, wie?«
    »Am Anfang?« murmelte sie und hob fragend die Brauen, »ich finde, wir sind schon mitten drin.«
    »Dann ist es wohl am besten, wenn wir gehen...«
    »Nein, denn das können wir Anna nicht antun. Oder vielmehr, das kannst du ihr nicht antun. Sie hat doch in deinem Leben eine Bedeutung gehabt. Und wenn du es auch nicht wahrhaben willst, ich habe es aus ihrer Stimme gehört und aus ihrem Blick gelesen, daß sie auf diese Begegnung mit dir viele Jahre lang gewartet hat.«
    »Du nimmst diese Geschichte wirklich viel zu wichtig...«
    »Wichtig oder nicht... Was ich im Augenblick für wichtig halte, ist nur, daß du anständig handeln sollst. Und es wäre nicht anständig, Anna durch unsere Flucht zu enttäuschen. — Ich mache dir einen anderen Vorschlag: laß mich gehen. Finde irgendeinen Vorwand zu meiner Entschuldigung...«
    »Nein!« unterbrach er sie heftig, »ich will keine Heimlichkeiten! Ich habe vor dir nichts zu verbergen.«
    »Du vergißt, daß ich kein Wort von eurer Unterhaltung verstehe. Ob ich hierbleibe oder gehe, ist völlig gleichgültig.«
    »Trotzdem bitte ich dich zu bleiben.«
    Der Hund, der sich neben der Bank eingerollt hatte, als die freundliche Hand der fremden Frau ihn nicht mehr streichelte, erhob sich erwartungsvoll. Anna erschien mit einem grauen Steinkrug und mit drei Gläsern in der Tür. Sie hatte ein buntgemustertes Baumwollkleid angezogen, und ihre Arme waren von der Bearbeitung mit einer harten Bürste rot gerieben. Sie roch nach Seife und nach dem Öl, mit dem sie die Haut eingerieben hatte. Das Haar war frisch aufgesteckt und wurde über der Stirn von einem schmalen roten Band

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