Liebe auf südlichen Straßen
großen Florentiners — saßen ein paar Gäste unter den bunt gestreiften Gartenschirmen zwischen den staubigen Kübeloleandern. Lorenz raffte den Perlenvorhang zum eigentlichen Lokal beiseite und ließ Elisabeth eintreten. Signora Donatello thronte hinter der Kasse. In dem blanken Nickelzylinder der Espressomaschine spiegelten sich ihre Formen ins Ungeheuerliche verzerrt. Sie waren von Natur aus gewaltig, aber sie wurden durch einen krachenden Panzer gebändigt. Sie trug noch Trauer um ihren verstorbenen Gatten, der, so peinlich für seine Seele, mitten in einem Kartenspiel aus diesem Leben abberufen worden war. Jedoch ein kleiner weißer Spitzenbesatz an der hochgeschlossenen Atlasbluse wirkte wie ein Hoffnungsschimmer, daß sie mit der Zeit über den Verlust hinwegkommen werde. Oberlippe und Kinn zierte ein stattlicher Bartansatz, und das Atmen bereitete ihr Beschwerden.
Lorenz stellte sich ihr in aller Form vor und bat sie, für kurze Zeit an seinem Tisch Platz zu nehmen, da er mit ihr über eine wichtige Angelegenheit zu sprechen habe. Signora Donatello erhob sich ächzend, ohne beim Aufstehen an Größe zuzunehmen und folgte ihm ein wenig mißtrauisch. Sie begrüßte Elisabeth huldvoll und nahm auf einem der winzigen Stühle Platz, die, weder für ihre Formen noch für ihr Gewicht bestimmt, die Last dennoch tapfer trugen. Lorenz begann damit, daß er gehört habe, Signora Donatello beabsichtige, ihre Cafeteria zu verpachten oder zu verkaufen.
»Das ist nicht ganz unrichtig, Signore...«, antwortete sie, ohne ihr Erstaunen zu verbergen. Sie maß Elisabeth und Lorenz mit Blicken ab, als schätze sie beide in ihren Fähigkeiten, eine Cafeteria zu führen, nicht sehr hoch ein, wenn es ihnen auch an den Mitteln, das Geschäft zu übernehmen, nicht zu fehlen schien. Allein der Schmuck, den Elisabeth trug, konnte imponieren, wenn er das war, was er zu sein vorgab...
»Ich spreche nicht für mich, Signora Donatello«, sagte Lorenz rasch, um das Mißverständnis zu beseitigen, »wir haben Freunde in Gargnano, die sich für die Pacht Ihrer Cafeteria interessieren.«
»Oh, es gibt eine ganze Menge solcher Interessenten«, sagte sie kühl.
»Sie kennen gewiß Pietro Cosini und seine Frau Anna...«
»Natürlich kenne ich sie! Pietro Cosini, der im Sommer in den Marmorbrüchen von Carrara arbeitet und es ein wenig auf der Lunge hat, und Anna, die zuerst mit Matteo Luzzatto verheiratet war, der im Krieg gefallen ist. Und ich kenne auch Annas Sohn Lorenzo, der für Matteo zu spät und für Pietro zu früh geboren wurde, nicht wahr? Man erzählt sich hier, er sei der Sohn eines Grafen, der bei unserm Marchese zu Gast war, aber die Leute reden viel, wenn sie nichts Besseres zu tun haben. Sie sehen jedenfalls, Signor Bonaventura, daß ich die Cosinis kenne. Sie sind sehr tüchtige Leute, alle drei. Aber was nützt alle Tüchtigkeit, wenn es ihnen hier fehlt!« und sie rieb den Daumen vielsagend gegen den Zeigefinger.
»Und das nun wiederum ist der Punkt«, fiel Lorenz ein, »über den ich mit Ihnen sprechen wollte. Ich habe nämlich eine alte Verpflichtung gegen Nonno Anselmo, den Sie wohl auch gekannt haben. Der alte Mann hat mir einmal vor langen Jahren das Leben gerettet...«
»Zum erstenmal, daß ich davon höre!« rief sie überrascht und rückte mit ihrem Stuhl näher heran.
»Ich habe da etwas gutzumachen«, sagte Lorenz und versuchte, über den kritischen Punkt rasch und elegant hinwegzukommen, »und da ich es an Nonno Anselmo nicht mehr tun kann, weil er tot ist, möchte ich es den Cosinis zugute kommen lassen.«
»Welch ein Edelmut!« rief Signora Donatello und betupfte gerührt ihre Augen mit einem schwarz umränderten Tüchelchen, das sie aus der Tiefe ihres Busens hervorzauberte. Lorenz erkundigte sich nach der Höhe der Pachtsumme, die sie von Pietro Cosini verlangt hätte. Sie zögerte einen Augenblick mit der Antwort. Die Gelegenheit zu einem bedeutend vorteilhafteren Abschluß schien gekommen zu sein, aber dann siegte bei ihr doch die Überlegung, daß dieser fremde Cavaliere die Unterredung nicht herbeigeführt hatte, ohne mit Anna Cosini vorher darüber gesprochen zu haben. So erklärte sie also, daß sie eine halbe Million Lire als Jahrespacht und die gleiche Summe als einmalige Ablösung gefordert habe und nicht beabsichtige, auch nur um einen soldo von dieser Forderung herunterzugehen. Lorenz erbot sich, ihr die Pacht für ein Jahr sofort auszuzahlen. Und er verpflichtete sich weiter, für die
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