Liebe auf südlichen Straßen
Mamina hatte es schwer mit ihm, besonders, wenn er zuviel Rotwein getrunken hatte. Dann fing er jedesmal an, von einem Deutschen zu reden, den Mamina in der Gerätekammer versteckt hielt, und mich nannte er die Frucht der Sünde, bis Mamina böse wurde und ihn ins Bett steckte. Bè, es gehört nicht sehr viel Verstand dazu, sich die Dinge zusammenzureimen. Sie waren der Deutsche, den Mamina in der Gerätekammer verborgen hielt, nicht wahr?«
»Ja, Lorenzo, deine Mutter hat mir das Leben gerettet«, sagte Lorenz und wand den Strohhalm, mit dem er die Aranciata geleert hatte, wie einen Ring um seinen Mittelfinger; »ich würde es dir nicht eingestehen, wenn ich nicht das Gefühl hätte, daß man dir die Wahrheit anvertrauen kann.«
»Oibò!« sagte Lorenzo mit einem Fingerschnippen, »ich weiß, deutsche Buben in meinem Alter sind noch richtige Kinder und haben keine Ahnung vom Leben. Aber sehen Sie, Signore, ich bin seit vier Jahren Geschäftsmann, und es gibt in meiner Schulklasse nur zwei ragazzi, die gerissener sind als ich.«
»Ja, deine Mamina hat mir schon erzählt, mit was für raffinierten Tricks du arbeitest...«
»Oh«, murmelte Lorenzo und errötete bis in den Hals hinein und bis unter die Haare, »so etwas kann man natürlich nur mit Durchreisenden machen. Es tut mir leid, daß ich Ihrer Frau faule Limonen angedreht habe. Sie können das Geld natürlich zurückbekommen. Mit Freunden macht man so etwas nicht. Aber gestern wußte ich ja auch noch nicht, daß Sie ein alter Bekannter von meiner Mamina sind...«
»Schon gut, schon gut«, wehrte Lorenz ab, »ich kann den Verlust ertragen. Aber weißt du, es stört mich doch ein wenig, daß du mit solchen Tricks arbeitest...«
»Das sagt Mamina auch immer, sie sagt: Das fängt mit dem Zwirnsfädchen an und hört mit dem Galgenstrick auf. — Sie hat manchmal eine sehr deutliche und peinliche Art, sich auszudrücken.«
»Ich weiß es«, sagte Lorenz mit einem kleinen Grinsen, »ich kenne sie schließlich länger als du.«
»Gewiß, da Sie ja mein Vater sind, Signore.«
»Ja, Lorenzo«, sagte Lorenz, ohne seinen Sohn anzusehen, und hatte ein kitzelndes Gefühl der Trockenheit in der Kehle.
»Es ist komisch«, murmelte Lorenzo nach einer Weile, »und so richtig kann ich es eigentlich nicht begreifen...«
»Ich eigentlich auch nicht...«, sagte Lorenz und rieb sich nervös das Kinn.
»Ja, es ist schon sehr merkwürdig, daß Sie mein Vater sind und daß ich Ihr Sohn sein soll, so plötzlich, nicht wahr?«
»Ja, gewiß, sehr überraschend...«
»Nicht, daß es mir gerade unangenehm ist, Signore«, sagte Lorenzo ein wenig verlegen, »das dürfen Sie nicht denken. Und ich möchte Sie auch nicht beleidigen. Aber ich glaube doch, daß Pietro Cosini, zu dem ich Vater sage, mein richtiger Vater ist. Wissen Sie, er ist nämlich ein Mann, den ich sehr gern habe... Sonst hätten wir ihn ja auch nicht geheiratet...«
»Das freut mich, Lorenzo! Das freut mich aufrichtig. Und wenn ich ehrlich sein soll: ich möchte mich auch nicht in euer Leben hineindrängen und es vielleicht beunruhigen.«
Er bemerkte, daß Lorenzo mit seiner Cassata fertig geworden war und fragte schüchtern, ob er noch eine möge.
»Och«, sagte sein Sohn schlicht, »davon kann ich ein Dutzend hintereinander essen.«
»Dann hol dir doch, soviel du magst, und bring mir noch eine Orangeade mit, ich bin wie ausgetrocknet.« Er wollte Lorenzo ein paar hundert Lire zustecken, aber der Junge überschlug die Rechnung im Kopf und gab ihm den Rest des Geldes mit einer entschiedenen Geste zurück.
»Nein, Signore, nicht mehr, nachdem wir so zueinander stehen. Aber ich wollte eigentlich über etwas anderes mit Ihnen sprechen.«
»Weißt du, Lorenzo«, sagte Lorenz und spielte mit dem neuen Strohhalm, bis er unbrauchbar wurde, »das Wort Signore klingt mir nun doch ein wenig merkwürdig in den Ohren... Willst du nicht vielleicht doch besser Du zu mir sagen, wie?«
»Vielleicht Zio Lorenzo...«, schlug der Junge vor.
»Hm — Onkel Lorenzo — nun ja, wenn du meinst...«
»Aber ich werde mich erst daran gewöhnen müssen, Signore...«
»Ich auch... Dann also später... Aber du wolltest mit mir über eine andere Sache sprechen, nicht wahr?«
Lorenzo ließ sich Zeit, bis er die zweite Cassata mit Behagen vertilgt hatte. Der Absprung schien ihm Schwierigkeiten zu machen, und Lorenz nickte ihm ermuternd zu.
»Da ist nämlich die Geschichte mit Signora Donatello und ihrer Cafeteria an der Piazza
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