Liebe bringt die höchsten Zinsen
oft an dich gedacht und an unser gemeinsames Leben – ich werde dich auch in Zukunft vermissen."
Dann schaufelten die beiden die ausgegrabene Erde zurück in das Grab mit der Teedose.
Stefanie verspürte Trauer. Und auch Kathi sagte kein Wort. In ihren Augen glänzten Tränen.
Abschied fällt selten leicht, Abschied für immer schmerzt.
62. Die großen Gefühle
In das Leben der beiden Frauen war gleichzeitig ein Gefühl eingedrungen, das beiden Herzklopfen bereitete und zugleich Sehnsucht und Verunsicherung auslöste.
Kathi hatte sich ihr Leben lang nie zu tief auf die Gefühle für einen Mann eingelassen. Sie hatte Angst, verletzt zu werden wie ihre Mutter. Männer hatte sie nach ihrer ersten Verliebtheit wie einen netten Zeitvertreib behandelt, der nie unter die Oberfläche gedrungen war. „Es war so eine Art Notwehr", gestand sie ihrer Schwester, „damit ich stets die Kontrolle über mich behielt. Es waren Surf-Freunde eben, saisonabhängig..."
Doch Thomas hatte neue Gefühle in ihr geweckt und auch neue Sichtweisen. Kathi erkannte, dass ein Mann auch ein verlässlicher Kamerad sein kann - auf gleicher Augenhöhe und bereit, Probleme gemeinsam zu lösen, den anderen durch Dick und Dünn zu begleiten. Ein Mensch, der Fehler einsieht und um eine gerechte Sache kämpft. „Der auch mal schwach werden kann und meine Hilfe braucht."
So wie vor wenigen Tagen: Stefanie hatte nachdenklich ihrer Schwester anvertraut: „Ich überlege mir, ob Thomas noch als Geschäftsführer tragbar ist. Er hat die Bank an den Rand der Katastrophe gesteuert. Und er war leichtfertig wie ein Spieler."
Kathi war entsetzt: „Das kann doch nicht dein Ernst sein? Er hat gekämpft, um alles wieder gut zu machen. Du musst ihn halten. Er hat eine zweite Chance verdient!"
Kathi hatte sich in dieser Diskussion über sich selbst gewundert: Warum geht mir der mögliche Rauswurf von Thomas so nahe? Warum setze ich mich für ihn so leidenschaftlich ein?
Stefanie hatte ihr die Antwort geliefert: „Gib zu, dass du dich in ihn verliebt hast. Und wenn das so ist, handele entsprechend. Zeig es ihm und hör auf, mit ihm zu spielen."
„Und wenn ich mich in ihm täusche?"
„Du täuschst dich nicht: Thomas empfindet für dich sehr, sehr viel. Daran besteht überhaupt kein Zweifel."
Kathi musste an das Bad im See denken und wie sie – ungeplant – so innig miteinander waren. Und wie er seitdem an ihren Lippen hing; ihr jeden Wunsch von den Augen ablas. Und wie er eines Abends, bei einem Spaziergang an einem der Alpenseen plötzlich in seine Jackentasche gegriffen und einen Ring herausgezaubert hatte. Stotternd und schüchtern wie ein Schuljunge hatte er Kathi gefragt: „Würdest du – ich meine, ich würde dich gerne... also: würdest du dich mit mir verloben?"
Überglücklich hatte Kathi „ja" gesagt. Sein offenes Wesen hatte eine magische Anziehungskraft auf sie ausgeübt. Aber dann tauchten wieder Bilder der Vergangenheit auf und mit ihnen Zweifel, ob eine Bindung richtig sei.
Stefanie hatte ihr jetzt die Augen endgültig geöffnet und sie aufgefordert: „Lass' dich von deinen Gefühlen leiten. Thomas ist der Mann deines Lebens. Und wenn du ihm eine zweite Chance zubilligst, dann will auch ich sie ihm nicht verweigern."
Kathi sprang auf, drückte ihre Schwester: „Danke, vielen, vielen Dank. Es wird dir bestimmt nicht leidtun; er wird es dir ewig danken. Und was mich betrifft: Es stimmt alles, was du sagst. Manchmal ist man blind." Und leise fügte sie hinzu: "...und sieht die wahre Liebe nicht."
Glück und Enttäuschung lagen im Leben beider Schwestern dicht beieinander; jetzt kam ein seltenes Gefühl hinzu, das beide bezwungen hatte und das sie in dieser Form bisher noch nicht kennengelernt hatten: Stefanie und Kathi hatten die echte Liebe entdeckt. Sie verzehrten sich nach Thomas und Daniel. Sie genossen die Augenblicke, in denen ihre Gedanken sie zu den beiden Männern trugen: Augenblicke, die in immer kürzeren Abständen einsetzten und immer länger andauerten.
Anfangs hatte auch Stefanie an ihrem Gefühl zu Daniel gezweifelt: Ob ich ihn wirklich liebe? Oder bin ich ihm nur dankbar für das, was er für mich getan hat? Zu tief saß die Angst, erneut auf einen Mann hereinzufallen. Aber je länger sie von Daniel getrennt war, desto inbrünstiger sehnte sie sich nach ihm.
Schließlich verging kein Abend, an dem
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