Liebe bringt die höchsten Zinsen
sollte niemand misstrauisch werden und am Ende alles durchschauen. Es reicht, wenn das Haus einen bewohnten Eindruck macht, um Bankgeschäfte musst du dich nicht kümmern."
„Keine Bange, O.K.? Lass das nur die Kathi machen, Kathi macht die richt'gen Sachen."
Die drei Frauen lachten.
Stefanie stimmte endgültig zu, mit ihrer Schwester neben der Haarfarbe auch den Personalausweis zu tauschen, um unerkannt in die Heimat ihres Schwarms zu reisen. Kathi sollte die Villa der Waldenbergs am Ortsrand allein bewohnen.
„Da wäre noch etwas", warf Frau Zupfert ein. „Übermorgen, am Freitag, soll die große Versammlung stattfinden. Sie wollten sich als Nachfolgerin Ihres Herrn Vaters vorstellen. Und ein Jubilar wird auch noch ausgezeichnet."
„Das sagen wir alles ab", stellte Stefanie klar.
Weit nach Mitternacht verabschiedete sich Frau Zupfert. Um ihre Schwester Kathi vor Enttarnung zu schützen, beschlossen die Schwestern, Anrufe, die im Haus eingingen, auf Stefanies eigenes Handy weiterzuleiten. So konnte jeder Anrufer bei Stefanie ankommen und die echte Stimme von ihr hören, ohne Verdacht zu schöpfen – egal, wo sie sich gerade aufhielt. Kathi sollte keines der Telefone abheben.
Für den Fall, dass Stefanie Kontakt zu ihr haben wollte, übergab Stefanie ihrer Schwester ein zweites Handy.
„Jetzt kann nichts mehr schiefgehen", frohlockte Kathi.
In aller Frühe kehrte Frau Zupfert zurück. „Ich wage es kaum zu sagen", zögerte die Sekretärin, „aber Sie haben nur noch sieben Tage Zeit, die Forderungen aus Italien zu erfüllen. Danach fallen die Bankanteile, die als Sicherheit vereinbart worden sind, Herrn Bertone zu. Es gibt nur ganz wenige Ausnahmeregelungen."
„Welche?"
„Da ist noch ein weiteres Problem", druckste Frau Zupfert. „Wie ich schon sagte: Die Liste mit den Zahlenkombinationen für den Safe Ihres Herrn Vaters ist zwar verschwunden, aber ich habe eine geheime Kopie gefunden, die Ihr Vater versteckt hatte. Damit konnte ich den Safe öffnen."
„Und?"
„Die Verträge ...", die Sekretärin zögerte es auszusprechen, „die Verträge mit Herrn Bertone und alle Ausnahmeregelungen, denen Herr Bertone nach all den Verhandlungen letztendlich zugestimmt hatte, also die Originale..."
„Sagen Sie schon: Was ist damit?"
„Die waren auch in dem Safe. Und als ich ihn heute morgen öffnete..."
„Was war da?"
„Da war nichts, der Safe war leer geräumt. Alles war weg: der Untersuchungsbericht der Detektive, die Ausnahmeregelungen zu den Verträgen – und der Schlüssel für den Privatsafe hier in der Villa..."
Keine der Frauen sprach ein Wort.
„Soll ich die Polizei alarmieren?", fragte Frau Zupfert.
„Nein, noch nicht", bremste Stefanie. „Die würde wissen wollen, was alles in dem Safe lag. Wir müssten zu viele Fragen beantworten; einen Tag später stünde alles in der Zeitung. Wir werden das Haus aber doppelt und dreifach verriegeln, damit der Schlüsseldieb nicht auch noch Vaters Privatsafe leer räumen kann."
Stefanie blicke Frau Zupfert an: „Ich benötige alle Telefonnummern und Adressen von Silvio Bertone – auch die privaten."
17. Eine Reise ins Ungewisse
Als die Sonne über den Alpen den neuen Tag begrüßte, war Stefanie schon seit drei Stunden auf den Beinen und hatte mehr als 200 Kilometer zurückgelegt. Jetzt parkte sie auf einem Rastplatz, um sich kurz auszuruhen. Nach der langen Diskussion vor ihrem Aufbruch war sie hellwach gewesen, aber inzwischen hatte die Müdigkeit sie eingeholt.
Ich will nur 20 Minuten ruhen, sagte sie sich, dann geht's weiter. Sie hatte sich in das Polster des Beifahrersitzes gekuschelt wie eine Katze vor dem warmen Ofen. Ihr Haar leuchtete blond und bildete einen ungewohnten Kontrast zu ihren Augen. Sie waren braun und voll von jener Traurigkeit, die Abschiednehmen mit sich bringt – auch Abschied von einer Hoffnung.
Stefanie wandte den Kopf zum Fenster und ihre Augen huschten über die Lastwagen, die auf der Autobahn dem Brenner entgegeneilten und jenen, die beladen mit Waren aus Italien gen Deutschland drängten.
Mächtig wachten im Hintergrund die Berge über allem: über den Dörfern, den Autos, den Menschen. Und über den Schicksalen.
In ihren Augen lag Wehmut und ihr Blick war voller Erinnerungen.
Gedankenverloren stieg sie aus, um sich die Beine zu vertreten. Sie
Weitere Kostenlose Bücher