Liebe bringt die höchsten Zinsen
schien aus dem Bilderbuch der schönsten Adria-Ansichtskarten kopiert: Die Sonne strahlte, nur ein leichter Windhauch lag in der Luft. Er brachte den Duft von Lavendel und Rosmarin, Salbei und Thymian.
Stefanie sog die Gerüche tief ein. Sie war überzeugt: Das muss gemeint gewesen sein, als ich vor Jahren vom betörenden Duft des Glücks gelesen habe.
***
Gefahren kündigen sich nicht an bei einem solchen Wetter und Schocks treffen meist so unerwartet die Magengrube wie Naturkatastrophen ein Getreidefeld.
Die Bankerbin und der Wirtschaftsjournalist - das ungleiche, streitbare Paar war auf dem Weg zum Bauprojekt in Kroatien. Völlig übermüdet erreichten sie Skradin, eine kleine Hafenstadt am Krka-Fluss, eingerahmt von Bergen, fruchtbaren Feldern und dem wunderschönen Krka-See. 3500 Jahre vor Christi Geburt hatten sich hier die ersten Siedler niedergelassen und bis in die Neuzeit war die Stadt das Ziel vieler Eroberer gewesen. Dann wurde sie zum Ausgangspunkt für hunderttausende von Touristen, die jedes Jahr den Naturpark mit seinen zehn Seen und acht atemberaubenden Wasserfällen erkunden.
Daniel parkte sein Cabrio vor einem Hotel in Flussnähe. Die beiden hatten keinen Blick für den romantischen Ort mit seinen malerischen Gassen, Bögen und Steintreppen. „Lass' uns schnell die Baustelle besuchen", bat Stefanie, „ich kann es kaum erwarten."
Er deutete auf die Vorderansicht des Werbeflyers, den Stefanie in Mailand vom Banktresen mitgenommen hatte: „Die Aufnahme wurde vom Wasser aus gemacht. Wir sollten aus derselben Richtung heranfahren."
Sie hatten Glück: In wenigen Minuten legte ein Ausflugsboot ab, das zu den Wasserfällen von Skradin fuhr. Dort wür den sie einen Pfad hochwandern, in ein weiteres Boot umsteigen und direkten Kurs auf die Insel Visovac nehmen.
Aufgeregt bestiegen Stefanie und Daniel das Schiff der Touristen. Sie fanden Platz auf einer Sitzbank an der Reling. Das Boot legte ab; sie lauschten den Erklärungen des Bootsmannes und Fremdenführers:
„Die Wasserfälle der Krka sind weltweit einmalig und sie gehören zu den schönsten und ungewöhnlichsten Naturphänomenen unseres Landes", schwärmte er. Daniel bemühte sich, im gleichen Tempo zu übersetzen. „Die Krka hat sich in tausenden von Jahren einen Weg zwischen den Felsen gebahnt. Sie fließt durch Schluchten, die bis zu 200 Metern tief sind und staut sich in zehn Seen. An ihrem Ausgang stürzt sie tosend in die Tiefe. Wir fahren jetzt genau darauf zu. Falls Sie fotografieren möchten: Unser Boot wird sich gleich drehen, so dass Sie von beiden Seiten hervorragende Aufnahmen machen können, egal, wo Sie stehen."
Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Wer die Krka weiter hinauffahren will: Auf der rechten Seite sehen Sie den Wanderweg mit den Stufen zum oberen See. Dort wartet ein weiteres Boot."
Schmunzelnd fügte der Bootsmann hinzu: „Der See wird von zahlreichen Legenden umrankt. Demnach sind die Felsen der Wasserfälle die Heimat von Elfen, Kobolden und Wassergeistern. Wenn Sie genau hinsehen – vielleicht entdecken Sie die heimlichen Herrscher der Seenkette."
Sie fuhren immer näher an die 800 Meter breite Wasserwand heran, die sich vor ihnen auftat. Dann stoppte das Boot und gewährte seinen Passagieren Logenplätze für dieses einmalige Naturschauspiel: Aus dem oberhalb gelegenen See walzten die Wassermassen ungebremst heran. Sie drängten erregt zu der ersten Kante der vielen Felsen, die von sprudelnden Elementen in Jahrtausenden mit unendlicher Ausdauer geglättet worden waren. Die gewaltigen Spritzer des Stroms wuchsen an zu immer neuen Fontänen.
Lautes Brausen erfüllte die Luft. Wie entfesselt schoss der nie endende Strom in mächtigen Kaskaden über 17 Stufen polternd und fauchend in die Tiefe. Mit enormer Wucht und ohrenbetäubendem Rauschen tobten seine Massen über die porösen Kalksteine, bevor sie 50 Meter tiefer endgültig aufprallten und wütend explodierten.
Ihre schäumende Gischt stieg 30 Meter hoch – begleitet von einem mystischen Nebel winzigster, staubgleicher weißer Kristalle. Sie glitzerten in der Luft und sie legten sich versöhnlich auf Bäume und Boote - feucht wie ein Film, den die Natur zur Abkühlung an diesem heißen Sommertag erdacht hat.
Stefanie war im Banne der Wasserfälle gefangen: „Einfach grandios!" Sie konnte sich nicht satt sehen an dem rauschenden Nass, das sich in Jahrtausenden
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