Liebe bringt die höchsten Zinsen
ungeduldig und unbändig durch die Felsen gefräst und ungezählte Canyons gebildet hatte - zwischen geheimnisvollen Felsen, die wie versteinerte Giganten über die Wasserfälle wachen. Dann wieder glatte Seenflächen – wie ein trügerisches Ruhebett, aus dem die Krka ausbricht, bevor sie sich mit brausendem Getöse wieder in die Tiefe stürzt.
Auch Daniel, der den Naturschutzpark Krka schon früher besucht hatte, war aufs Neue beeindruckt. „Man wird immer wieder gefesselt von diesem wahren Wunder der Natur."
Das Boot näherte sich dem Ufer. Beide stiegen aus. Über einen hölzernen Steg mit vielen Treppen gelangten sie zu einem Aussichtspunkt. Vor ihnen ruhte ein still-sanfter See: romantisch, zwölf Kilometer lang. Sein Wasser schillerte so grün wie die Getränkeflasche des Bootsführers: der Visovacko-See.
Unweit des Aussichtspunktes wartete bereits ein weiteres Boot. Sie stiegen ein und schaukelten gemächlich flussaufwärts. Zurück ließen sie sanft plätschernde Wellen, die sich glitzernd teilten, bevor sie auf beiden Seiten zum Ufer strebten.
Aus den Fluten dicht am Ufer wuchs plötzlich eine kleine Insel empor, die von der Spitze eines Kirchturms gekrönt wurde: das Kloster Visovac, ihr Ziel.
„Wie auf einer Ansichtskarte", stellte Stefanie begeistert fest, „fast schon zu schön – und dennoch wahr."
Daniel blickte auf den Flyer. Er verglich die Abbildung mit der Ansicht, die sich beiden bot. Immer deutlicher konnten sie das Kloster erkennen: „Von hier aus muss das Foto aufgenommen worden sein."
„Eine Top-Lage", räumte Stefanie bewundernd ein. „Klar, dass man an solch ein Grundstück nur mit Beziehungen kommt. Das wäre bei uns überhaupt nicht möglich. Da würden die Grünen Sturm laufen und alle Wandervereine aufmarschieren."
„In einem Naturpark wie hier ist es auch bei uns in Kroatien nicht so einfach."
Eine unbeschreibliche Spannung ergriff Stefanie, als das Boot sich der Insel näherte. Sie kämpfte dagegen an, aber es gelang ihr nicht.
Die Stimme des Bootsmannes drang erneut zu ihnen: „1445 siedelten sich hier erstmals Mönche an, seit einem Jahrhundert sind es die Franziskaner. Sie leben immer noch in Bescheidenheit und Verzicht auf Wohlstand."
Er drosselte den Motor seines Bootes und blickte zurück auf vergangene Zeiten: „Unser Land hat eine turbulente Geschichte hinter sich: mit Eroberungen und Plünderungen, mit Zerstörungen und Brandstiftung – aber die Insel Visovac ist auch im letzten Krieg eine Oase des Friedens und des Gebets für uns geblieben. Es gab keine Kämpfe – und auch für aufdringlichen Kommerz ist hier kein Platz. Gott gebe, dass die Insel auch künftig ihren Charakter nicht verändert."
Stefanie war irritiert.
Der Fremdenführer berichtete weiter: „1905 hatten die Franziskaner das weiße Kloster hinzugebaut. Noch heute meditieren und studieren sie auf dem idyllischen Eiland. Es dient hauptsächlich der Ausbildung der Novizen. Franziskaner, die arbeiten, bekommen von ihrem verdienten Lohn 50 Euro im Monat ab zur privaten Verwendung. Der Rest wird an die jeweilige Provinz des Ordens abgeführt, einen Teil erhalten die einzelnen Klöster."
Das Boot verringerte seine Fahrt. Ein freundlicher junger Mann von etwa 30 Jahren gesellte sich zu ihnen an die Reling. Er trug einen Habit, eine graubraune Kutte mit großem Schulterklappen. Um die Taille hatte er einen einfachen Strick gebunden, den Zingulum, mit drei kunstvoll gelegten Zierknoten an einem der herabbaumelnden Enden. Jeder Knoten sym bolisierte eines der drei elementaren Gelübde, die jeder Ordensbruder der Franziskaner ablegen muss: ehelose Keuschheit, Gehorsam gegenüber der Kirche und ein Leben in Armut - wie es der Bettelmönch und Ordensgründer Franz von Assisi festgelegt hatte.
Der junge Frater hob seinen Arm und deutete stolz auf die Insel, die in unwirklicher Schönheit aus dem See aufstieg – überragt und gekrönt vom Turme der Kirche aus dem 16. Jahrhundert.
„Ist das nicht ein schöner Ort?" Ohne eine Antwort abzuwarten fügte er hinzu: „Ich werde ihn nur mit schwerem Herzen verlassen, aber Versetzungen gehören in unserem Orden grundsätzlich dazu."
„Sie müssen das Kloster wechseln?" fragte Stefanie.
„Alle sechs Jahre. Der Verzicht auf dauerhafte Bindungen gehört mit zu unserem Ordensleben – so, wie auch das Leben in Armut."
Das Boot kam der Insel
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