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LIEBE DEINEN NÄCHSTEN Noah Fitz Thriller (German Edition)

LIEBE DEINEN NÄCHSTEN Noah Fitz Thriller (German Edition)

Titel: LIEBE DEINEN NÄCHSTEN Noah Fitz Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Fitz
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Erst jetzt konnten die Beamten all das sehen. Davor war ihre ganze Aufmerksamkeit bei der Verfolgung auf die Autos fixiert, darum hatten die Ermittler alles, was sich außerhalb ihres Tunnelblickes befand, gar nicht mitbekommen. Umso erschreckender war der abstrakte, an die Surrealität angrenzende Anblick. Im Hintergrund sah man die schöne Natur. All das wurde von dem armen toten Menschen, dessen zerstückelter Körper in der sengenden Sonne auf einem Kreuz hing, überschattet.
    „ In der bizarren Skulptur kann man den Drang nach Perfektion erkennen. Der Schöpfer dieses perversen Werkes, oder wie man es sonst noch nennen darf, hat eine krankhafte Beziehung zum Detail. Die Abhängigkeit zur Perfektion wird oft bei Serientätern festgestellt, die eine Gratwanderung zwischen Wahnsinn und Genialität durchlaufen. Sie versuchen, ihre Perversion und den Drang nach Perfektion in Balance zu halten. Wie so oft eskaliert das Ganze in einem Massaker. Sie verlieren die Kontrolle über sich selbst, ihren Trieb, den Drang nach mehr, oder ...“ Raphael verstummte, ohne von dem Mann wegzuschauen. Für einen Moment sah er in dem Fremden seinen Sohn, was ihm sofort die Sprache verschlug. Tränen liefen ihm über sein von Sonne und Wind gegerbtes Gesicht.
    Jetzt sahen sie, was das leise, zauberhafte Gebimmel verursachte, ein Miniglöckchen war oben auf dem großen Kreuz befestigt. Durch den Wind angeschaukelt, hauchte das silberne Ding seinen kläglichen Ruf in den Wald hinaus.
    „Kennst du ihn?“, meldete sich Lisa zaghaft.
    Raphael schüttelte nur mit dem Kopf. „Nein“, mehr brachte er nicht heraus, zu sehr schmerzte ihn der Gedanke daran, auch seinen Sohn so leiden sehen zu müssen.
    „Raphael ...“, Lisa zog die Nase hoch, auch sie weinte im Stillen, „... auf dem Foto war doch ... er? Auf dem Bild ... da, da war sein Haupt noch behaart.“
    Raphael dankte ihr in Gedanken, dass sie ihn stets vor dem Verrücktwerden zu bewahren versuchte.
    „Der Täter ist der gleiche Mann“, bestätigte er trocken.
    Lisa war wie vor den Kopf gestoßen und legte ihre Stirn in Falten. „Welcher Mann?“, flüsterte sie ungläubig. 
    „Der ‚Dekorateur‘ ist wieder da. Er möchte seine Mission vollenden. Bei Sofia war seine Perfektion nicht zu übersehen gewesen. Egal, wie abstoßend es auch sein mag, alles, was er macht, wird bis aufs kleinste Detail genau platziert. Die Hände sind exakt auf der gleichen Höhe, sowie die restlichen Gliedmaßen seines Körpers. Er hat auf Präzision geachtet, darum wurde auch der Schädel kahl rasiert, die Haare wären sonst ein störender Faktor gewesen.“ Raphael sprach seinen Gedanken laut aus.
    Der nicht ganz junge Körper des gekreuzigten Mannes hing auf einem stabilen Kreuz. Die Konstruktion schien aus mehreren Komponenten zu bestehen. ‚Wegen des Transports‘, dachte Raphael. Die einzelnen Elemente der ansonsten robusten Konstruktion wurden durch Scharniere und Bolzen zusammengehalten. Das Teil, das in der Erde steckte, war seit Längerem hier, fiel dem geschulten Auge des Inspektors auf. Das Holz war nicht so glänzend, und die Beschläge aus Stahl hatten Flugrost und glänzten nicht. Diesen Ort hatte der Gesuchte seit Längerem ausgesucht und alles Nötige peinlichst genau für die atemberaubende Schau vorbereitet.
    Raphaels Blick tastete vorsichtig den zerstückelten Körper von unten bis nach oben ab, so als hätte er Angst, dadurch die abstruse Komposition zu zerstören. All seine Körperteile waren an den Gelenken, wie bei einer Puppe, abgetrennt und mit langen drahtartigen Nägeln an das rotlackierte Kruzifix drapiert. Alles war symmetrisch. Wie das Kunstobjekt eines verrückten Künstlers, nur diesmal war das Objekt nicht aus Wachs, sondern aus menschlichem Fleisch. Sogar der Kopf war präzise zwischen den Augen durch einen Nagelschuss ans Holz befestigt. Das Einzige, was die Vollkommenheit störte, war der Gestank nach Verwesung und die Fliegen, die um den toten Körper kreisten. Die beabsichtigte Balance von links und rechts des zerstückelten Körpers wurde durch das exakte Anbringen jeden Körperteils unterstrichen. Die Augenlider wurden akkurat zugenäht, damit keins der beiden aufging und die Symmetrie zwischen links und rechts zerstörte. Einzig seine Finger machten eine Ausnahme. Auf der rechten Hand war in jeden Finger ein Buchstabe eingeritzt, die Konstellation ergab den Nachnamen des letzten Raphael bekannten Opfers, welches auf die gleiche perverse Art der Welt

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