Liebe deinen Naechsten - und nicht nur Ihn
von ihnen und schubste den neben ihr sitzenden jungenhaft linkischen Neuntklässler Chadwick Jenkins praktisch auf den Boden. Chadwick bekam davon jedoch kaum etwas mit – sein Blick klebte auf der Leinwand, wo die Darsteller gerade mit dem Vorspiel angefangen hatten, bei dem ein Stück Butter eine maßgebliche Rolle spielte.
»Danke, später vielleicht.« Owen suchte den Raum nach Rhys ab und schob sich an einem der anderen Mädchen vorbei, die Hugh ihm vorgestellt hatte. Sie hatte schwarz gefärbte Haare und einen gepiercten Nasenflügel – und Bauchnabel, wie Owen durch ihr hauchdünnes, neckisch von der Schulter gerutschtes weißes T-Shirt sehen konnte. Wie hieß sie noch gleich? Irgendwas mit S…
Schlampé?
»Hey, Owen!« Rhys sprang von einer Couch auf. Sein blaues Ralph-Lauren-Hemd war zur Hälfte aufgeknöpft und seine dunkelbraunen Haare waren völlig zerzaust.
»Hast du das Mädchen gesehen, neben dem ich gerade gesessen hab, Alter? Die ist total verrückt«, zischte er und zog Owen in die geräumige, im Countrystil eingerichtete Küche. »Sie trägt keine Unterwäsche. Das hat sie mir erzählt. Und dann hat sie’s mir gezeigt. Ich meine, sie hat es mir gezeigt . Sind alle Mädchen heutzutage so drauf?« Rhys schauderte.
Owen musste über seinen verklemmten Freund grinsen. Er hörte sich schon wie seine Mutter an, die High-Society-Lady und Gastgeberin der Sendung »Lady Sterling bittet zum Tee« – eine Nachmittags-Talkshow, in der es um gutes Benehmen in der heutigen Gesellschaft ging. Aus unerfindlichen Gründen wurde sie oft als Wiederholung auf den kleinen Rücksitzfernsehern in Taxis gezeigt. Avery war total verrückt danach.
»Jetzt mach dich mal locker.« Owen klopfte ihm beruhigend auf die Schulter. »Sie wird dich schon nicht beißen.«
»Von wegen.« Rhys rieb sich über eine Stelle am Hals, an der Owen zwei schwache rötliche Zahnabdrücke entdeckte. »Diese Mädchen sind gemeingefährlich.«
»Ich brauch jetzt erst mal was zu trinken«, entgegnete Owen. »Und du auch, so wie du aussiehst«, fügte er mit Blick auf Rhys’ erschüttertes Gesicht lachend hinzu.
»Das kannst du laut sagen!« Rhys holte zwei Bier aus einem der beiden riesigen Sub-Zero-Kühlschränke, öffnete sie und reichte Owen eins davon. »Happy Thanksgiving«, sagte er ironisch und prostete ihm zu. »Erst fällt eine französische Blutsaugerin über mich her und morgen muss ich auch noch unmenschlich früh aufstehen und nach England fliegen.«
Er setzte sich auf einen der blitzenden Chromhocker, die um die marmorne Kücheninsel gruppiert waren. »Wenigstens einmal in meinem Leben würde ich gern ein echtes Thanksgiving feiern. Stattdessen muss ich wie immer meinen ätzenden Cousin besuchen. Weißt du, was wir da machen? Auf Fuchsjagd gehen. Zum Kotzen ist das.« Rhys verzog das Gesicht und nahm einen tiefen Schluck von seinem Bier.
»Tja, Kumpel, dann ist das heute wohl dein Glückstag.« Owen trank sein Bier in einem Zug aus und knallte die leere Flasche auf die Arbeitsplatte. »Wir fliegen alle auf die Bahamas. Das Ganze soll so eine Art Wir-haben-uns-alle-lieb-Urlaub mit dem Freund meiner Mutter und seiner Tochter werden«, erklärte er und zuckte bei den Worten »Freund meiner Mutter« innerlich zusammen. Er wollte nicht, dass seine Mutter allein oder einsam war, aber verdammt, sie und Remington waren gerade mal ein paar Wochen zusammen! Obwohl die Aussicht auf Sonne, Strand, Cocktails und heiße Bikinischönheiten schon ziemlich verlockend war … »Jedenfalls bist du herzlich eingeladen.«
»Im Ernst? Und deine Mutter und ihr Freund hätten nichts dagegen?« Rhys’ Augen begannen zu leuchten.
»Im Gegenteil. Echt, Alter, du solltest auf jeden Fall mitkommen. Würde dir guttun«, sagte Owen. Seit Kelsey sich Anfang des Schuljahres von ihm getrennt hatte, war Rhys ziemlich schlecht drauf. Meistens vermied Owen das Thema, immerhin war er der Trennungsgrund gewesen, aber jetzt waren er und Rhys über Kelsey hinweg. Gab es eine bessere Gelegenheit, die Dinge wieder vollständig ins Lot zu bringen, als ein gemeinsames Junggesellenwochenende?
»Was geht ab, Männer?« Hugh tauchte in der Küche auf, eine schwankende Suzette – alias die französische Blutsaugerin – im Arm, die sich Halt suchend an ihm festklammerte. Der Träger ihres Tanktops war ihr von der Schulter gerutscht und ihr Microminirock hatte Mühe, ihren winzigen Hintern zu verhüllen. Davon abgesehen war sie für halb sieben Uhr abends
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