Liebe die bleibt
wir unverzüglich den Rückweg an.
In weiser Voraussicht hatte ich den Weihnachtsbraten auf kleine Flamme gestellt, so dass sie mäßig vor sich hin brutzelte und quasi servierfertig war, als wir bei mir zu Hause ankamen. So brauchte ich nur noch den Rotkohl und die Klöße zuzubereiten und hatte noch genügend Zeit, mich um die Tischdekoration zu kümmern. Ich legte eine weiße Tischdecke auf meinen alten, aber robusten Holztisch, schaffte das gute Geschirr herbei, das ich schon seit Jahren nicht mehr beansprucht hatte, genau wie das Silberbesteck meiner Großmutter, die Stoffservietten, die geschliffenen Weingläser und den fünfarmigen silbernen Kerzenständer, der zum Silberbesteck gehörte. Der Tisch sah nun aus, als hätte ich vor, ein Fünf-Gänge-Menü aufzutischen. Mir war klar, dass ich fürs Dekorieren mehr Talent besaß als fürs Kochen. Während Augustin damit beschäftigt war, die Kerzen am Weihnachtsbaum anzuzünden, entfachte ich die Tischkerzen.
„Wunderschön“, lobte ich mich selbst, als ich meine Tischdekoration bestaunte. Und zwar laut und deutlich, dass es Augustin hören konnte. „Ein Gesamtkunstwerk“, ergänzte ich noch waghalsig.
Neugierig geworden, stand Augustin neben mir und kratzte sich nachdenklich am Kopf.
„Nun, wenn das Essen genau so köstlich schmeckt, wie der Tisch verspricht, dann…“
„Dann ?“, unterbrach ich ihn.
„Dann bist du eine Traumfrau“, vollendete er seinen Satz.
„Muss eine Traumfrau nicht noch mehr zu bieten haben?“, fragte ich doppelzüngig nach und krabbelte lasziv mit den Fingerspitzen seinen Oberkörper entlang. Blitzschnell fing er meine Hand ab, fixierte mich mit einer Intensität, dass sich mein Puls beschleunigte. Seine Mundwinkel zuckten, während seine Hand langsam über meinen Rücken und weiter meinen Po hinabwanderte.
„Liebe geht durch den Magen“, erwiderte er mit heißer Stimme , gepaart mit einem mysteriösen Lächeln, das mit diabolischer Freude auf seinen Lippen lag.
„Na dann, guten Appetit“, hauchte ich ihm ins Ohr.
Einladend deutete ich zum Tisch. Augustin rückte mir den Stuhl zurecht, bevor er selbst Platz nahm und unsere Gläser mit Rotwein füllte.
„Auf die zauberhafteste Gastgeberin“, prostete er mir zu.
Auf den heißesten Gast, wollte ich schon erwidern, milderte aber noch rechtzeitig meine Formulierung ab.
„Auf uns!“, sagte ich frei heraus: „Und auf einen schönen Abend … und … eine schöne Weihnacht.“
„ Weihnacht?“, wiederholte Augustin feixend. „Lass doch einfach die ersten vier Buchstaben weg, das klingt verlockender.“
Das melodische Hallen des Kristalls noch im Ohr, das Glas bereits zu Munde geführt, meine Gedanken noch um die vier Buchstaben kreisend, nahm ich erstmal einen guten Schluck, bevor ich seiner Empfehlung folgte, allerdings mit hochrotem Kopf: „Auf eine schöne Nacht,“ gab ich zum Besten, während meine Augen Halt an der Porzellanschüssel mit den dampfenden Semmelklößen suchten.
Ich hätte noch „heiße Nacht“ einflechten können, fiel mir ein, während ich Augustin auffordernd die Schüssel mit den Klößen reichte.
„Die habe ich selbst gemacht“, gab ich an, nur um etwas zu sagen . Die Verlegenheit stand mir noch verräterisch im Gesicht.
„Das Rotkraut auch?“, ließ sich Augustin auf mein vorgegaukeltes Geltungsbedürfnis ein. Ich stimmte bescheiden zu, war ihm dankbar, dass er sich nicht weiter an meinem frivolen Trinkspruch festbiss. Auch wenn mich die Vorstellung an eine heiße Nacht mit ihm unruhig auf meinem Stuhl hin und her rutschen ließ, mochte ich keine ausgesprochenen Anzüglichkeiten. Ich finde so etwas indiskret und es macht mich verlegen. Erotische Vorstellungen sollten nicht ausgesprochen werden, sie verlieren dadurch ihren Reiz. Sie sollten Fantasien bleiben.
So wandten wir uns dem Essen zu. Ohne es auszusprechen war ich der Meinung, dass ich mich in Anbetracht meiner bescheidenen Kochkünste nicht zu schämen brauchte. Alles schmeckte hervorragend. Das Fleisch war zart und saftig, hatte eine schöne Kruste, der Rotkohl war würzig und die Semmelknödel waren formvollendet. Ich fand, dass das entsprechend gewürdigt werden müsste. Augustins Appetit bestärkte mich in meiner Vermutung, dass in mir eine begnadete Köchin schlummerte. Wie eine Mutter, die auf ihr wohlgeratenes Kind blickt, beobachtete ich meinen Gast beim Essen – nein, beim Verschlingen.
„Schmeckt’s?“, erkundigte ich mich scheinheilig.
„Du bist
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