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Liebe die bleibt

Liebe die bleibt

Titel: Liebe die bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Sanders
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Füße durchknetete. So wie ich mich daran weidete, als sein Blick dezent meine Beine hochwanderte und sich ein verstohlenes Glänzen in seinen Augen zeigte. Als er meine Füße jedoch zärtlich zu liebkosen begann, musste ich albern kichern. Nicht nur, weil ich kitzlig an meinen Füßen bin, sondern auch, weil mir seine Berührungen irgendwie peinlich waren. Mir hatte noch nie ein Mann die Hand geküsst, geschweige denn meine Füße. Diese Art der Zärtlichkeit erschien mir bizarr, zu ausgefallen für meinen eingeschränkten Horizont. Aber das sagte ich natürlich nicht, sondern lenkte ab.
    „Tut mir leid, aber ich bin furchtbar kitzlig an den Füßen“, kicherte ich verlegen und zog meinen Fuß reflexartig zurück.
    „Nur an den Füßen?“, wollte Augustin wissen.
    „Nur an den Füßen“, versicherte ich nachdrücklich, wobei ich mir noch einen Schluck Wein genehmigte und mit vorgetäuschter Betriebsamkeit auf das Buch tippte, das auf dem Tisch lag.
    „Du wolltest mir noch eine Geschichte vorlesen“, sagte ich schluckend.
    Augustin nahm das Buch zur Hand und betrachtete es interessiert. Obwohl das antiquierte Stück schon an einigen Stellen ziemlich abgegriffen war, erweckte es durch den purpurnen Ledereinband und die goldene Schriftprägung einen exklusiven Eindruck.
    „Das Buch ist von der Großmutter meines Vaters. Es ist 19 24 gedruckt worden.“
    „19 24“, wiederholte Augustin. „Das bedeutet…“, Augustin sah mich stirnrunzelnd an, als hätte ich was ausgefressen. Er schlug den alten Schmöker auf und grinste breit.
    „ … das es in Sütterlin Schrift gedruckt ist und die kannst du nicht lesen“, ergänzte ich enttäuscht.
    „Klar kann ich die lesen!“, widersprach er. „Welche Geschichte willst du hören?“
    „Such eine aus.“ Erwartungsvoll verfolgte ich, wie Augustins Augen über das Inhaltsverzeichnis huschten. Ohne mir zu sagen, für welche der Geschichten er sich entschieden hatte, suchte er nach der entsprechenden Seite und begann zu lesen: die Geschichte vom Schneemann und der diebischen Elster – meine Lieblingsgeschichte. Warum ausgerechnet diese? Vielleicht haben wir ganz einfach den gleichen Geschmack, dachte ich, während ich wie gebannt den geschmeidigen Bewegungen seiner Lippen folgte und fasziniert seiner samtig tiefen Stimme lauschte. Augustin besaß eine hervorragende Vorlesestimme. Genau wie mein Vater verstand er es, den Figuren Leben einzuhauchen. Er zeigte sich von seiner witzigen Seite und brachte mich zum Lachen, wenn er seine Stimme verstellte. Für eine Millisekunde spielte mir meine Wahrnehmung einen Streich. Mir war, als säße plötzlich mein Vater auf der Couch. Ich konnte ihn genau sehen, ganz kurz nur, eine Suggestion, die sich schnell wieder auflöste, mir aber mein Herz erwärmte, mir ein melancholisches Lächeln ins Gesicht zauberte und mir ein spontanes Glücksgefühl bescherte, das sich anfühlte, als hätte er mich soeben in seine Arme geschlossen.
    Kann man ein Glücksgefühl künstlich hinauszögern? überlegte ich, wobei ich mein Gegenüber aufmerksam betrachtete. Ja, man kann, entschied ich.
    Wenn einem das Glück genau gegenübersitzt , es einen anlächelt, berührt, dann ist es real, man kann es festhalten, verwöhnen und immer wieder neu zum Leben erwecken. Noch ganz in meine Gedanken eingewoben, fing ich Augustins Lächeln auf. Die Geschichte war zu Ende. Augustin klappte das Buch zu. Ich hatte Augustin nicht zugehört. Seine Mimik und der Klang seiner melodischen Stimme erschienen mir viel interessanter.
    „Bekomme ich jetzt eine Belohnung?“, fragte er mich, wobei er seine Fußspitze an die meine rieb.
    „Die hast du dir redlich verdient“, schnurrte ich verheißungsvoll, wobei ich seine Berührung erwiderte.
    „Dann möchte ich jetzt den Nachtisch .“
    „Nachtisch“, wiederholte ich kokett. Augustin beugte sich zu mir herüber und gab mir einen Kuss.
    „Das Eis“, half er mir auf die Sprünge, „oder hattest du gerade an etwas anderes gedacht?“
    „Nein , überhaupt nicht“, log ich, zog eilig meine Schuhe an und tippelte in die Küche. Mit zwei hübsch dekorierten Eisschälchen kam ich zurück. Augustin hatte zwischenzeitlich das Fernsehgerät eingeschaltet.
    „Du wolltest dir doch noch einen Film anschauen“, erinnerte er mich, dabei schleckte er genussvoll die Sahne vom Löffel.
    „Ein Märchenfilm – Drei Nüsse für Aschenbrödel“, druckste ich herum. „Den schaue ich mir jedes Jahr zu Weihnachten an, seit

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