Liebe, die der Teufel schenkt
vor dem Tod, jedenfalls verursachte sie kaum ein Geräusch, als sie sich dem erhöht stehenden Sarg näherte.
Fast hätte sie die Deckelkante noch gestreift, dann stand Glenda neben dem Kopfteil des Sargs und schaute nach unten.
Sie bekam einen freien Blick - und erschrak!
Glenda wusste bisher nicht, wie ihre Freundin Helen ums Leben gekommen war, nun sah sie es. Das Gesicht der Toten war nur noch eine schwarze, verbrannte Fläche. Es wirkte mumienhaft, und die Augäpfel leuchteten darin in einem seltsamen Weiß. Glenda schüttelte sich. Das Grauen überkam sie. Der Anblick, mit dem sie wirklich nicht gerechnet hatte, war ihr bis in den letzten Nerv gefahren, und sie hatte Mühe, einen Schrei zu unterdrücken. Den Ballen ihrer rechten Hand presste sie gegen den Mund. Dabei atmete sie scharf durch die Nase, und sie schloss sekundenlang die Augen, in der Hoffnung, das Bild würde verschwinden. Sie irrte sich. Als sie wieder hinschaute, sah sie abermals in das mumienhafte Gesicht der Toten. Glenda überwand sich selbst, als sie den Sargdeckel mit beiden Händen packte und ihn kräftig zur Seite schob. Sie wollte jetzt sehen, ob auch der übrige Körper diese schrecklichen Anzeichen der Verbrennung aufwies. Dabei war sie so nervös, dass sie nicht Acht gab und ihr der Deckel vom Unterteil abrutschte. Glenda griff noch nach, sie fasste jedoch ins Leere, so dass der Deckel mit einem lauten Knall zu Boden fiel.
Glenda sprang hastig zurück. Ihr Herz pochte wild. Sie hatte sich sehr erschreckt und spürte auch die Hitzewellen, die durch ihren Körper rasten. Es dauerte eine Weile, bis sie sich traute, wieder nahe an den Sarg heranzutreten und einen Blick hineinzuwerfen. Die Tote trug ein dünnes Leichenhemd aus billigem Stoff. Es war etwas hochgerutscht und hörte erst an den Oberschenkeln auf, so dass Glenda erkennen konnte, dass die Beine die gleiche verbrannte Haut zeigten wie das Gesicht. Das Feuer oder was immer diese Verbrennungen verursacht haben musste, hatte Helen voll erwischt. Durch den Verlust an Flüssigkeit war sie auch kleiner geworden, und die Haut sah seltsam ölig aus.
Glenda stand auf dem Fleck, starrte die Leiche ihrer Freundin an und merkte kaum, dass ihre Augen feucht wurden. Danach rannen einige Tränen die Wange hinab. Erst als Glenda hinter sich ein Geräusch hörte, zuckte sie zusammen. Sofort wirbelte sie herum.
In der offenen Tür stand ein Mann!
Zuerst glaubte Glenda, den Feger vor sich zu haben, aber der sah anders aus. Er war nicht so hochgewachsen und auch nicht so schlank. Innerhalb von Sekunden taxierte Glenda den Mann und schaute ihn sich genau an.
Er war ungefähr so groß wie der Geisterjäger John Sinclair. Sein Haar zeigte ebenfalls eine blonde Farbe. Die Kleidung war lässig und der Witterung angepasst. Selbst bei diesen Lichtverhältnissen erkannte Glenda die Bräune in dem markanten Gesicht. Der ganze Typ sah unverschämt gut aus. Seine Augen waren unverwandt auf Glenda Perkins gerichtet, und um seine Mundwinkel zuckte ein Lächeln. Langsam kam er näher.
Glenda wollte ihn etwas fragen, doch sie bekam keinen Ton hervor. Statt dessen zog sie die Nase hoch, schluckte ein paar Mal und wartete darauf, dass der Fremde etwas sagte.
Am Fußende des Sargs blieb er stehen. Er nickte Glenda zu und sprach mit leiser Stimme: »Es ist schlimm, nicht wahr?«
Die Frau nickte.
Der Mann schaute auf die Tote. Seine Augenbrauen hoben sich dabei in die Höhe. Ansonsten zuckte kein Muskel in seinem Gesicht. Die Hände stemmte er auf die Sargkante. Glenda sah ihn von der Seite her an und erkannte sein markantes Profil.
Endlich konnte sie reden. Noch ein kurzes Räuspern, dann fragte sie:
»Kannten Sie die Tote gut?«
Der Mann antwortete zunächst nicht. Als Glenda ihre Frage wiederholen wollte, bewegte er nickend seinen Kopf. »Ja, ich kannte die Tote.«
»Wie ist sie umgekommen?«
Der Mann hob die Schultern. »Keine Ahnung. Auch mich hat es überrascht. Helen war meine Cousine, wissen Sie.«
»Ach so.«
»Ich habe erst heute davon gehört, weil ich mich in Hamburg geschäftlich aufhielt. Als mich die schreckliche Nachricht erreichte, bin ich sofort hergefahren.« Er schaute Glenda an. »Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?«
»Eine Bekannte.«
»Gute Bekannte?«
Glenda lächelte schmal. »Das kann man eigentlich nicht sagen. Helen und ich sind zusammen zur Schule gegangen Wir haben uns hinterher ein paar Mal getroffen, blieben aber immer in lockerer Verbindung. Ich weiß nur,
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