Liebe, fertig, los!: Roman (German Edition)
Suppenbüchse eingeschweißt. »Müssen Sie sich übergeben?«, fragte er ihren Scheitel.
»Ich glaub nicht«, antwortete sie und schaute mit flehendem Blick zu ihm auf. Er hatte genug Erfahrung mit Frauen, um eine Schmusekatze zu erkennen, wenn sie auf seinem Schoß landete. Er kannte die Exemplare der Sorte »Liebe mich, fütter mich, kümmer dich um mich«. Sie schnurrten und strichen einem um die Beine, waren aber zu nichts anderem nütze, als einen zum Heulen zu bringen. Er würde ihr helfen, dahin zu kommen, wo sie hinmusste, doch das Letzte, was er wollte, war, die Frau zu versorgen und zu verköstigen, die Virgil Duffy verschmäht hatte. »Wo kann ich Sie absetzen?«
Georgeanne fühlte sich, als hätte sie Dutzende Schmetterlinge verschluckt, und bekam kaum Luft. Sie hatte sich in ein Kleid gezwängt, das ihr zwei Nummern zu klein war, und konnte nur ganz flach atmen. Sie schaute in seine dunkelblauen Augen mit den dichten Wimpern und wusste, dass sie sich lieber mit einem Buttermesser die Pulsadern aufschneiden würde, als sich vor einem Mann zu übergeben, der so unerhört gut aussah. Die dichten Wimpern und die vollen Lippen hätten ihm einen leicht femininen Touch geben können, aber Fehlanzeige. Der Typ strahlte so viel Maskulinität aus, dass man ihn für nichts anderes halten konnte als für einen hundertprozentig heterosexuellen Mann. Georgeanne, die
1,77 Meter groß war und 64 Kilo wog – jedenfalls an guten Tagen, wenn ihr Körper gerade kein Wasser einlagerte –, kam sich neben ihm fast klein vor.
»Wo kann ich Sie absetzen, Georgie?«, fragte er sie noch einmal. Dabei fiel ihm eine Locke seines vollen braunen Haares in die Stirn und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf eine dünne weiße Narbe, die durch seine linke Augenbraue verlief.
»Ich weiß nicht«, flüsterte sie. Schon seit Monaten hatte sie eine schreckliche Last mit sich herumgetragen. Eine Last, von der sie so sicher geglaubt hatte, dass ein Mann wie Virgil sie ihr abnehmen konnte. Mit Virgil hätte sie nie mehr vor Steuereintreibern oder wütenden Vermietern davonlaufen müssen. Sie war jetzt zweiundzwanzig Jahre alt und hatte versucht, für sich selbst zu sorgen, doch wie bei den meisten Dingen in ihrem Leben hatte sie versagt – und zwar kläglich. Sie war schon immer eine Versagerin gewesen. Sie hatte in der Schule versagt und bei jedem Job, den sie je hatte, und jetzt auch noch darin, sich selbst davon zu überzeugen, Virgil Duffy lieben zu können. Und an jenem Nachmittag, als sie vor dem Standspiegel stand und sich und das Hochzeitskleid, das er für sie ausgesucht hatte, darin betrachtete, hatte die Last auf ihrer Brust gedroht, sie zu ersticken, und sie wusste, dass sie Virgil nicht heiraten konnte. Nicht mal für das viele schöne Geld konnte sie mit einem Mann ins Bett steigen, der sie an den erfolglosen Präsidentschaftskandidaten H. Ross Perot erinnerte.
»Wo ist Ihre Familie?«
Sie dachte an ihre Großmutter. »Ich hab eine Großtante und einen Großonkel, die in Duncanville leben, aber Lolly kann wegen ihres Hexenschusses nicht reisen, und Onkel Clyde musste zu Hause bleiben und sich um sie kümmern.«
Er verzog die Mundwinkel nach unten. »Wo sind Ihre Eltern?«
»Ich bin bei meiner Großmutter aufgewachsen, aber sie hat schon vor einigen Jahren ihre letzte Reise in den Himmel angetreten«, antwortete Georgeanne und hoffte stark, dass er sie nicht nach ihrem Vater fragen würde, den sie nie gekannt hatte, oder nach ihrer Mutter, die sie nur einmal gesehen hatte, und zwar auf der Beerdigung ihrer Großmutter.
»Freundinnen?«
»Sie ist bei Virgil.« Allein beim Gedanken an Sissy bekam sie Herzrasen. Sie hatte sich solche Mühe gegeben, um das Outfit aller Anwesenden farblich auf die Lavendelbowle abzustimmen. Doch jetzt kam ihr die Koordination von Kleidern und gefärbten Pumps belanglos und albern vor.
Er verzog das Gesicht. »Natürlich.« Er nahm seine großen Hände von ihrer Taille und fuhr sich ratlos mit den Fingern durchs Haar. »Das klingt nicht so, als hätten Sie einen festen Plan.«
Nein, sie hatte keinen Plan, ob nun fest oder sonst wie. Sie hatte sich ihr Schminkköfferchen geschnappt und war aus Virgils Haus gerannt, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, wohin sie wollte oder wie sie dorthin kommen sollte.
»Oh, verdammt.« Er ließ die Hände sinken und schaute die Straße hinunter. »Dann sollten Sie sich schleunigst was überlegen.«
Georgeanne hatte das schreckliche Gefühl, dass
Weitere Kostenlose Bücher