Liebe im Gepäck (German Edition)
verschwunden war und dass man sie holen musste! Aber bitte, wenn du das meinst! Herr Rechtsanwalt«, sie wandte sich an Harry, »bitte bringen Sie mich ins Hotel.«
»Das würde ich gerne tun«, erwiderte Harry und bemühte sich um jenen ruhigen Tonfall, in dem Rechtsanwälte in Fernsehserien ihre Souveränität bewiesen, »aber ich möchte Sie darauf hinweisen, dass das nicht klug wäre. Dies erscheint mir der geeignete Zeitpunkt, um Klarheit zu schaffen. Und auch, um Herrn Kaufmann in die Pflicht zu nehmen.«
»Was erlauben Sie sich!«
»Gibt es zwischen dir und Frau Querulin einen schriftlichen Vertrag?«, erkundigte sich nun Lukas, der bisher schweigend das Gespräch verfolgt hatte.
Kaufmann warf ihm einen unfreundlichen Blick zu: »Nicht, dass ich wüsste.«
Franziska fuhr auf: »Aber natürlich gibt es den. Dr. Sommer hat das Original in seinem Büro. Hier ist eine Kopie.« Sie öffnete ihre Aktentasche und hatte mit einem Griff die Vertragskopie in der Hand. Sie wollte sie an Lukas weiterreichen, doch der machte ihr mit einer Handbewegung klar, den Vertrag Harry zu geben.
Harry warf nur einen kurzen Blick darauf. »Perfekt!«, rief er aus, ohne ihn wirklich gelesen zu haben. »Das ergibt eine schöne Klage.«
»Sie können mich hier verklagen, bis Sie schwarz werden. Die Mühlen der Gerichte arbeiten langsam in China, Herr Rechtsanwalt. Ein paar Geldscheine an dierichtigen Stellen da und dort. Sie werden nie und nimmer irgendetwas von mir bekommen.«
»Hast du nicht Vermögen in Deutschland, Joe? Was ist mit der Villa am Bodensee?«, fragte Lukas in seinem harmlosesten Tonfall.
Harry blinzelte ihm anerkennend zu: »Die gehört schon uns«, erklärte er lässig. »Ich würde das Betrug nennen und Untreue. Natürlich fordern wir Schadensersatz. Und Schmerzensgeld. Mein Guter, ich verklage Sie das gesamte Gesetzbuch hinauf und hinunter.«
Joe Kaufmann war mit einem Schlag die Liebenswürdigkeit selbst: »Aber mein lieber Herr Rechtsanwalt, das wird nicht nötig sein. Es gibt sicherlich eine Möglichkeit, uns zu einigen. Wir sind doch zivilisierte Leute. Kein Grund, hier irgendwelche Drohungen auszusprechen …« Nun sprach er wieder so, wie Franziska ihn bisher gekannt hatte: ehrerbietig, zuvorkommend, mit einem Hauch von schleimiger Freundlichkeit.
»Natürlich können wir uns gütlich einigen. Was haben Sie mit Yu Yi schon besprochen? Waren Sie wirklich dreist genug, mit ihnen zu vereinbaren, dass sie nun meinen Koffer für Bertrand herstellen? Was haben Sie denen geboten? Sie waren doch bei mir im Wort. Das kann doch nicht so einfach gehen!«
»Mit Geld geht alles einfach, Chérie. Du bist oft so naiv.«
»Ach, bin ich das?« Franziskas Stimme klang alles andere als naiv. Nichts war von Enttäuschung, Schock und Wut in ihrer Stimme zu erkennen. Sie sprach ruhig und scheinbar gelassen. Doch ihre Worte klangen hart: »Hast du schon einen Vertrag mit Yu Yi unterschrieben, Bertrand? Wie kamst du so schnell an die Unterlagen?Wie kam es, dass ihr euch so rasch über die Vertragsdetails einig geworden seid?«
»Aber Chérie«, sagte er, und es klang, als würde er mit einem kleinen, dummen Mädchen sprechen, »das war doch nicht schwierig. Schließlich hast du oft genug von diesem Projekt gesprochen. Ich brauchte nur ablehnend zu wirken, schon hast du mir die nächsten Details aufgedrängt. Die Unterlagen lagen griffbereit in deiner Wohnung. Ein Kopierer daneben. Was hätte ich anderes tun sollen, es war so einladend. Ich musste direkt …«
»Ach, halt die Klappe!«, entgegnete Harry knapp.
»Der Vertrag ist wirklich schon unterschrieben?«, fragte Franziska ungläubig. »Sie produzieren die Koffer für dich, Bertrand? Aber ich habe das Patent auf dieses Produkt. Ich habe es mir weltweit schützen lassen!«
Bertrand zuckte die Achseln, und wieder trat ein stolzes Lächeln in seine Mundwinkel. »Wir haben deine Pläne leicht abgeändert. Das war ein Kinderspiel. Schließlich bin ich Maschinenbauingenieur. Du wirst sehen, mein Koffer hält jeder Untersuchung stand.«
»Auch dagegen werden wir klagen!«, rief Harry, der voll in seiner neuen Rolle aufging. »Das Patentgesetz hinauf und hinunter. Sie werden sich wünschen, es hätte den Tag nie gegeben, an dem Sie uns kennen gelernt haben.«
»Ich wünsche mir schon jetzt, dass es den Tag nie gegeben hätte, an dem ich Bertrand kennen gelernt habe«, erklärte Franziska bitter. »Ich werde morgen zu Yu Yi gehen und den maßgeblichen Leuten dort reinen
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