Liebe im Gepäck (German Edition)
Wein einschenken.«
»Das wird Ihnen nichts nützen, schöne Frau.« Die joviale Freundlichkeit war nun wieder aus Joe KaufmannsGesicht verschwunden. »Wer, denken Sie, hat die besseren Kontakte zu den Entscheidungsträgern von Yu Yi: Ich, der seit zwölf Jahren hier im Land lebt, der dieser Firma schon so manchen Auftrag zugeschanzt hat? Ich, der sie regelmäßig zu teuren Abendessen ausführt, ich, der sie in Karaoke-Bars begleitet? Oder eine fremde Person, noch dazu eine Frau, die sie gerade zwei-, dreimal gesehen haben?«
Franziska stand nun endgültig auf, schnappte sich den Stapel der Kopien, die Bertrand bei sich getragen hatte, und legte sie in ihre Aktentasche. Er wehrte sich nicht dagegen. Sicher hatte er noch weitere Kopien in Kaufmanns Büro.
»Unsere Getränke zahlt Herr Kaufmann«, informierte Luke den herbeigeeilten Kellner.
Dann verließen die drei grußlos das Lokal.
Franziska folgte den beiden Männern mit versteinerter Miene, doch als sie sich auf den Rücksitz des Autos zurückgelehnt hatte, konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie hatte diesen Mann geliebt. Sie hatte ihm vertraut. Er wusste um all ihre Träume, ihre Sehnsüchte, ihre Ängste, ihre Zukunftspläne. Er hatte dieses Vertrauen schändlich missbraucht. Und, was noch schlimmer war, er hatte ihren Traum zerstört. Er hatte alles kaputt gemacht, wofür sie in den letzten Monaten gearbeitet, ja gelebt hatte. Der Tränenstrom kam mit solcher Gewalt, dass sie kaum atmen konnte. Es war ihr unmöglich zu sprechen, und ihr ganzer Körper wurde vom Schluchzen geschüttelt.
Lukas und Harry verständigten sich ohne Worte. Luke fuhr an den Straßenrand, Harry stieg aus und setzte sich neben Franziska auf den Rücksitz. Er legteden Arm um sie und bettete ihren Kopf an seine Brust. So saßen sie schweigend, und er streichelte ihren Rücken, während ihre Tränen ihm das Hemd durchnässten.
Wie wünschte ich, dass meine Kraft geeignet wäre ,
deine Tränen zu stillen.
Wie wünschte ich, ich hätte ein Wort ,
um den Schmerz deines Herzens zu lindern.
Wie wünschte ich, es gäbe ein Mittel ,
um vergangene Schmach auf ewig zu tilgen ,
Wie wünschte ich, ich wäre der Mann ,
wert deiner Tränen.
Wie würde ich, wenn ich dies wäre ,
alles daransetzen, dass du lachst.
geschrieben von Seeberstein im Juni in Peking
erschienen auf der CD »Frau« unter dem Titel
»Wie wünschte ich«
Es war inzwischen Abend geworden. Sie hatten seit dem Frühstück nichts gegessen, dennoch hatte Franziska keinen Hunger. Im Gegenteil, jeder Bissen würde ihr im Hals stecken bleiben oder den Eingang in ihren Magen gleich wieder als Ausgang benutzen. Den beiden Männern knurrte der Magen. Aber war es denkbar, Franziska in diesem Zustand allein zu lassen? Nein, das wollten sie beide nicht. Und so beschlossen sie, Franziska auf ihr Zimmer zu begleiteten.
Während Franziska sofort in ihrem Badezimmer verschwand, schlug Harry die Bettdecke zurück. Lukas bestellte beim Zimmerservice für sie beide ein kleines Abendessen. Dann verbrachten sie den Abend in friedlichem Einvernehmen.
Franziska lag in ihrem Bett und schluchzte in die Kleenex-Tücher aus dem Badezimmer. Harry saß am Bettrand und streichelte ihr mit einer Hand den Oberarm, während er mit der anderen Hand das Clubsandwich aß, das der Zimmerkellner gebracht hatte. Ihm gegenüber, an dem kleinen Tischchen, saß Lukas, ebenfalls an einem Sandwich nagend, seine Stirn in Falten gelegt. An seiner Miene war zu erkennen, dass er mit seinen Gedanken weit weg war. Nur Franziskas Schluchzen und ihr geräuschvolles Schnäuzen unterbrach die Stille.
»Es ist lieb, dass ihr beide da seid«, sagte sie schließlich mit zittriger Stimme. »Ich weiß auch nicht, was mich so verletzt hat …«
»Vielleicht die Tatsache, dass dein Verlobter ein Schwein ist und dich hintergangen hat?«, schlug Harry vor.
Sofort schössen wieder neue Tränen ins Franziskas Augen, und sie konnte nur ein-, zweimal nicken, denn schon überwältigte sie der nächste Schluchzanfall.
»Vielleicht die Tatsache, dass der blöde Kerl dein Koffergeschäft weggeschnappt hat, deine Erfindungen an andere verkauft hat und nun selbst Profit daraus schlägt?«, schlug Harry weiter vor.
Franziska musste wider Willen lächeln: »Du kannst aufhören, Mat! Ich weiß ohnehin, warum ich heule.«
Was Harry beabsichtigt hatte, war ihm gelungen: Für kurze Zeit waren ihre Tränen versiegt.
»Ich hab’s!« Lukas schlug mit der flachen
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