Liebe im Gepäck (German Edition)
erhoben und war seiner Frau freudig entgegengetreten. Nun führte er sie ins Zimmer hinein: »Melissa, darf ich dir meine alte Freundin Franziska Querulin vorstellen? Ich habe dir von ihr erzählt.Erinnerst du dich, wir sind gemeinsam in die Schule gegangen. Und dieser Herr ist Matthias Gerstenberg, ihr Geschäftspartner.«
Während Harry ebenfalls aufsprang, um die Dame zu begrüßen, begnügte sich Franziska damit, ihr zuzunicken und ein freundliches Lächeln zu schenken. Das Lächeln geriet etwas schief. Sie fühlte sich weder in der Lage aufzustehen, noch wollte sie Lukas’ eleganter Frau im Nachthemd gegenübertreten. Sie fühlte sich wohler in den Kissen, die Decke bis unter das Kinn gezogen.
»Darf ich Ihnen ein Mineralwasser anbieten?« Harry holte ein Glas von der Minibar.
Doch Melissa schüttelte den Kopf: »Nein danke, Tee wäre nett.«
Lukas griff zum Telefonhörer, um beim Zimmerservice Tee zu bestellen. »Meine Frau trinkt nie Mineralwasser. Es gibt viele Chinesen, die meinen, kalte Getränke schaden dem Magen.« Er rückte Melissa einen Stuhl zurecht. Sie setzte sich, schlug die Beine übereinander und blickte erwartungsvoll in die Runde. Nie wäre es ihr in den Sinn gekommen, ihrem Ehemann Vorwürfe zu machen, weil er sie von einem Treffen mit ihren Freundinnen weggeholt hatte. So etwas war für ein Gespräch unter vier Augen bestimmt, wenn überhaupt.
Während Franziska und Harry noch rätselten, weihte Lukas seine Frau in alle Details des geplanten Koffergeschäfts ein. Er sprach zuerst Englisch, um dann, mit Harrys und Franziskas Zustimmung, auf Chinesisch fortzufahren. So wussten die beiden nicht, was genau er sagte, und Franziska wusste nicht, ob er seiner Frau auch die Wahrheit darüber erzählte, dass es Franziskas eigener Verlobter war, der sie so schmählich hintergangenhatte. Doch das war ihr im Augenblick egal. Im Augenblick war ihr alles egal.
Harry wartete wie gebannt auf den Ausgang des Gesprächs. Was versprach sich Lukas davon, seine Frau einzuweihen? Hatte seine Frau eine Kofferfabrik?
Melissa hörte sich die Rede ihres Mannes schweigend an, sie stellte ab und zu eine Zwischenfrage, sie nickte. Kein mitleidiger Blick für Franziska, kein Aufschrei, kein Hinweis darauf, dass sie ihr Leid tat.
Franziska war froh darüber. Ihr war die Aufregung, die hier herrschte, ohnehin schon genug. Es gab Momente, da wünschte sie sich, sie läge allein in ihrem Bett und könnte sich ungestört ihrem Schmerz hingeben. Und dann waren da wieder Momente, da war sie froh, in Gesellschaft zu sein. Momente, in denen sie es genoss, dass Harry auf ihrem Bettrand saß. In denen sie froh war, seinen warmen Körper an ihrem zu spüren. Diese Momente überwogen.
Nachdem Lukas geendet hatte, war es eine Zeit lang still im Zimmer.
Dann sagte Melissa zwei, drei Sätze auf Chinesisch, und Lukas’ Gesicht begann zu strahlen. »Hast du alle Unterlagen bei dir, Franziska? Den Vertrag, die Entwürfe, alles, was wichtig ist, um so einen Koffer herzustellen?«
Franziska nickte.
»Kann ich diese Unterlagen haben?«
»Aber sicher nicht!« Harry legte in einer reflexartigen Bewegung seinen Arm auf Franziskas Aktentasche, die am Bettende lag.
»Ich weiß, ich habe mich in den letzten Tagen nicht so benommen, als würde ich euer Vertrauen verdienen. Dochnun ist der Augenblick gekommen, in dem ich beweisen kann, wie wichtig mir die Freundschaft zu Franziska ist. Es gibt eine Möglichkeit, ihr zu helfen, aber ich möchte über vage Möglichkeiten nicht zu viele Worte verlieren. Vertraust du mir, Franziska?« Er war an die andere Seite des Bettes getreten und hatte Franziskas Hand ergriffen. Nun blickte er ihr mit ernstem Blick in die Augen.
Sie war müde. Sie hatte keine Kraft, sich zu wehren. Und außerdem war Lukas doch ihr alter Freund. »Mat, gib ihm die Tasche«, war alles, was sie hervorbrachte, um dann abermals in Schluchzen auszubrechen.
»Aber …« Harry war noch immer nicht begeistert von dieser Idee. Doch es war Franziskas Geschäft. Wenn sie wollte, dass Lukas die Unterlagen bekam, war es an ihm, sich dagegen zu wehren? Vielleicht hatte er ja wirklich eine hilfreiche Idee? Vielleicht war diese Melissa der rettende Engel? Widerwillig löste er seine Hand von der Tasche, die Lukas mit einem Schwung ergriff.
»Danke, Herr Gerstenberg, danke, Franziska. Wir werden tun, was in unserer Macht steht. Das wird jetzt mindestens zwei Tage in Anspruch nehmen. Melissa und ich müssen verreisen. Ich plane in
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