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Liebe im Zeichen des Nordlichts

Liebe im Zeichen des Nordlichts

Titel: Liebe im Zeichen des Nordlichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen MacMahon
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stellte sich vor, er wäre ein kleines Männchen auf der beweglichen Karte, ein schemenhafter Lebkuchenmann, der entlang der Flugroute über den Ozean reiste. Gerade fuhr er die Linie mit dem Finger nach, als der Bildschirm unvermittelt schwarz wurde.
    Wieder sprang der Lautsprecher an, und die Kabinenbeleuchtung wurde heller. Die »Bitte-anschnallen-Zeichen« leuchteten auf, und die Flugbegleiterinnen verteilten Einreiseformulare. Bruno blinzelte ins grelle Licht und füllte sein Formular ordentlich mit dem Kugelschreiber aus, den man ihm gegeben hatte. Als er fertig war, wusste er nicht, wohin damit. Schließlich steckte er ihn in sein Buch, das zugeklappt auf seinem Schoß lag.
    Während die Maschine langsam durch die Wolken sank, starrte Bruno aus dem Fenster und spähte voller Hoffnung hinaus ins Nichts. Er konnte nur sehen, dass Regen an der Scheibe herabströmte und dass die gewaltige graue Tragfläche des Flugzeugs durch dichte weiße Luft pflügte. Wie viele Meter sie noch vom Boden trennten, war nicht festzustellen.
    Plötzlich tauchte etwas Grünes vor dem Fenster auf. Nasses Gras raste vorbei, dazu ein rot-weiß gestreifter Windsack und ein niedriges graues Gebäude. Ein scheußliches Geräusch entstand, als das Fahrwerk kurz den Boden berührte und wieder hochsprang. Eine holperige Landung, denn der Rumpf des Flugzeugs wurde kräftig hin und her geschleudert, bis die Bremsen endlich griffen und die Maschine sich ausrichtete. Bruno umklammerte mit beiden Händen die Lehne des Vordersitzes, um nicht nach vorne zu kippen.
    Als das Flugzeug in Richtung Terminal rollte, wurde er von einem berauschenden Hochgefühl ergriffen. Nach all den Jahren hatte er es endlich getan. Dreißig Jahre nach seinem Versprechen am Totenbett, das ihn seitdem verfolgte. Nun war es vollbracht. Kurz überlegte er, ob er einfach an Bord bleiben und wieder umkehren sollte. Doch da fiel ihm ein, dass es nichts mehr gab, wofür sich das Umkehren lohnte.
    Sein Rückgrat protestierte, als er sich vorbeugte, um nach seinen Schuhen zu tasten. Er stopfte die Kopfhörer in die Tasche an der Rückseite des Sitzes. Dann öffnete er seinen Sicherheitsgurt, saß da und sehnte sich nach einer Zahnbürste.
    Das Flugzeug stoppte ruckartig, und die Türen öffneten sich mit einem gewaltigen Keuchen. Sofort sprangen die Leute auf und durchwühlten die Gepäckfächer nach ihrer Habe, warteten auf die Anweisung, sich in Bewegung zu setzen, und schlurften gesenkten Kopfes los wie Sträflinge in einer Arbeitsbrigade. Bruno rutschte auf den Gangplatz hinüber, wuchtete sich auf die Füße und streckte sich, um sein Bordgepäck herunterzuholen. Er reihte sich in die Schlange zur Tür ein, nickte der Stewardess zu, trat in die Schleuse, die das Flugzeug mit dem Terminal verband, und folgte den anderen einen Gang mit leichter Steigung entlang. Es war merkwürdig beruhigend, Teil dieser geordneten Prozession zu sein, so als befände man sich auf einer Pilgerfahrt.
    Als er den Faltenbalg überquerte, wackelte dieser unter seinen Füßen wie ein schwimmender Bootssteg. Bruno spürte die Erschütterung im Magen und fühlte sich so leicht wie ein Ballon. Er nahm die Tasche von der Schulter, ließ sie seitlich herunterbaumeln und klammerte sich daran. Ohne dieses Stück Ballast wäre er sicher davongeflogen.
     
    Die Maschinen steuern Dublin über Howth an.
    An klaren Tagen hat man bei der Landung Aussicht auf die Dublin Bay. Links liegt der Hafen von Dún Laoghaire, rechts Portmarnock. Dazwischen erstreckt sich die gewaltige freie Fläche des Strands von Sandymount.
    Vom Strand aus kann man die eintreffenden Flugzeuge beobachten, die wie ein steter Strom lautlos über den Himmel ziehen. Sie kommen weit draußen über dem Meer in Sicht, beschreiben über Howth Head einen sanften Bogen abwärts und gleiten die südlichen Klippen entlang. Dann verschwinden sie ohne ein Geräusch in der Stadt.
    Die Flugzeuge gehören so sehr zur Landschaft, dass Addie sie kaum noch wahrnimmt. Dasselbe gilt für den Rauch aus den Schornsteinen in Poolbeg und die Autofähren, die am Horizont entlang nach Dún Laoghaire tuckern. Genauso ist es mit den Wolken, den Seevögeln und dem Meer selbst. Addie bemerkt keines dieser Dinge. Sie ist so in ihre Gedankenwelt versunken, dass sie sonst nichts registriert.
    Hier am Strand ist sie zur Welt gekommen. Mehr oder weniger.
    Sie war fünf Tage alt, als sie sie nach Hause brachten. In den Armen ihrer Mutter verließ sie das Auto, ein winziges

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