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Liebe in groben Zügen

Liebe in groben Zügen

Titel: Liebe in groben Zügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Kirchhoff
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schlafen, im alten Kinderzimmer. Sie mochte das Septembertrödeln in ihrem Reich, das Musikhören oder Lesen im Bett, und ohne die Sorge um Katrin – ihr war alles Mögliche zuzutrauen – wäre sie noch bis zum Auftauchen der ganz netten Frau oder Producerin geblieben, von Renz schon beim Vornamen genannt: Marlies, Sie können auch die Fähre nehmen, wenn Sie von Brescia kommen! Vorige Woche hatte sie die Nette selbst kurz am Telefon gehabt, eine Heimatfilm-Stimme und Raucherhusten.
    Es klingelte zweimal, eher ein verunglückter Einzeldruck auf den Knopf am Tor, und immer noch die seltsame Ruhe danach, das ausbleibende Gebell von Kasper. Kommst du?, rief Renz, und sie drückte die grünen Läden vor der Balkontür auseinander, die Schulter am splittrigen Holz, sein Grün gebleicht von zu viel Sonne. In zwei Minuten, rief sie zurück. Eine ihrer Zeitangaben, die nie stimmten, bis auf den Trost darin oder den Wunsch dahinter. Zwei Minuten waren zehn Minuten, und zehn Minuten konnten schon eine halbe Stunde sein, Renz hatte Jahre gebraucht, um ihr anderes Maß zu verstehen. Selbst zu dem Interview im Park war sie zu spät gekommen, fast erstaunt, dass man auf sie gewartet hat, Kamera, Ton und Helge, ihr Zauberer mit dem Koffer voller Stifte und Pinsel, dazu die Hauptperson des Beitrags; sie hätte nie live moderieren können. Und natürlich dachte sie auch nicht daran, in zwei Minuten herunterzukommen, sie hörte sogar noch Musik, Best of Aida, eine CD von de Beni für treues Einkaufen, ihr Stückchen Oper, während Renz den Hausmieter, sie sah es vom Balkon aus, durch den Garten führte.
    Er ging neben ihm her, mit Gesten und Erläuterungen, als hätte er alles selbst erschaffen und es wäre gutgetan. Renz Schöpfer der Zitronenbäume im Eingangsbereich, der hohen Bananenstauden neben einem runden Granittisch und zweier Palmen links und rechts des Pools; Schöpfer eines prächtigen Feigenbaums, die Äste fakirhaft verschlungen, und der alten knöchrigen Olivenbäume, manche höher als das Haus, einer Laube unter Jasmin und Wein sowie allem, was Anfang Oktober noch blühte. Sogar zu dem Chaos unterhalb des angelegten Gartens bekannte er sich, dem Unkrautwäldchen zwischen einer Mauer aus Natursteinen und einem rostigen Zaun, dahinter die Gemüsebeete des unteren Nachbarn und einige marode Hühner. Es gab auch einen Hahn, den hat irgendwer kaltgemacht, sagte er, als Vila auf die Terrasse trat, nochmals umgezogen, statt Leinenhose jetzt eine Jeans, eng an den Schenkeln. Die Stirn leicht gerunzelt – ihr Ausdruck vor einem heiklen Beitrag – kam sie auf den Gast zu, schon die Hand ausgestreckt, und er griff um ihre Finger, ohne an den Daumen zu stoßen, als hätte sie viel kleinere Hände als er. Wie geht’s, sagte sie nur, und danach gleich eine richtige Frage, ob er für all die Winterabende gewappnet sei. Sie sah zu Renz, ein Blick, der ihn ins Haus schickte, die Vorspeisen samt Bruschetta waren seine Domäne, der Salat war ihre, und den Fisch würde er wieder machen. Bühl, in einem Pullover, der über den Schwimmerschultern zu knapp war, sah in das Unkraut, als gäbe es keinen Pool, kein Haus und auch keine Frau des Hauses. Ich bin hier nicht allein, sagte er, ich habe meine Arbeit. Und für einige Zeit werde ich auch in Assisi sein. Kennen Sie’s? Er drehte sich um, und Vila fiel auf, dass sein Bart anders war, der Mund freigeschnitten. Assisi? Ja. Aber wozu diese Arbeit? Gehen Sie ins Internet: es wimmelt von Franziskus-Büchern. Was glauben Sie, wie viele auf ein weiteres Buch über einen warten, der seit achthundert Jahren tot ist, fünf vielleicht, wenn ich mich dazuzähle.
    Dann würde mir das reichen.
    Das würde Ihnen reichen? Ich zeig Ihnen jetzt das Haus! Und sie zeigte ihm alles, jeden Winkel, jeden Griff, jeden Schalter, mehr eine Gebrauchsanleitung als eine Führung, immer ein Stück vor ihm hergehend, um dann, wenn er selbst einen Griff oder Schalter probierte, halb hinter ihm zu stehen, bis er über die Schulter sah und ihr zunickte, mit einem Blick aus gereizten Augen (er war schon im See geschwommen, gleich nach der Ankunft). Und das anschließende Essen ein kleines Examen, Renz stellte Fragen zur Person und den Auftritten im Museumspark, zu Bühls Lehrermisere; die Antworten knapp, aber höflich, moderiert von Vila. Über den Unfalltod der Eltern nur zwei, drei Sätze, Ausgangspunkt für einen Sprung von dem See, auf den sie schauten, zum Bodensee, seinem matten unteren Arm, an dem er die

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