Liebe ist ein Kleid aus Feuer
Kinn selbstbewusst. Die kurzen Haare, die es wie eine goldene Aura umrahmten, unterstrichen ihre ausgefallene Erscheinung.
»Ich finde nicht, dass wir uns besonders ähnlich sehen«, sagte Eila schließlich. »Aber ich hab es trotzdem gern getan. Von ganzem Herzen.«
Adelheid kam näher.
»Ich weiß«, sagte sie. »Und ich werde es dir nicht vergessen.« Sie berührte Eilas gestutzte Locken. »Noch etwas erinnert uns daran, ob wir nun wollen oder nicht – dieses hier.«
Beide lachten leicht verlegen.
»Dieses Andenken wird uns beiden vermutlich noch eine ganze Weile erhalten bleiben«, fuhr Adelheid fort.
»Was hieltest du davon, wenn wir diese Weile miteinander teilten?«
»Wie sollte das möglich sein? Ich bin die Hofdame der Herzogin Ida«, sagte Eila. »Ich denke nicht, dass sie mich so einfach fortlassen würde.«
Adelheid begann unruhig auf und ab zu gehen, als falle es ihr damit leichter, die Gedanken zu ordnen.
»Nicht mehr lange und König Otto wird in Padua eintreffen. Ein neues Spiel beginnt, Eila. Ein Spiel, bei dem es entscheidend ist, auf welcher Seite man steht.«
Sie winkte sie heran. Eila folgte mit einem innerlichen Zögern.
»Man hat mir gesagt, du seist verlobt«, sagte Adelheid. »Und dass auch dein Verlobter maßgeblich an meiner Befreiung beteiligt gewesen sei.«
»Sigmar hat die Wege für die Flucht ausgekundschaftet«, sagte Eila. »Und mich herausgehauen, als die Verfolger mich schon beinahe in der Falle hatten.«
»Sigmar – welcher von den Männern dort unten ist er?« Adelheid war ans Fenster getreten.
»Der mit den blonden Haaren«, sagte Eila. »Ganz links.«
»Dein Sigmar sieht sehr kräftig und unternehmenslustig aus. Und er scheint sich Sorgen zu machen. Siehst du, wie er immer wieder heraufschaut?«
Eila nickte schnell.
»Ihr wollt bald heiraten?«
»Weshalb willst du das wissen?«
»Weil es schon sehr bald eine große königliche Hochzeit geben könnte«, sagte Adelheid. »Wäre es nicht schön, wenn eure Vermählung sich direkt daran anschließen würde?«
»Wir sind im Heer vom Liudolf, Sigmar und ich.« Verstand sie nicht oder wollte sie nicht verstehen? »Der König und er sind nicht gerade …«
»Ich weiß.« Adelheids helle Augen musterten sie aufmerksam. »Aber Dinge können sich ändern. Und manchmal müssen sie das sogar. Hab ich dir schon gesagt, dass Herzog Heinrich mich dem König zuführen wird?«
»Nein«, sagte Eila.
Adelheid stand so nah vor ihr, dass Eila jede Wimper sehen konnte, den zarten Flaum, der ihre Wangen bedeckte. Die Brust hob und senkte sich gleichmäßig, ein schwacher, geheimnisvoller Duft ging von ihr aus. Sie würde dem König gefallen, Eila war sich ganz sicher. Sehr viel mehr, als die Eiskönigin ihm je gefallen hatte.
»Das Schicksal hat uns zusammengeführt«, sagte Adelheid. »Wir sollten ihm dankbar dafür sein, meinst du nicht auch?«
Eila blieb stumm. »Du wirst es dir überlegen?«, sagte Adelheid. »Versprochen?«
Eila nickte.
»Dann wirst du auch mein kleines Mädchen kennen lernen«, rief Adelheid. »Hemma, meine geliebte Tochter, gerade mal zwei Jahre alt. Das Einzige, was mir von Lothar geblieben ist. Ich habe sie an einen sicheren Ort bringen lassen, damit niemand ihr etwas antun kann, und tatsächlich ist es mir gelungen, sie vor Berengars Häschern zu schützen. Doch inzwischen ist meine Sehnsucht nach ihr so groß, dass ich es kaum noch ertrage. Du wirst sie mögen, Eila! Ihre Locken sind beinahe so rot wie deine.«
OKTOBER 951
MONTE BERICI
Es war für Eila nicht leicht, das Zelt der Herzogin zu verlassen und sich auf die Suche nach ihrem Vater zu machen, aber es musste sein. All die vergangenen Tage hatte er ihre Nähe gemieden, als ahne er, was ihm bevorstand. Doch nun war sie entschlossen, seinen Widerstand zu durchbrechen.
»Du willst zu Raymond?«, fragte Bernhard, den sie unterwegs traf, und stellte seinen Fuß in den Weg, als wolle er sie aufhalten.
»Erraten! Wo ist er?«
»Drüben, bei den Höhlen. Aber ich mache dir einen Vorschlag: Lass ihn lieber in Frieden! Mich hat er schon weggeschickt. Ich glaube, er braucht jetzt Zeit für sich.«
Mit diesem ewigen Wegsehen hast du bereits deine Tochter verloren, hätte Eila ihm am liebsten entgegnet, ließ es dann aber bleiben. Was nützte es, wenn sie sich mit dem Waffenbruder Raymonds unnötig anlegte? Schließlich suchte sie ihren Vater; ihm allein galt jetzt ihre ganze Sorge.
»Vater?« Er blickte nicht auf, widmete sich ganz seiner
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