Liebe ist ein Kleid aus Feuer
seinem König stets treu gedient hatte, konnte sie nur schwerlich begreifen.
Seither waren die Blicke Ottos kälter geworden, seine Umarmungen seltener, beinahe, als gehöre sie insgeheim auch zur Partei Liudolfs. Dabei tat sie doch alles, um dem König zu gefallen! Vielleicht war aber genau das der Fehler gewesen. Sie hatte sich zu willig seiner Macht unterworfen, was seiner Leidenschaft schlecht bekommen war.
War nicht jeder Mann ein Narr? Und jede Frau eine Sklavin? Oda würde dem König beweisen, dass dies für sie nicht zutraf. Solange sie sich kühl und abweisend verhalten hatte, war seine Liebesglut entfacht gewesen. Ging es nur darum, dann sollte er lernen, dass sie das Spiel meisterhaft beherrschte.
Unruhig legte Oda sich auf das Bett, fiel aber schließlich doch in einen kurzen Schlummer. Eine Berührung weckte sie.
Der König saß an ihrem Bett und betrachtete sie nachdenklich.
»Du siehst mich an, als wolltest du Abschied nehmen.« Es war heraus, noch bevor sie nachgedacht hatte.
»Du bist sehr klug, Oda. Und sehr schön.«
Wie eine Woge flutete das Blut langsam durch ihren ganzen Körper.
Es konnte nicht sein. Es durfte nicht sein!
»Du willst Abschied nehmen.« Sie hätte speien können, so übel war ihr auf einmal.
»Wir brechen morgen auf. In aller Frühe. Meine Ritter sind bereit, all die Treuen, die an meiner Seite verblieben sind.«
Oda richtete sich auf. Hätte sie nur ihr Haar gebürstet oder wenigstens ein frisches Kleid angelegt!
»Du nimmst mich mit?« Sie hasste sich für diese Frage.
»Wie könnte ich anders?« Sein Gesicht verriet keine Regung.
»Und dann, in Italien, was wird dort sein?« Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Wer von ihnen würde als Erster den Namen Adelheid in den Mund nehmen?
»Das weiß Gott allein.« Er zog sie an sich, griff mit beiden Händen in ihr Haar. Küsste sie. Berührte ihre Brüste.
»Warum den schönen Abend mit schweren Gedanken belasten? Lass uns den Augenblick genießen, Oda!«
Seine Hände lösten die Fibel an ihrer Schulter; das Gewand öffnete sich, und erstaunlich schnell hatte Otto sich auch seiner Kleider entledigt. Er war kein Mann, der lange Umstände machte, und bislang hatte sie an ihm geschätzt, dass er zielstrebig zur Sache kam. Heute aber blieb ihr Körper kalt und steif, wie erfroren. Etwas stach wie Nadeln in ihr, als er sich in ihr bewegte, und sie verabscheute seinen Schweiß ebenso wie die inzwischen vertrauten Laute der Lust, die er dabei ausstieß.
Ein Kind!
Der Gedanke breitete sich aus in ihr, erfasste sie wie eine helle, heiße Woge. Weshalb war sie nicht schon früher darauf gekommen? Sie musste schwanger werden. So schnell wie möglich. Damit würde sie ihn halten und vielleicht sogar die Jüngere, die mit der Krone, ausstechen können.
Jetzt erwiderte sie seine Liebkosungen, kam ihm entgegen, genoss, als er noch tiefer, noch heftiger in ihr versank. Am liebsten hätte sie ihn ganz aufgesogen, damit er ihr schenkte, wonach sie sich sehnte.
Als es vorbei war, lag er eine Weile mit offenen Augen neben ihr.
»Mir ist auf einmal ganz seltsam zumute«, sagte er. »Vielleicht ist es ein Zeichen, zu lange gelebt zu haben, wenn eine Kette von Ereignissen zum wiederholten Mal an dir vorbeizieht.«
Oda blieb stumm. Tausend Gedanken wirbelten durch ihren Kopf.
»Womöglich muss ich bald schon das Schwert gegen Liudolf erheben, meinen einzigen Sohn. Du hast keinen Sohn«, fuhr er fort. »Vielleicht fällt es dir daher schwer, dir vorzustellen, was das für mich bedeutet. Der Aufstand der Brüder hat mir damals schwer zugesetzt. Aber weitaus schlimmer ist es, wenn du deinem eigenen Fleisch und Blut nicht mehr trauen kannst.«
Sie wollte schon auffahren, ihm sagen, dass sich daran bald etwas ändern könne, dass sie bereit sei, ihm einen neuen Sohn zu schenken, doch etwas hielt sie davon ab. In die Freude von eben hatte sich Angst gemischt. Sie konnte schwanger werden, konnte ein Kind austragen, das wusste sie. Doch würde es auch überleben?
Ein Name stieg auf aus der Tiefe ihrer Erinnerungen. Ein Name, den sie ganz nach unten gestopft hatte, um ihn für immer zu vergessen: Ragna. Dennoch war er wie eingemeißelt in ihre Seele. Und dazu dieser Durst, dieser brennende, entsetzliche Durst …
»Was ist mit dir?« Otto wirkte besorgt.
»Nichts.« Besser, die Geheimnisvolle zu spielen. Ein gesunder, lebendiger Sohn würde den König mehr überzeugen als alle Worte, die sie sagen konnte.
Oda weinte erst, nachdem er fort
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