Liebe ist Finsternis (Valerie Dearborn) (German Edition)
diejenige war, über die man sich Sorgen machen müsste. Genau genommen stimmte das nicht; der Mann, der ihre Mutter getötet hatte, war das unheimlichste Wesen, das sie je getroffen hatte. In einem Raum mit den beiden gefangen, würde sie sich in jedem Fall hinter Lucas ducken. Wenn das nichts bedeutete, dachte sie finster.
„Warum habe ich nicht mehr Angst vor dir? Ich bin anfangs ängstlich und dann geht es weg.“
„Ich habe dir gesagt, ich werde dir kein Leid zufügen“, sagte er, als ob er verwundert darüber war, dass sie sich immer noch über ihre Sicherheit Gedanken machte.
„Ja. Und zu einem gewissen Maße muss ich dir wohl glauben. Aber warum? Ich bin damit aufgewachsen, Vampire zu töten, sie zu fürchten, sie zu hassen. Aber mit dir ist es wie...“
Sie suchte nach Worten, ein Beispiel fiel ihr ein, aber es war so unangemessen, dass sie versuchte, etwas Besseres zu finden, das sie sagen könnte. Lucas bewegte sich, sah sich um, und sie wusste, dass ihre Stille unangenehm wurde. Ihr fiel nichts anderes ein, also stürzte sie los: „Weißt du, wie es ist? Es ist wie auf Diät zu sein. Ich erinnere mich daran, dass ich auf Diät bin, bis ein Keks erscheint oder Schokolade, dann esse ich sie und sobald sie weg ist, erinnere ich mich, ,oh ja, ich war auf Diät‘, aber während dieser paar Augenblicke, wenn ich mir Kuchen in den Mund stopfe, kann ich mich ehrlich nicht daran erinnern. Du bist genauso.“
„Sollte ich mich jetzt geschmeichelt fühlen?“ Seine Stimme war harsch; er drehte ihr den Rücken zu und ging weg.
Val errötete, beschämt durch ihr Beispiel, aber jetzt war es raus und sie wollte eine Antwort. „Ich weiß davon nichts, aber warum? Warum bleibe ich nicht verängstigt, wie eine vernünftige Person es würde? Du kannst mir nicht erzählen, dass du nicht jedermann Angst einflößt. Ist es etwas, das du mir angetan hast?“
„Ich habe dir mein Wort gegeben. Das muss genügen. Ich kann nur vermuten, dass ein grundlegender Teil von dir weiß, dass ich es ernst meine.“
War es das? Val hatte das Gefühl, dass da etwas fehlte oder ausgelassen wurde, aber konnte sich nicht vorstellen, was es sein könnte.
„Nach welchen Büchern suchst du?“
Sie begriff, dass er das Thema wechseln wollte. Val beschloss, sich darauf einzulassen, sie würde nach Hause gehen und mehr darüber nachdenken, versuchen zu entscheiden, ob sie ihm wirklich glaubte oder nicht.
Er sagte, dass er sie nicht manipulierte, aber es gab so oder so nicht viel, was sie dagegen hätte tun können, oder? Falls er sie töten wollte, war sie tot. Wenn er sie zwingen wollte, dann würde er es tun. Es war irgendwie beschissen, menschlich zu sein.
Val lief zu einem Computer und schaltete ihn an. Sie warteten in unbehaglicher Stille darauf, dass er hochfuhr. Nun ja, sie dachte, es war unangenehm. Er war steinalt, ihm fielen die zwei Minuten, die es dauerte bis etwas passierte, wahrscheinlich gar nicht auf. Wie kam es, dass alle sich über die verschwenderische Art der Behörden beschwerten, ihre Technologie jedoch immer beschissen war?
„Vielleicht solltest du später wiederkommen? Mir ein paar Stunden geben?“ Sie dachte daran, wie viel einfacher es wäre zu arbeiten, wenn er nicht da wäre, ihr über die Schulter sehen und sie beobachten würde, als sei sie eine Torte auf Beinen oder ein ungewöhnliches Insekt.
„Nein.“
Sie war genervt. „ Wirklich ? Du bist angeblich der König der Vampire, und du willst mitten in der Nacht mit mir in einer Bibliothek rumhängen? Hast du gar nichts anderes zu tun?“
„Ein effektiver Führer delegiert. Im Augenblick ist es das Wichtigste in der Welt, dass du mit den Anderen kommunizierst.“ Machte er Witze?
Er schlenderte von ihr weg und verschwand hinter den Bibliotheksregalen.
Sie setzte sich an den Computer und bemühte sich entschlossen, sich in die Recherche zu vertiefen. Sie wollte Augenzeugenberichte von Menschen aus diesen Gebieten von so früh wie möglich. Darum brauchte sie Zugang zur britischen Bibliothek. Einige Schriftstücke blieben in der Familie oder endeten, wenn die Person bekannt oder interessant genug war, vielleicht in einem lokalen Dorfmuseum, aber vieles davon wurde in der britischen Bibliothek aufbewahrt, wo es konserviert und von Gelehrten benutzt werden konnte. Da sie keine Gelehrte war, bekam sie keinen Zugang, aber jetzt hatte sie ja ihren Vampir-Teleportier, um hinein zu kommen. Das könnte man wohl zu den Vorteilen zählen, von einem
Weitere Kostenlose Bücher