Liebe ist Finsternis (Valerie Dearborn) (German Edition)
einer davon beschäftigte sich ausschließlich mit der Jagd und der örtlichen Viehzucht, etwas so Langweiligem, dass der Radiomoderator gefeuert worden wäre, wenn sie in Amerika gewesen wären.
Die Fahrt nach North Walsingham dauerte etwas mehr als eine Stunde, und sie war nie mehr als ein oder zwei Meilen von einem Haus oder winzigen Dorf entfernt. Wie hatten Werwölfe jemals hier gelebt, wenn es so dicht besiedelt war? Ein Werwolf wäre sicherlich bemerkt worden, ganz zu schweigen von einem ganzen Rudel von ihnen.
Ihre Frühstückspension war im Zentrum des Ortes mit dreitausend Einwohnern, ein paar sich kreuzenden Hauptstraßen mit strohgedeckten Häusern, die strahlenförmig vom Zentrum ausgingen wie ein kleiner Stern.
Die Eigentümerin war eine freundliche Witwe namens Mrs. Jenkins, deren Mann vor einigen Jahren verschieden war. Vals Zimmer war im ersten Stock, am Ende einer knarrenden Treppe. Eine schwarzweiße Katze schien das kleine Haus zu besitzen und weigerte sich ihr Zimmer zu verlassen, während sie auspackte.
Sie hatte gerade ihr Waschzeug ins Badezimmer gestellt, als Mrs. Jenkins an die Tür klopfte und verkündete, dass es Zeit für den Nachmittagstee wäre, falls Val interessiert sei. Interessiert? Tee war eine von Englands größten Attraktionen. Mrs. Jenkins tischte eine gute Vielfalt auf, die Clotted Cream und frisch gebackene Scones mit einbezog. Clotted Cream war eine der reinsten Freuden in Vals Leben. Rein, weil es Sahne und Fett war. Es war wie eine Mischung aus Schlagsahne, Zuckerguss und Eiscreme.
Ein sicherer Weg zum Herzinfarkt.
Die Eigentümerin hantierte im Esszimmer herum und versuchte mit Val zu sprechen, ihre Bewegungen vogelartig und ein wenig zerbrechlich. Aber sie war eine Quelle von Informationen und redselig. Wenn Val höflich gewesen wäre, hätte sie gesagt, die Frau habe eine Gabe fürs Schwätzen. Tatsächlich war Val sich sicher, die Frau wäre nicht in der Lage den Mund zu halten, selbst wenn ihr Leben davon abhinge.
Bevor Val sich entscheiden konnte, wie sie mit ihren Fragen beginnen sollte, übernahm Mrs. Jenkins die Führung: „Und was führt dich nach North Walsingham, meine Liebe?“
„Oh, ich bin Geschichtsstudentin und schreibe eine Dissertation über das Okkulte. Es gibt ziemlich viele übernatürliche Sagen, die mit dieser Gegend von England zu tun haben“, sagte Val, in der Hoffnung, dass ihre Geschichte nicht zu einstudiert klang. Sie war fast wahr.
Mrs. Jenkins war mittleren Alters und glaubte offensichtlich, dass ein Scone am Tag Teil einer gesunden Ernährung war. Ihre grauen Augenbrauen hoben sich gen Himmel, als Val ihre Absicht erklärte. Sie hatte eine sehr sanfte Stimme und einen melodischen Akzent, was Val das Gefühl gab, sie könnte im Zentrum eines Mordthrillers auf PBS sein.
„Ja, das stimmt in der Tat. Man könnte allein in North Walsingham mehrere Tage damit verbringen. Es ist eine sehr abergläubische Stadt.“
„Wirklich? Sie ist immer noch abergläubisch?“
Die Frau neigte verblüfft den Kopf. „Nun, es kommt darauf an, was du mit abergläubisch meinst.“ Sie machte eine dramatische Pause, während sie ihren Tee umrührte, mehr Zucker hineinschüttete und weise nickte, als er gerade richtig war. „Dort drüben auf dem Kaminsims, siehst du die Blumen? Sie sind eine Opfergabe für die Kleinen. Du darfst nicht genauer danach fragen, welche Kleinen, da es sehr großes Unglück bringt, über sie zu sprechen und ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Aber jede Woche stelle ich neue Blumen hin.“
Dies war besser, als Valerie gehofft hatte. „Sind die... Kleinen freundlich?”
„Um Himmels willen, nein! Man kann nur versuchen, sie zu besänftigen und hoffen, dass sie anderswo ihr Unwesen treiben.“
„Haben sie hier in der Gegend gelebt?“
„Du würdest nicht nach ihnen suchen, oder?“ Es lag aufrichtige Besorgnis in Mrs. Jenkins Stimme. Die Frau beugte sich nach vorne und sah Vals Gesicht an, als ob sie dadurch die Wahrheit besser erkennen könnte.
„Nein. Oh nein. Ich habe mich nur gefragt, ob ich irgendwelche Orte in der Stadt meiden sollte.“
Die Frau schien etwas beruhigt und plumpste in ihren Stuhl zurück.
„Aber sie sind jetzt verschwunden?“
Mrs. Jenkins warf ihr einen vorsichtigen Blick zu und Val entschied, dass ein bisschen Mitgefühl vielleicht viel bewirken konnte, um mehr Informationen von der Frau zu bekommen.
„Genau genommen, Mrs. Jenkins, muss ich gestehen, dass ich auch jede Woche Blumen
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