Liebe ist keine Katastrophe
eben?„ Als er nicht antwortete, schlug ihr Herz schneller. „Daddy, ist alles in Ordnung?„
Ein pfeifendes Geräusch kam aus den Lautsprechern, dann sagte eine männliche Stimme: „Shelby.„
Sie runzelte die Stirn. „Emory?„ Sie schaute hoch zum Bürofenster und sah ihn dort, das Mikrofon in der Hand, hinter der Glasscheibe stehen.
Ihr Vater brummte missbilligend: „Was will der denn hier?„
„Emory ist auf Heimaturlaub, Dad. Er war vorhin schon einmal da, aber ich habe ihm gesagt, dass ich ihn erst heute Abend sehen will.„
„Braves Mädchen„, sagte ihr Vater leise.
Sie ging an den Kunden vorbei zum vorderen Bereich des Ladens. Ihr Vater folgte dicht hinter ihr.
„Shelby„, fuhr Emory fort und sah sie fest an. Seine Stimme klang dröhnend laut in dem kleinen Laden. „Ich bin heimgekehrt, weil ich dich etwas Wichtiges fragen möchte.„
Ihr Herz schlug schneller, ihre Haut begann zu prickeln und ihre Füße bewegten sich wie von selbst vorwärts.
„Shelby Moon … willst du mich heiraten?„
Sie holte tief Luft und rannte hin zu ihm, übersprudelnd vor Freude. Als sie vor dem Büro ankam, stand Emory schon am Fuß der Treppe. Er zog seine Kappe vom Kopf und ließ sich auf ein Knie hinab. Dann hielt er ihr ein Schmuckkästchen entgegen, in dem ein Diamantring funkelte. Die umstehenden Kunden brachen in Aah- und Ooh-Rufe aus.
„Emory„, stieß Shelby atemlos hervor und dabei hüpfte ihr das Herz in der Brust.
„Jetzt gleich„, sagte er mit ernstem Gesicht. „Ich möchte dich auf der Stelle heiraten. Wir gehen zum Friedensrichter und erledigen es sofort.„
Er blickte an ihr vorbei nach hinten, und zu ihrer Bestürzung stellte sie fest, dass er ihren Vater ansah. Sie drehte sich um und erkannte, wie grimmig und herausfordernd sich die beiden Männer anschauten. Jetzt wurde ihr allmählich klar, wo ihr Vater vorhin gewesen war – er hatte Emory getroffen.
„Ich habe meinen Segen nicht dazu gegeben„, verkündete ihr Vater und bestätigte damit ihren Verdacht.
„Und ich habe Ihnen gesagt, dass ich sie trotzdem fragen würde„, sagte Emory durch die zusammengebissenen Zähne.
Shelby fühlte Übelkeit in sich aufsteigen. Emory hatte ihr den Heiratsantrag über die Lautsprecheranlage im Laden nicht gemacht, um sie zu beeindrucken – er hatte es als Trotzreaktion auf das Verhalten ihres Vaters getan. Außerdem wollte sie auch nicht zum Friedensrichter rennen und das Ehegelübde in aller Eile ablegen, als hätten sie etwas zu verbergen. Dafür waren sie schon zu lange zusammen. Sie wollte durch den Gang der Presbyterianischen Kirche zum Altar schreiten, wo sie beide seit Kindertagen den Gottesdienst besucht hatten. Und die Kirche sollte voller Menschen sein, die sie und ihre Liebe schon ihr ganzes Leben lang kannten.
Nun fühlte sie sich gefangen zwischen den wütenden Blicken der beiden wichtigsten Männer in ihrem Leben. So hatte sie sich ihren Heiratsantrag nicht vorgestellt. Wenn Emory das nicht verstand, war er nicht der Mann, für den sie ihn hielt.
Ihre Freudentränen verwandelten sich in Tränen des Kummers. Shelby schluckte mühsam ihr Schluchzen herunter und sah dann den Mann an, mit dem sie sich immer ihr künftiges gemeinsames Eheleben vorgestellt hatte. „Nein, Emory, ich werde dich nicht heiraten.„
5. KAPITEL
Bei Shelbys ablehnenden Worten überlief Emory ein ungläubiger Schauer. Er hatte vorhin noch mit Porter Witze darüber gemacht, ob sie womöglich Nein sagen könnte … aber in seinem tiefsten Inneren war er eigentlich sicher gewesen, dass sie Ja sagen würde.
In wachsender Verzweiflung wurde ihm bewusst, dass er alles aufs Spiel gesetzt hatte, als er Shelby in aller Öffentlichkeit den Antrag machte … und er hatte verloren. Er hatte keinen Plan B.
Die Gesichter der umstehenden Leute spiegelten die Verzweiflung wider, die ihm die Brust zusammenpresste. Genau wie er hatten sie ein Happy End erwartet. Die Stille schien laut in seinen Ohren zu dröhnen, Enttäuschung hing zum Schneiden dick in der Luft. Langsam erhob er sich aus der knienden Haltung und setzte seine Kappe wieder auf. Dann fiel ihm auf, dass er immer noch den verschmähten Ring in der Hand hielt. Mehr als zwei Jahre lang hatte er jeden Cent gespart, um ihr einen Diamanten kaufen zu können, der groß genug als Zeichen für ihre große Liebe war. Jetzt schien der glitzernde Stein seine Gefühle zu verhöhnen. Er schloss die Schachtel und zerquetschte sie fast in der Hand. Dann warf er
Weitere Kostenlose Bücher