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Liebe Ist Nichts Fuer Feiglinge

Liebe Ist Nichts Fuer Feiglinge

Titel: Liebe Ist Nichts Fuer Feiglinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Gasbarre
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enttäuscht, aber im Nachhinein muss ich mir eingestehen, dass ich mir sowieso nicht hätte vorstellen können, dass er mir wirklich nahegekommen wäre.
    Am Muttertag in Nanas Küche ist es dann auch definitiv besser, dass Chris nicht anwesend ist. Wir drei Generationen sind zusammen zur Messe gegangen und anschließend in Nanas Haus. Moms marineblauer Anzug mit der langen Kristallperlenkette steht im seltsamen Kontrast zu der altmodischen Atmosphäre bei Nana. Mom zeigt auf die Körperlotion, die auf dem Küchentisch steht. »Der Duft, den du ausgesucht hast, hat ihr gefallen«, flüstert sie. Dann ruft sie in Richtung des Schlafzimmers meiner Großmutter: »Hey, Ma, wer hat denn den Kuchen auf deiner Anrichte geschickt?«
    »Punk«, erwidert Nana, womit sie ihren Bruder meint, einen Exknacki, der in einem Wohnwagen am Ortsrand lebt. »Er wollte eigentlich hierbleiben, aber ich habe ihm gesagt, dass du kommst.« Nanas Geschwister und deren Kinder meiden meine Mutter und ihre berufliche Verbindung zu Recht und Gesetz.
    »Pass auf dein Portemonnaie auf«, murmelt Mutter mir zu. »Onkel Punk könnte wiederkommen.«
    In diesem Augenblick taucht Nana aus ihrem Schlafzimmer auf. Sie trägt ihr pfirsichfarbenes Golf-Shirt, das sie schon in der Kirche anhatte, mit grünen Shorts aus Pannesamt, an deren Saum Glöckchen hängen. Mom und ich wechseln einen entsetzten Blick. Fassungslos krächzt Mom: »Was zum Teufel hast du denn da an?«
    »Das ist sehr schick«, erklärt Nana und rückt ihren roten elastischen Hosenbund zurecht. »Ich zeige euch mal diesen Tanz, den ich vor ein paar Wochen in Punks Krankenhauszimmer aufgeführt habe, als Jesus ihn von den Toten errettet hat – ich schwöre euch, es war wie bei Lazarus.«
    »Krankenhauszimmer? Ein Tanz für wen?«, fragt Mom.
    »Na ja, für die Schwestern.«
    Mom lässt den Kopf in die Hände sinken. »Bitte sag jetzt nicht, dass Ruth McGee auch dort war.«
    »Doch natürlich! Ich schwöre dir, alle Krankenschwestern waren im Zimmer, um das zu sehen. Und jetzt schau zu, damit du die Show nicht verpasst.« Nana hüpft bereits rhythmisch auf und ab. »Freundschaft«, singt sie, »Freundschaft. Wenn du mich brauchst, bin ich da …«
    Mom und ich reißen die Augen auf und bestaunen die Kabarettnummer vor unseren Augen. Mom tastet nach ihrer Handtasche, um ihren Fotoapparat herauszuholen.
    Am Schluss der Vorführung wackelt Nana mit dem ganzen Körper, und die Glöckchen klingeln.
    Dann blickt Nana an sich herunter und fängt so heftig an zu lachen, dass sie sich die Knie halten muss. Ihre Beine sind weiß und stämmig, und die Haut ist schlaff, wo früher einmal Muskeln waren. Insgeheim stelle ich fest, dass ich Nanas dicke Beine geerbt habe. Habe ich denn gar nichts von Grandmas zierlicher Figur mitbekommen?
    Es dauert eine Weile, bis Mom sich von ihrer Verblüffung erholt hat. »Du willst doch nicht etwa behaupten, du hättest das vor Leuten aufgeführt, die wir kennen ?«
    »Na klar«, erwidert Nana. »Sie haben ein Wunder an Punk vollbracht. Er war durch seine Diabetes so aufgequollen wie ein Wal. Ich wollte mich erkenntlich zeigen.«
    Mom schüttelt nur den Kopf. »Du lieber Himmel. Kannst du verstehen, warum ich deinen Vater geheiratet habe?«, wendet sie sich an mich. Dann sagt sie zu Nana: »Die Blumen und die Körperlotion hätten wir uns schenken können. Du brauchst eher eine Dauerkarte fürs Sonnenstudio.«
    Die Uhr in Dads Wagen zeigt 6.22, und Grandma schaut Golf auf Grandpas großem Bildschirm, als ich bei ihr an der Tür läute. Ich umarme und küsse sie und überreiche ihr die Körperlotion, die mit dem gleichen Geschenkpapier verpackt ist wie die für Nana. Ich weise auf den Fernseher. »Haben sie heute gespielt?«
    Sie zuckt mit den Schultern. »Ich weiß nicht.« Sie lässt den Fernseher nur laufen, weil Grandpa sonntags nach der Kirche immer Golf geguckt hat. »Setz dich. Möchtest du ein Glas Wein?«
    »Ja, danke – wenn du auch eins trinkst.«
    Sie lächelt verschwörerisch und senkt die Stimme. »Dein Onkel Paul und deine Tante Martha waren heute hier. Wir haben eine Flasche Zinfandel geleert. Aber ich trinke noch ein Glas mit dir.«
    Ich folge ihr in die Küche und schenke mir das Glas Wein selber ein. Dad grillt heute für Mom, und wir wollen um acht Uhr essen. Ich blicke auf die Uhr. Schon kurz nach halb sieben.
    »Möchtest du Spaghetti essen?«
    »Nein, nein, danke, Grandma. Dad macht in einer Stunde Hot Dogs für Mom.«
    »Oh.« Sie ist

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