Liebe Ist Nichts Fuer Feiglinge
bringen?«
»Nein, danke«, erwidere ich und nehme die Rechnung für uns entgegen.
»Wie wäre es mit einem Taxi, Schätzchen?«, fragt Nana und tut so, als sei sie Marilyn Monroe. »So betrunken war ich nicht, seit mein dritter Mann gestorben ist!« Chris, der gerade Bargeld auf den Tisch legt, hält inne und lächelt diskret.
Gemeinsam verlassen wir das Lokal. Chris küsst meine beiden Großmütter auf die Wangen, und ich umarme seine Grandma und wünsche ihr alles Gute für die Operation. Ich höre, wie er zu Grandma sagt, ihre aquamarinblaue Jacke würde perfekt zu ihren Augen passen. Dann kommt er zu mir und küsst mich zärtlich erst auf die rechte, dann auf die linke Wange. Seine Hände gleiten über meine Arme, und – ich weiß, ich bilde mir das ein – unsere Fingerspitzen berühren sich. Verlangen steigt in mir auf, als er mit seinen Großeltern zum Pick-up geht, der offensichtlich seinem Grandpa gehört.
Ich hake mich bei Grandma und Nana ein, als wir die Stufen hinuntergehen. »Na, was meint ihr, Mädels?«
Nana sagt: »Sein Jackett war zerknittert.« Ich hatte eigentlich das Essen gemeint, nicht Chris, dessen Jackett definitiv nicht zerknittert war … und ist sie nicht sowieso fast blind? »Du weißt doch, wie anspruchsvoll ich bin, wenn es um die Verehrer meiner Enkelinnen geht.« Okay, jetzt mal langsam: Chris ist ein gutaussehender, fürsorglicher, international gefragter Chirurg. Wie viel besser kann es denn noch werden? Und wer hat behauptet, er sei mein Verehrer?
»Ich fand es perfekt«, entgegnet Grandma, bevor sie in ihren Wagen steigt. Mir ging es vor allem um ihre Meinung zu Chris.
Ich fahre mit Nana in den Supermarkt, kaufe Milch, Brot und eine Stange Zigaretten für sie, und dann fahre ich sie nach Hause. Dort räume ich ihre Einkäufe weg, küsse sie zum Abschied und mache mich wieder auf den Weg. Kaum sitze ich im Auto, klingelt mein Handy. Es ist Grandma. »Liebes?«
»Grandma! Ich bin ja so froh, dass du anrufst. Ich habe beim Mittagessen ganz vergessen, dir etwas zu erzählen. Du wirst es nicht glauben: Emma bekommt ein Baby!«
»Ach ja? Wie wundervoll. Haben sie es lange versucht?«
»Ja, sie sind jetzt seit fünf Jahren verheiratet.«
»Ach herrje! Ich werde in der Messe eine Kerze für sie anzünden. Liebes, ich rufe an, weil ich dir nur schnell sagen wollte … heute war der schönste Nachmittag, den ich seit langem gehabt habe.«
»Oh, Grandma, das freut mich.«
»Und es gibt wohl noch jemanden, der ihn ebenso genossen hat wie ich.«
»Wer, ich?« Oh nein, sieht man mir meine Verliebtheit so deutlich an?
»Ja, du wahrscheinlich auch. Aber ich habe eher deinen Freund gemeint.«
»Du meinst Chris?«, rutscht es mir heraus. Die eigentliche Frage dahinter lautet: Glaubst du, er mag mich, Grandma?
»Ja, ich spreche von Chris.«
» Wirklich?« Ich biege auf den Parkplatz vor der Post ein, damit ich mich auf das Gespräch konzentrieren kann.
»Ja. Und ich finde auch, er war heute Nachmittag wesentlich entspannter als beim ersten Mal, als ich ihn gesehen habe.«
»Das ist aber eine interessante Beobachtung.«
»Und ich finde, ganz besonders entspannt wirkt er im Gespräch mit dir. Er hat dich oft angelächelt.«
»Ach was.« Mein Herz klopft, und ich wünsche mir, dass Grandma, die Liebesexpertin, recht hat.
»Ich habe so eine Vermutung, dass du eine Seite an ihm zum Vorschein bringst, die die meisten anderen Leute nicht sehen können. Ach, du liebe Güte, auf der Basis eines Brunchs kann ich sicher kein abschließendes Urteil fällen … aber ich habe es so empfunden. Außerdem sieht er sehr gut aus im Anzug, nicht wahr?«, fragt sie kichernd.
»Wahrscheinlich haben wir beide den gleichen Geschmack.«
»Ja«, erwidert sie. »Ich würde sagen, wir lieben den gleichen Typ Mann.«
»Grandma, danke, dass du angerufen hast und … und mir all das erzählt hast.«
»Ja, Liebes, was ich dir eigentlich sagen wollte …« Sie wird ernst. »… es war so ein schöner Nachmittag, dass ich zu Hause vor Freude geweint habe.«
Ich lade Chris und seine Großeltern in der Woche darauf zu einem Muttertagsessen ein. Allerdings ist er mittlerweile wieder wie vom Erdboden verschluckt – er antwortet lediglich auf die E-Mail, die ich ihm geschrieben hatte, um ihm zu berichten, dass Grandma Glo sich sehr wohl gefühlt hatte.
»Freut mich, dass es Grandma Flo gefallen hat«, erwiderte er. »Wenn ich mich nur erinnern könnte, welche von beiden sie war.«
Flo ?
Ich bin
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