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Liebe ist stärker als der Tod

Liebe ist stärker als der Tod

Titel: Liebe ist stärker als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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geworden. Ist das Jules, dachte sie erschrocken. Ist das der Mann, den du geliebt hast? Deine erste große Liebe? Eine Liebe mit allen Attributen der Seligkeit, des Verzauberns, des Vergessenkönnens, der Grenzenlosigkeit? Hast du wirklich diesen Mann geliebt, der da steht, dich angrinst, auf den Zehen wippt, mit einem calvadosgetränkten Hemd, das andere Glas noch in der Hand, das Eis klingeln läßt und dich behandelt wie eine Hure, die einen Aufschlag zum Tarif verlangt? Ist das deine Liebe –
    »Wenn du sicher bist …«, sagte er leichthin.
    »Professor Vernère hat es bestätigt.«
    »Vernère ist ein guter Arzt. Gehen wir nächste Woche zu Labarousse, der löst für 3.000 Francs alle Probleme.«
    »Ich soll es wegmachen?« fragte sie dumpf.
    »Weißt du 'was Besseres?«
    »Es ist auch dein Kind, Jules.«
    »So haben unsere Großmütter gesprochen!«
    »Ich will das Kind aber haben, Jules –«, sagte sie ganz leise.
    »Ach so!« Er kippte den Calvados hinunter und lehnte sich gegen die Wand. »Über die Couch und das Kind an das Vermögen der Chabras. Nicht schlecht, Mädchen. Eine neue Variante der friedlichen deutschen Eroberung.«
    »Hör auf –«, sagte sie matt. »Jules, ich bitte dich, sprich nicht weiter –«
    »Warum nicht? Ich kann in meinem Zimmer, in meinem Haus sagen, was ich will! Kommt da ein blondes Biestchen und will Jules Chabras aufs Kreuz legen! Mit Seufzen und Zittern … begabt, chérie, sehr begabt … man hätte es glauben können. Wenn man sich überlegt, wie teuer jede Stunde war, wieviel Millionen eine Nacht kostete … du bist die teuerste Geliebte der neueren Geschichte …«
    »Wie gemein bist du«, sagte sie, plötzlich unendlich müde. Jules' Worte klangen ihr fremd, als höre sie sie weit weg auf einer Bühne, deklamiert von einem Scheusal, das seine Rolle vollendet spielte. »Wie unsagbar gemein. Warum konnte ich dich bloß lieben?«
    »Gehen wir morgen zu Labarousse?«
    »Nein!«
    »Wohin denn? Zu meinen Eltern? Demonstration: Dieser Bauch wird dick werden, und das war Ihr Sohn! Mama wird dich auslachen, Papa wird dich mit einer anständigen Summe abfinden. Aber ist das nötig? Bei Labarousse geht es glatter, und das Leben geht auch weiter …«
    »Ich verachte dich«, sagte Eva. Sie stand auf, schob Jules, der ihr den Weg verstellen wollte, zur Seite und ging zur Tür. »Du bist wirklich nur ein mieser Feigling.«
    »Und weiter? Weiter!« schrie er plötzlich. Er lief ihr nach, packte sie am Arm und riß sie brutal zu sich herum. »Ich sag dir: Deine Rechnung geht nicht auf!«
    »Ich habe keine Rechnung … ich habe ein Kind –«
    Er ließ sie los und lachte wieder, wenn auch etwas gequält und mit einem bösen Unterton. »Das ist die dämlichste Art, mit einem Chabras zu verhandeln«, sagte er und stieß sie durch die offene Tür aus dem Zimmer. »Überleg es dir, chérie –«
    Am 2. September gab Jules Chabras einen kleinen Cocktailnachmittag auf der Terrasse. Er hatte eine Menge Freunde geladen, aus dem Tennisclub und dem Reiterverein, dem Rallyesportclub und der Yachtvereinigung, lauter junge, nette, sympathische Leute, so fand es Madame Chabras, die Jules ebenfalls eingeladen hatte. Es kam selten vor, daß der Sohn seine Mutter in diesen Kreis mitnahm, aber heute schien irgendein fröhlicher Anlaß zu sein – Madame erriet es noch nicht –, den es zu feiern galt.
    Um sechzehn Uhr zehn servierte Eva Bader auf einer großen Silberplatte Sandwichs mit rohem Schinken. Als sie in die Säulenhalle der Terrasse trat, empfing sie ein lautes Hallo. Ihr völlig fremde junge Männer umarmten sie, küßten sie, tätschelten ihr das Gesäß und kniffen ihr in die Brüste. Sie konnte sich nicht wehren, hielt krampfhaft die schwere Silberplatte fest und starrte verzweifelt hinüber zu Jules. Er stand neben seiner Mutter und lachte aus vollem Hals. Myrna Chabras war ebenso entsetzt wie Eva Bader. Sie kannte das Leben ihres Sohnes, aber noch nie hatten die Wellen seiner Exzesse bis in ›Château Aurore‹ hineingeschlagen.
    »Ungeheuerlich!« sagte sie laut. So laut, daß die jungen Herren von Eva abließen, nur ein gewisser Charles Disère kam von ihr nicht los, küßte ihre Halsbeuge und strich ihr dabei mit beiden Händen über die Schenkel. »Lassen Sie Mademoiselle Bader sofort los! Jules, ich bitte um eine Erklärung!«
    »Mama –« Jules Chabras winkte seinen Freunden. Sie zogen sich wie geprügelte Hunde zurück, zwei nahmen Eva das Tablett ab und stellten es auf den

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