Liebe kann man nicht planen, Casanova
Gesicht strahlte er eine große Autorität aus.
„Russell, hättest du einen Moment Zeit?“
„Was kann ich denn für dich tun, Ruby?“
„Ich möchte kündigen.“ Sie wusste, dass er ein viel beschäftigter Mann war, der es nicht leiden konnte, wenn man um den heißen Brei herumredete. „Ich würde gerne im neuen Jahr aufhören, gleich nachdem deine wichtigsten sozialen Verpflichtungen über die Bühne gegangen sind.“
„Ich hoffe doch, du meinst das chinesische neue Jahr?“
„Netter Versuch.“ Ruby lächelte. „Nein, ich meinte gleich im Januar.“
„Warum?“ Russell West lehnte sich in seinem schwarzen Ledersessel zurück und musterte sie neugierig.
„Um es kurz zu machen: der Job füllt mich nicht aus. Ich bekomme Geld für gar nichts.“
„Du wirst es vielleicht nicht glauben, meine Liebe, aber unser Umsatz ist um 36 Prozent gestiegen, seit du in der Firma bist. Das würde ich nicht ‚nichts‘ nennen!“
„Die soziale Komponente ist eben vor mir ein bisschen zu sehr vernachlässigt worden. Jetzt ist alles auf den aktuellen Stand gebracht, und für mich gibt es hier nichts mehr zu tun.“
„Du weißt, dass du trotzdem gerne bleiben kannst, oder, Ruby?“ Russells Stimme klang fast ein wenig enttäuscht.
„Ja, ich weiß.“ Sie lächelte ihn an. „Und ich danke dir von ganzem Herzen dafür, dass du mir diesen Job gegeben hast – in einer Zeit, in der mich niemand anders eingestellt hätte. Aber ich würde gerne wissen, ob ich noch Chancen im juristischen Bereich habe. Auch wenn ich vielleicht erst mal unbezahlte Praktika machen muss, um mir die erforderliche Erfahrung auf dem entsprechenden Gebiet anzueignen. Internationales Recht. Familienrecht. Strafrecht. Ein Bereich, wo das Sündenregister meines Vaters nicht auf mich zurückfallen sollte. Danach werde ich mein eigenes kleines Unternehmen gründen. Das ist doch ein solider Plan, findest du nicht?“
„Nun, es ist ein solider Gedanke “, entgegnete er trocken. „Ich würde es nicht als Plan bezeichnen, denn ein Plan enthält Details.“
„Daran arbeite ich.“
„Brauchst du Startkapital?“
„Bietest du es mir denn an?“
Russell faltete seine Hände und sah sie einen Augenblick lang an. „Ja.“
„Weil du früher mit meinem Vater befreundet warst?“
„Weil ich daran glaube, dass Ruby Maguire es schafft!“
„Oh.“ Rubys Stimme versagte fast. „Danke.“
„Einverstanden, Ruby. Ich nehme deine Kündigung an und du mein Startkapital. Geh zu Bea und besprich mit ihr den bürokratischen Teil. Und, Ruby?“
„Ja?“
„Ich weiß, es ist etwas kurzfristig, aber ich hatte vergessen, dich zu uns einzuladen. Ich möchte, dass du zumindest einen Weihnachtstag mit mir und meinen Kindern verbringst.“
„Russell, das ist nett, aber …“
„Keine Widerrede, Ruby. Du hast Damon schon kennengelernt, und mit den Mädchen wirst du dich sicher auch gut verstehen. Weihnachten ist ein Familienfest, da sitzt man nicht alleine zu Hause.“ Er sagte das mit sehr viel Nachdruck. „Sagen wir Heiligabend. Du hattest sowieso einen Tisch für fünf reserviert.“
„Ja, aber …“
„Wir holen dich gegen Viertel vor sieben zu Hause ab.“
„Nein, ich …“
Doch Russell West war bekannt für seine Überrumpelungs-strategien. Und so blieb Ruby nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen und sich lächelnd zu verabschieden.
Damon holte seine Schwester Poppy an ihrem Ankunftsgate ab. Gemeinsam schlenderten sie in eine hübsche Flughafenbar, um die Zeit bis zu Lenas Ankunft zu überbrücken. Endlich hatten die beiden mal wieder die Möglichkeit, zu zweit miteinander zu plaudern. Damon gab sein Bestes, um Poppy ihren Jetlag vergessen zu lassen. Er bestellte ihr frisch gepresste Säfte und eine Portion Minifrühlingsrollen, während sie sich auf der Toilette ein wenig frisch machte.
„Hast du etwas über Jared herausgefunden?“, wollte sie als Erstes von ihm wissen.
„Leider nein.“
Poppys Augen sahen ihn traurig an. „Keinerlei Anhaltspunkte?“
„Nicht direkt. Aber ich glaube, Lena hatte recht. Er arbeitet wohl wieder für den Geheimdienst. Zumindest habe ich dort ein drei Monate altes Dokument über ihn gefunden. Es war komplett verschlüsselt, aber es enthielt immerhin seine Personalnummer. Willst du es dir ansehen?“
„Natürlich.“
„Du solltest es aber nicht an der Uni herumzeigen …“
„Schon klar.“
„Eigentlich solltest du niemandem davon erzählen.“
Poppy stützte
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