Liebe kann man nicht planen, Casanova
ihr eine Freude machen konnte!
Nach der Scheidung war Ruby ihr eine Zeit lang böse gewesen, weil ihre Mutter sie zurückgelassen hatte, mit den Worten, dass sie ja nur einen Telefonanruf weit voneinander entfernt waren.
Aber immerhin das. Besser als nichts.
Besser als ein immer gut gelaunter Vater, der völlig ohne Vorwarnung eines Tages plötzlich verschwand – zusammen mit der unglaublichen Summe von 872 Millionen US-Dollar.
Ruby hatte ihm tatsächlich ein Weihnachtsgeschenk besorgt: ein Schachspiel aus Zinn, im asiatischen Stil. Sie ärgerte sich über ihre eigene Naivität. Das liebevoll verpackte Spiel lag in ihrem Kleiderschrank und würde dort wohl ewig liegen bleiben.
Wie dumm sie manchmal war.
Nur ein kleines Kind würde ernsthaft davon ausgehen, dass sein Vater sich in einer derart heiklen Situation an Weihnachten blicken ließe. Und nur ein kleines Kind würde sich sein hübsches neues Kleid anziehen, die Haare frisieren und das Lieblingsessen seines Vaters einkaufen. Und sich dann mit seinem neuen Buch auf die Couch setzen und auf ihn warten.
Naive Ruby.
Sie wusste , dass er nicht kommen würde.
Aber sie hoffte , dass er es doch täte.
Der Tag plätscherte so vor sich hin. Ruby saß immer noch mit ihrem Buch auf dem Sofa und fragte sich gerade, wie Poppy und Lena wohl ihre Geschenke gefielen, als das Telefon plötzlich klingelte.
Es war Lena. Sie bedankte sich bei Ruby für die liebevoll ausgesuchten Geschenke – obgleich das Geld dafür von ihrem eigenen Vater stammte. Die beiden Frauen plauderten einige Minuten miteinander, dann übernahm Damon den Hörer.
„Frohe Weihnachten, Ruby. Und vielen Dank für die Geschenke.“
Ruby war im Namen seines Vaters noch einmal losgezogen und hatte neue Geschenke für Damon besorgt. Eine leichte, aber robuste Reisetasche, die sie mit schlichter Unterwäsche ohne Herstellernamen darauf und mit einem Panama-Hut füllte. Mehr würde der genügsame Weltenbummler auf seinen Reisen ohnehin nicht brauchen.
„Waren die Leute vom Partyservice schon da?“
„Ja. Und du hast wieder ganze Arbeit geleistet. Das Essen war der Hammer.“
„Und deinen Schwestern haben die Sachen wirklich gefallen?“
„Und ob. Poppy war ganz aus dem Häuschen, weil sie wohl schon länger nach so einem Mantel gesucht hatte. Sie sitzt übrigens gerade vor dem Fernseher und sieht sich den Klassiker ‚Ist das Leben nicht schön?‘ an. Lena wollte sich gerade hinlegen, und mein Dad hat sich mit einem Buch in sein Zimmer verzogen. Tja, und ich überlege, mir ein bisschen die Beine zu vertreten.“
„Wo?“
„Weiß nicht. Warum fragst du? Magst du mitkommen?“
„Was? Nein, dann verpasse ich ja ‚Ist das Leben nicht schön‘!“ Ruby übertrieb absichtlich, doch Damon verstand ihre Ironie nicht.
„Den hast du doch sicher schon zig Mal gesehen. Glaub mir, das Ende ist immer gleich: Der Mann sieht ein, dass es sich doch zu leben lohnt, und alle sind glücklich. Happy End eben. Und du sitzt vor dem Fernseher und heulst.“
„Ich glaube, du spinnst“, entgegnete die junge Frau ganz ernst, die gerade begonnen hatte, eine Partie Schach gegen ein kleines Kätzchen zu spielen. Dann fügte sie nonchalant hinzu: „Hast du denn einen besseren Vorschlag?“
„Ein Spaziergang. Muss nicht unbedingt an der frischen Luft sein.“
„Damit würde es auch schwierig, denn erstens befinden wir uns in einer asiatischen Großstadt, und zweitens herrschen draußen annähernd dreißig Grad.“ Ruby überlegte kurz. „Chater Garden ist bei dir um die Ecke. Dort gibt es außergewöhnliche tropische Pflanzen, Buchsbaumfiguren, Brunnen mit Wasserspielen …“
„… klingt, als bräuchte ich einen Stadtführer.“
„Bestimmt nicht“, erwiderte sie und lächelte ins Telefon.
„Vielleicht möchte ich aber einen Stadtführer.“
„Na gut.“ Ruby fühlte sich sehr großherzig. „Sagen wir, in einer halben Stunde beim Korallenbaum, gleich neben dem Haupteingang.“ Dann fügte sie lachend hinzu: „Mich erkennst du an der Pfauenfeder im Haar.“
„Ah, okay. Ich bin der mit dem Panama-Hut.“
Damon verstand selbst nicht, was in ihn gefahren war. Warum um alles in der Welt hatte er sich noch einmal mit Ruby verabredet? Nach allem, was in der letzten Nacht passiert war, wusste er doch, dass er mit dem Feuer spielte. Von einer Frau wie Ruby musste er die Finger lassen. Es reichte ihr sicher nicht, ihn bis auf die Haut auszuziehen. Sie würde auch wissen wollen, was in seinem Kopf
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